Uni Luzern: Bistum Basel lädt zum Runden Tisch
Bild: © Sylvia Stam

Uni Luzern: Bistum Basel lädt zum Runden Tisch

Anfang Juni machte eine Petition publik: Am Religionspädagogischen Institut der Universität Luzern werden Stellen abgebaut. Die Uni begründet dies mit Sparmassnahmen. In die Debatte mischte sich auch der Luzerner Synodalrat ein. Diese Woche lädt das Bistum Basel nun zu einem Runden Tisch.

«Drastis­che Spar­mass­nah­men der The­ol­o­gis­chen Fakultät Luzern bedro­hen die Exis­tenz des Rel­gion­späd­a­gogis­chen Insti­tuts (RPI) als schweiz­erisches Kom­pe­tenzzen­trum für Reli­gion­späd­a­gogik», heisst es in der Peti­tion «Kahlschlag am RPI», die am 6. Juni pub­liziert wurde. Die Peti­tion wurde inzwis­chen von 1600 Per­so­n­en unterze­ich­net (stand 26.6.), darunter namhafte Per­so­n­en aus der katholis­chen Kirche Schweiz. Aus­lös­er der Peti­tion sind mehrere Kündi­gun­gen. Gekündigt wurde zwei Dozieren­den in den Bere­ichen Bibel­didak­tik (30 Prozent), Dog­matik, Fun­da­men­talthe­olo­gie und Liturgiewis­senschaft (60 Prozent) und ein­er Per­son in der Ver­wal­tung. Dies geht aus einem Mail der Dekanin Mar­git Was­maier-Sail­er an eine Inter­es­sen­gruppe her­vor, das dem Pfar­reiblatt vor­liegt. Eine weit­ere Stelle im Bere­ich Kat­e­ch­ese (total 90 Prozent) wurde gemäss den Initiant:innen der Peti­tion nicht wiederbe­set­zt.

Eine halbe Million einsparen

Die The­ol­o­gis­che Fakultät (TF) bestätigt die bei­den Kündi­gun­gen, die Stelle im Bere­ich Kat­e­ch­ese, deren Inhab­erin selb­st gekündigt hat, werde «teil­weise nachbe­set­zt», sagte eine Sprecherin der Dekanin gegenüber kath.ch. Als Grund nen­nt die TF Spar­mass­nah­men der Uni­ver­sität: Die TF sei beauf­tragt wor­den, «nach­haltige Einsparun­gen vorzunehmen», antwortet die Sprecherin der Dekanin auf Nach­frage. Ziel dieser Mass­nah­men sei es, die Fakultät zukun­fts­fähig aufzustellen und die Qual­ität von Lehre und Forschung langfristig zu sich­ern. Dazu seien ver­schiedene Szenar­ien geprüft wor­den.

Konkrete Zahlen nen­nt die TF nicht. Regierungsrat Armin Hart­mann, Präsi­dent des Luzern­er Uni­ver­sität­srats, sagte gegenüber der «Luzern­er Zeitung», die Uni­ver­sität müsse ins­ge­samt rund zwei Mil­lio­nen Franken eins­paren, verteilt auf drei Fakultäten. Für die TF bedeute dies etwa eine halbe Mil­lion.

Neuausrichtung versus «Schönfärberei»

Was­maier-Sail­er ver­sichert, dass RPI bleibe «ein inte­graler Bestandteil der Fakultät, und der Diplom- und der Bach­e­lorstu­di­en­gang wer­den weit­erge­führt». Die Neuaus­rich­tung des RPI «soll seine Rel­e­vanz sich­ern, indem es ver­stärkt auf aktuelle Her­aus­forderun­gen in Kirche,  Bil­dung und Gesellschaft reagiert». Die Ker­nauf­gaben des RPI blieben beste­hen, auch kün­ftig ste­he die prax­is­na­he Aus­bil­dung in den Bere­ichen Reli­gion­sun­ter­richt, Kat­e­ch­ese, Kirch­liche Jugen­dar­beit und Gemein­dean­i­ma­tion im Zen­trum. Inhaltlich ori­en­tiere sich das Ange­bot weit­er­hin am Qual­i­fika­tion­spro­fil für Religionspädagog:innen.

Für die Petitionär:innen ist dies «Schön­fär­berei», wie Mitini­tiant Eugen Trost, ehe­mals Dozent am RPI, auf Nach­frage sagt.  Der Stel­len­ab­bau am RPI habe bere­its 2021 begonnen. «Auf Wun­sch des Uni­ver­sität­srats wurde das RPI nach und nach in die The­ol­o­gis­che Fakultät inte­gri­ert», sagt Trost, indem fach­spez­i­fisch-the­ol­o­gis­che Lehraufträge beispiel­sweise zum Alten und Neuen Tes­ta­ment, in Kirchengeschichte oder Philoso­phie nicht erneuert wur­den. «Die Lehre übernehmen Theologieprofessor:innen in ihren reg­ulären Vor­lesun­gen für den akademis­chen Stu­di­en­gang The­olo­gie.» Durch diese Akademisierung fehle es etwa an Überblicksvor­lesun­gen, aber auch an Fach­di­dak­tik und an Prax­is­bezug. Im Unter­schied zu den Theologieprofessor:innen seien die früheren RPI- Dozieren­den «aus der pas­toralen oder reli­gion­späd­a­gogis­chen Prax­is» gekom­men.

Akademisierung der Ausbildung

Diesen «Syn­ergieprozess» seit 2020 bestätigt Urs Brosi, Gen­er­alsekretär der Römisch- Katholis­chen Zen­tralon­ferenz (RKZ), die einen Leis­tungsver­trag mit dem RPI hat. Der Prozess bedeute, «dass das RPI weniger eigene Lehrver­anstal­tun­gen anbi­eten kann und seine Studieren­den mehr Lehrver­anstal­tun­gen bei den The­olo­gi­es­tudieren­den besuchen müssen». Die RKZ unter­stützt das RPI dieses Jahr mit ins­ge­samt gut 282 000 Franken. «Aus Sicht der RKZ schmälert der erwäh­nte «Syn­ergieprozess» die Attrak­tiv­ität der RPI- Stu­di­engänge nach­haltig: Studierende, die intellek­tuell akademisch nicht so stark sind, sind schneller über­fordert und steigen eher aus», sagt Urs Brosi. Die Attrak­tiv­ität sinke zudem, weil «die starke Verbindung der Lehre mit der pas­toralen und reli­gion­späd­a­gogis­chen Prax­is im Rah­men der Vor­lesun­gen der The­ol­o­gis­chen Fakultät nicht gle­ich aus­geprägt ist wie am RPI».

Luzerner Synodalrat vermisst Konzept

Auch Gabri­jela Oder­matt, Fach­bere­ich Reli­gion­sun­ter­richt und Kat­e­ch­ese der Lan­deskirche Luzern, betont die Bedeu­tung des RPI: Diese sei «eine wichtige Aus­bil­dungsstätte für kirch­liche Berufe in der Deutschschweiz. Die Beson­der­heit vom RPI liegt in der pro­fes­sionellen Prax­is­nähe und ‑reflex­ion, was das RPI von akademis­chen Aus­bil­dungs­gän­gen unter­schei­det.» Der Bach­e­lorab­schluss ermögliche zudem die Zulas­sung zu weit­eren Stu­di­engän­gen, darunter der Mas­ter­stu­di­en­gang The­olo­gie.

Alarmiert ist auch der Luzern­er Syn­odal­rat. Er kri­tisiert, dass die kirch­lichen Part­neror­gan­i­sa­tio­nen «vor den Entschei­dun­gen nicht angemessen ein­be­zo­gen wur­den». Die Lan­deskirche Luzern finanziert das RPI jährlich mit 50 000 Franken, die The­ol­o­gis­che Fakultät mit 150 000 Franken. Der Syn­odal­rat ver­misst «eine klare und nachvol­lziehbare Begrün­dung für die Spar­mass­nah­men», ausser­dem fehle ein Konzept, wie die verbleiben­den Auf­gaben und die qual­i­ta­tiv hochste­hende Aus­bil­dung kün­ftig gesichert wer­den sollen.»

Tat­säch­lich gibt sich die TF bedeckt. Auf die Frage, wie die Neuaus­rich­tung des RPI konkret ausse­he und wie die TF gewährleiste, dass auch Studierende ohne Matu­ra den The­olo­gievor­lesun­gen fol­gen kön­nten, antwortet die Dekanin pauschal: «Zu einzel­nen Aspek­ten der Neuaus­rich­tung sowie zur Organ­i­sa­tion kün­ftiger Lehrange­bote kön­nen wir derzeit keine weit­eren Auskün­fte geben.»

Studierendenzahlen rückläufig

Betra­chtet man die Studieren­den­zahlen, ver­ste­ht man, dass die TF beim RPI spart. Im Stu­di­en­jahr 2010/11 hat­te das RPI 96 Studierende, im aktuellen Stu­di­en­jahr sind es noch 29  im Diplom­lehrgang, hinzu kom­men 14 Per­so­n­en, die den Bach­e­lor in Reli­gion­späd­a­gogik machen. Im gle­ichen Zeitraum hat sich die Anzahl The­olo­gi­es­tudieren­der (Lizen­ti­at, Bach­e­lor, Mas­ter) von 94 auf 182 fast ver­dop­pelt. Grund für den Anstieg dürfte die Lancierung des Fern­studi­ums im Jahr 2013/14 sein. Seit einem Höhep­unkt mit 196 Studieren­den im Stu­di­en­jahr 2019/20 ist die Zahl aber eben­falls rück­läu­fig.

Markant ist der Rück­gang am RPI tat­säch­lich seit dem Stu­di­en­jahr 2021/22. Das kön­nte für die Begrün­dung der Petitionär:innen sprechen, die in der Akademisierung des Stu­di­en­gangs einen Grund dafür sehen. Die TF habe den Rück­gang bis­lang nicht sys­tem­a­tisch evaluiert, antwortet das Dekanat auf die Frage nach den Grün­den. Gegenüber der «Luzern­er Zeitung» argu­men­tierte Was­maier-Sail­er, die Zahlen seien «vor allem auf­grund des sich wan­del­nden pas­toralen Umfelds» rück­läu­fig.

Das Bistum schaltet sich ein

 Der Basler Bischof Felix Gmür ist «Mag­nus Can­cel­larus» (wörtlich: Grosskan­zler) der The­ol­o­gis­chen Fakultät Luzern und damit Ansprech­part­ner für den Papst. Gmür hat sich zum Stel­len­ab­bau am RPI bis­lang nicht geäussert. Für diese Woche hat er jedoch einen Run­den Tisch ein­berufen, wie Jonas Spirig, Sprech­er des Bis­tums, auf Nach­frage mit­teilt. Er äussert sich nicht dazu, wer bei diesem Tre­f­fen mit am Tisch sitzt. Es bleibt zu hof­fen, dass bei diesem Tre­f­fen die wichtig­sten hier genan­nten Play­er miteinan­der ins Gespräch kom­men. 

Kirch­liche Aus­bil­dungswege

In der Deutschschweiz gibt es drei the­ol­o­gis­che Fakultäten: An den Uni­ver­sitäten Luzern und Freiburg sowie an der The­ol­o­gis­chen Hochschule Chur. Am Reli­gion­späd­a­gogis­chen Insti­tut, das es nur an der Uni Luzern gibt, kann man einen Bach­e­lor- oder Diplomab­schluss in Reli­gion­späd­a­gogik erwer­ben. Für bei­des ist keine Matu­rität erforder­lich. Religionspädagog:innen wer­den im Reli­gion­sun­ter­richt, in der Kat­e­ch­ese, in der kirch­lichen oder ver­ban­dlichen Jugen­dar­beit, in der Gemein­dean­i­ma­tion, an heilpäd­a­gogis­chen Schulen, in der Liturgie, aber auch an Fach­stellen für Kat­e­ch­ese oder Jugen­dar­beit einge­set­zt.

Darüber hin­aus gibt es die Aus­bil­dung zum/zur Katechet:in mit Fachausweis (Formodula/Oekmodula). Auch hierzu braucht es keine Matu­ra. Diese berufs­be­glei­t­ende Aus­bil­dung wird von Fach­stellen und/oder Lan­deskirchen getra­gen.

Darüber hin­aus gibt es den Stu­di­en­gang The­olo­gie am The­ol­o­gisch-pas­­toralen Bil­dungsin­sti­tut. Dieser stellt derzeit keine for­male Beruf­squal­i­fika­tion dar.

Sylvia Stam
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