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Von Freudentänzen und mystischer Versenkung
Der Tanz gehört zum Menschen wie das Singen. So ist es kein Wunder, dass in allen Religionen Tanztraditionen entwickelt wurden.
Im Judentum hat der Tanz eine Jahrtausende alte Tradition. Schon im Alten Testament lassen sich viele Beispiele des Tanzes als Lobpreis und Ausdruck von Gottesnähe finden, zum Beispiel Davids Tanz vor der Bundeslade oder Mirjams Tanz nach der Durchquerung des Roten Meeres. Bis heute feiern Juden im Herbst am Ende des Laubhüttenfestes Simchat Tora, das Fest der Torafreude, (wörtlich «Freude am Gesetz»). Die Tora beinhaltet die fünf Bücher Mose. Das Fest markiert das Ende des jährlichen Lesezyklus und den Beginn des neuen Zyklus. Die Tradition, mit den Torarollen in der Synagoge als Gemeinschaft singend, sieben Mal um das Lesepult zu kreisen und zu tanzen, drückt die Freude über das Gesetz aus. Es ist ein fröhliches Fest für die ganze Familie, an dem die Kinder mit Süssigkeiten beschenkt werden.
Muslimische Gelehrte sind sich seit Beginn des Islams im Jahr 622 uneinig, ob Musik, Tanz und Gesang erlaubt sein sollten und stellten dafür mehr oder weniger strenge Regeln auf. Fundamentalistische Gruppen wie Salafisten und Wahhabiten lehnen das Tanzen ab. Andererseits praktizieren muslimische Gruppierungen, die den Sufis angehören, den Tanz als einen Weg zu Gott und betten ihn in eine religiöse Zeremonie ein. Ein bekanntes Beispiel ist der Tanz der Derwische, die sich gegen den Uhrzeigersinn um sich selbst drehen. Dieser Tanz zu Ehren Allahs, der einen Koranvers in Bewegung umsetzt, drückt die mystische Sehnsucht aus, sich mit dem Göttlichen zu vereinen, eine transzendente Verbindung von Umwelt und Selbst zu schaffen.