Ganz Frau, bis in alle Ewigkeit

Ganz Frau, bis in alle Ewigkeit

  • Am 15. August feiert die katholis­che Kirche das Hochfest Mar­iä Him­melfahrt.
  • Seit 1950 beste­ht das Dog­ma, dass Maria mit Leib und Seele in den Him­mel aufgenom­men wurde. Maria ist damit ganz­er Men­sch, ganz Frau, bis in alle Ewigkeit.
  • Was taugt Maria als Vor­bild für heutige Frauen?


«Denn heute hast du die jungfräuliche Gottes­mut­ter in den Him­mel erhoben, als Erste empf­ing sie von Chris­tus die Her­rlichkeit, die uns allen ver­heis­sen ist, und wurde zum Urbild der Kirche in ihrer ewigen Vol­len­dung. Dem pil­gern­den Volk ist sie ein untrüglich­es Zeichen der Hoff­nung und eine Quelle des Trostes. Denn ihr Leib, der den Urhe­ber des Lebens geboren hat, sollte die Ver­we­sung nicht schauen.»

Diese verdichtete Sprache in der Prä­fa­tion des Eucharis­tis­chen Hochge­bets gibt wieder, was katholis­che Chris­ten am Fest Mar­iä Him­melfahrt feiern. Gun­da Brüske vom Litur­gis­chen Insti­tut der deutschsprachi­gen Schweiz schreibt über das Fest: «Langes the­ol­o­gis­ches Medi­tieren über Maria und ihren Sohn und eine spir­ituelle Versenkung in ihre Biogra­phie haben die Kirche in der Erken­nt­nis sich­er gemacht: Maria ist wirk­lich mit Leib und Seele aufgenom­men in den Him­mel, denn sie ist ganz erlöst – vom Beginn ihres irdis­chen Lebens an bis zu ihrer Vol­len­dung. Das Fest Maria Him­melfahrt wider­spricht damit allen leibfeindlichen Ten­den­zen. Was an ihr geschehen ist, dür­fen alle für sich erhof­fen, die an Chris­tus glauben.»

Streit um die Rolle von Maria

[esf_wordpressimage id=33651 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Maria hat durch ihre unglaubliche Geschichte eine beson­dere Stel­lung in der Kirche und unter den Gläu­bi­gen. In der The­olo­gie ent­bran­nte auch manch­er Stre­it um die Rolle von Maria. Und wie sieht es für uns Men­schen heute aus? Spielt Maria über­haupt noch eine Rolle?

Gegen­stim­men zogen den Schluss, dass Maria Mut­ter des Men­schen Jesus war, aber nicht Mut­ter sein­er göt­tlichen Natur. Im Konzil von Eph­esus 431 n. Chr. wurde die Stre­it­igkeit, welche wohl die ganze Bevölkerung bewegte, been­det und Maria wurde der Titel «Theotokos», zu Deutsch: Gottes­ge­bärerin, zuge­sprochen. Was heisst dies für uns heutige Men­schen? Vielle­icht fällt es uns schw­er, diesen Entscheid ganz nachzu­vol­lziehen. Vielle­icht ist es auch für uns möglich, dass die Gegen­stim­men auch in Betra­cht gezo­gen wer­den kön­nten? 

Selbst Gottesgebärerin werden

Maria als Theotokos kann uns aber zum Vor­bild wer­den. Denn der Geist Gottes wirkt in jed­er Zeit. Indem wir uns immer mehr auf unsere Göt­tlichkeit, die uns als Men­sch geschenkt ist, besin­nen und einkehren in unsere innere Ruhe, kön­nen wir sel­ber zum Gebet wer­den. Wir kön­nen zum Segen für andere wer­den und so selb­st zur Mut­ter-Gottes für die Welt von heute. Maria als Gottes­ge­bärerin ist für uns ein Aufruf, selb­st Gottes­ge­bärerin zu wer­den. Ganz im Sinne von Angelus Sile­sius: «Und wäre Chris­tus tausend­mal in Beth­le­hem geboren und nicht in dir, du blieb­st noch ewiglich ver­loren.»

Maria ist Köni­gin aller geisti­gen und materiellen Schöp­fung. So wird sie jeden­falls in eini­gen Marien­liedern besun­gen. Maria kom­men die höch­sten Attribute zu. Sie wird erhöht und scheint uns Men­schen, vielle­icht vor allem uns Frauen, unerr­e­ich­bar. Trotz­dem wird sie oft als Vor­bild benutzt und als die Frau her­aus­ge­hoben, der es nachzueifern gilt. Ist dieser Zugang zu Maria heute noch zu gebrauchen? Kön­nen sich junge Frauen mit Maria iden­ti­fizieren? Will heute über­haupt jemand Maria als Vor­bild sehen? 

Marias Weg gibt Inspiration und Zuversicht

Mit Maria als die vom «Fluch» aller Weib­lichkeit Ver­schon­ten, wie sie viele Jahre in der Kirche aufgezeigt wurde, haben Frauen heute wohl nur sehr wenig zu tun. Und doch hat die Idee Gen­er­a­tio­nen von Frauen und deren Män­ner geprägt, was wiederum bedeutet, dass die Auswirkun­gen davon wohl doch noch etwas mit den Frauen von heute zu tun haben. Vielle­icht ist es an der Zeit, Maria und ihren Vor­bild­charak­ter in die heutige Zeit zu über­set­zen, wie dies bere­its vor fast 40 Jahren von Papst Paul VI. in seinem apos­tolis­chen Schreiben «Mar­i­alis Cul­tus» gefordert wird: eine Mar­i­olo­gie zu entwick­eln, die «bib­lisch begrün­det, öku­menisch ver­ant­wortet, litur­gisch aus­gerichtet und dem heuti­gen Men­schen­bild entsprechend» (vgl. Paul VI., Mar­i­alis Cul­tus) ist.

So ste­hen wir alle in der Ver­ant­wor­tung, Maria Ehre zu erweisen, aber auf eine mod­erne und aufgeschlossene Art und Weise. In ein­er Weise, in der Marias Mut betont wird, sich der grossen Auf­gabe hinzugeben, Gottes­mut­ter zu wer­den. Auf eine Weise, in der uns dieser Mut inspiri­eren kann, unsere Auf­gaben anzuge­hen, auch wenn sie uns ängsti­gen. Inspi­ra­tion schöpfen kön­nen wir aus Marias kon­se­quentem Weg an der Seite ihres Sohnes, den sie bis in den Tod hinein begleit­et hat. Und Zuver­sicht aus dem Umstand, dass Maria als Frau ihren eige­nen Weg gefun­den hat und dieser auf seine Weise enorm wichtig, wenn nicht sog­ar grundle­gend für den Weg von Chris­tus war. 


Katholis­ches Brauch­tum: Kräutersegen zu Mar­iä Him­melfahrt

https://www.horizonte-aargau.ch/ein-strauss-mit-heilender-kraft/
Marie-Christine Andres Schürch
mehr zum Autor
nach
soben