Ohne Mühe in Herrgottsfrühe
Trotz DunÂkelÂheit und KälÂte raus aus den Federn, um bereits um 6.30 Uhr in der KirÂche hellÂwach GotÂtesÂdienst zu halÂten: Das schafÂfen alle JahÂre wieÂder in der AdventsÂzeit die Roratefeiern. Dass auf elekÂtriÂsches Licht verÂzichÂtet wird und nur KerÂzen den Raum erhelÂlen, ist eines der EleÂmenÂte, das RoraÂte-GotÂtesÂdienÂste so beliebt macht. Doch RoraÂte feiÂern heisst mehr, als in eine WohlÂfühl-AtmoÂsphäÂre einÂzuÂtauÂchen und den Tag mit einem mediÂtaÂtiÂven Akzent zu beginÂnen. Denn da ist der Ruf «RoraÂte caeÂli desuÂper, et nubes pluÂant justum» – «TauÂet, ihr HimÂmel, von oben! Ihr WolÂken, regÂnet herÂab den GerechÂten», der dieÂsem GotÂtesÂdienst seiÂnen Namen gegeÂben hat.
EinÂfach nie sonntags
Von seiÂnem Ursprung her ist der RoraÂte-GotÂtesÂdienst eine WerkÂtagsÂmesÂse, genauÂer eine MariÂenÂvoÂtivÂmesÂse, also eine FeiÂer zu Ehren der GotÂtesÂmutÂter Maria. WarÂum RoraÂte nicht an einem SonnÂtag gefeiÂert werÂden darf, erklärt MarÂtin ConÂrad vom LitÂurÂgiÂschen InstiÂtut der deutschÂspraÂchiÂgen Schweiz in FreiÂburg: «Am SonnÂtag steht das GedächtÂnis des Lebens, des Todes und der AufÂerÂsteÂhung Jesu ChriÂsti absoÂlut im ZenÂtrum der FeiÂer. Hier dürÂfen keiÂne VotivÂmesÂsen, keiÂne HeiÂliÂgenÂfeÂste gefeiÂert werÂden.»Unter dem Jahr sind einiÂge AusÂnahÂmen mögÂlich. MarÂtin ConÂrad: «Nicht aber in den sogeÂnannÂten ‚geprägÂten’ ZeiÂten wie Advent, Weihnachts‑, Fasten- oder OsterÂzeit. Da dürÂfen die SonnÂtaÂge mit ihren GebeÂten und LesunÂgen nicht ersetzt werÂden, eben auch nicht durch VotivÂmesÂsen.» MarÂtin ConÂrad ergänzt: «InterÂesÂsanÂterÂweiÂse kommt das RoraÂte aber am vierÂten AdventsÂsonnÂtag zu Ehren.Das TagesÂgeÂbet erinÂnert an die VerÂkünÂdiÂgung des Engels an Maria, das GabenÂgeÂbet ebenÂfalls an die EmpÂfängÂnis durch den HeiÂliÂgen Geist. Der KomÂmuÂniÂonÂvers ist derÂselÂbe wie der in der VotivÂmesÂse ‚Seht, die JungÂfrau wird empÂfanÂgen und einen Sohn gebäÂren. Sein Name ist ImmaÂnuÂel, Gott mir uns’.»
Maria wieÂderÂentÂdecken
«Den Bezug zu Maria gilt es neu zu entÂdecken», schreibt PfarÂrer Jürg StuÂker in seiÂnem RoraÂte-ArtiÂkel auf
www.liturgie.ch. MarÂtin ConÂrad begrünÂdet dieÂse AufÂforÂdeÂrung so: «Maria wird gefeiÂert, weil sie die SehnÂsucht nach Gott lebÂte und ausÂdrückÂte. Sie wird gefeiÂert, weil sie uns in ihrem Kind Gott als Mensch geschenkt hat. Sie wird gefeiÂert, weil wir glauÂben, dass sie Gott auch jetzt ganz nahe ist. Maria kann uns VorÂbild sein, damit auch wir bereit sind, Gott ‚zur Welt zu brinÂgen’. Oder wie es AngeÂlus SileÂsiÂus forÂmuÂlierÂte: ‚Und wäre ChriÂstus tauÂsendÂmal in BetÂleÂhem geboÂren und nicht in dir, du wärest ewigÂlich verÂloÂren’.»
JährÂlich wechÂselnÂde Themen
«Maria kommt in unseÂren RoraÂteÂfeiÂern vor, wenn sie zum gewählÂten TheÂma passt. Eine Maria-KonÂstanÂte wäre für mich zu eng», meint ClauÂdia RüegÂsegÂger und ergänzt: «Aber wir könnÂten sie durchÂaus wieÂder einÂmal betoÂnen.» Die FachÂmitÂarÂbeiÂteÂrin der
FachÂstelÂle KateÂcheÂse-MediÂen der Römisch-KathoÂliÂschen KirÂche im AarÂgau ist in der KirchÂgeÂmeinÂde LeugÂgern-KleinÂdötÂtinÂgen als KateÂcheÂtin der MitÂtel- und OberÂstuÂfe tätig. Dort gestalÂtet sie schon seit JahÂren RoraÂteÂfeiÂern, insÂbeÂsonÂdeÂre mit KinÂdern und JugendÂliÂchen. «In unseÂrer KirchÂgeÂmeinÂde finÂden im Advent verÂschieÂdeÂne RoraÂte-GotÂtesÂdienÂste statt, die von der SeelÂsorÂge oder der KateÂcheÂse geleiÂtet werÂden. Es gibt einen LeitÂfaÂden für alle und ein TheÂma, das jährÂlich wechÂselt.»
Seel- und Leibsorge
In der AntoÂniÂusÂpfarÂrei KleinÂdötÂtinÂgen ist der RoraÂte-GotÂtesÂdienst eine halbÂstünÂdiÂge MorÂgenÂanÂdacht, die um 6.30 Uhr beginnt. AnschliesÂsend an den WortÂgotÂtesÂdienst gibt es ein ZmorÂge. «Ich empÂfinÂde es jedes Mal als grosÂses Geschenk, dass dieÂses ZmorÂge von einer GrupÂpe FrauÂen aus unseÂrer PfarÂrei vorÂbeÂreiÂtet wird», betont ClauÂdia RüegÂsegÂger und schwärmt: «Bei KafÂfee und KonÂfiÂbrot hinÂsitÂzen, noch einen Moment lang SchwatÂzen und dann weiÂter zur Arbeit – das macht mich zufrieÂden.» Lachend ergänzt die KateÂcheÂtin: «BesonÂders, wenn die KinÂder im GotÂtesÂdienst gut mitÂgeÂmacht haben.»
Geschirr, GitarÂre, Leuchtglobus
Ein GelingÂreÂzept hat ClauÂdia RüegÂsegÂger nicht. Aber die ErfahÂrung zeigt, was zum stimÂmiÂgen Ablauf einer RoraÂteÂfeiÂer beiÂtraÂgen kann. Zum BeiÂspiel das erwähnÂte TheÂma. 2014 hiess es «ProÂpheÂten», 2015 «FamiÂlie». Bereits im ReliÂgiÂonsÂunÂterÂricht hat die KateÂcheÂtin das LeitÂmoÂtiv einÂgeÂführt. Es wurÂden etwa FürÂbitÂten ausÂgeÂdacht, um dieÂse dann im GotÂtesÂdienst vorÂzuÂgeÂtraÂgen. Zudem richÂteÂte sie gemeinÂsam mit den SchüÂleÂrinÂnen und SchüÂlern bei der KirÂche in KleinÂdötÂtinÂgen ein AdventsÂfenÂster zum TheÂma her. AusÂgangsÂpunkt bilÂdeÂte eine leeÂre KripÂpe: Zur KripÂpe gesellÂten die JugendÂliÂchen colÂlaÂgeÂarÂtig ihre Ideen zu «FamiÂlie» wie einen FussÂball, Geschirr, einen LeuchtÂgloÂbus, einen KofÂfer, FamiÂliÂenÂfoÂtos, die Bibel oder eine GitarÂre.
Bibel handÂfest
Im letztÂjähÂriÂgen RoraÂte-GotÂtesÂdienst von ClauÂdia RüegÂsegÂger stand König David im ZenÂtrum. «Jesus stammt aus dem HauÂse David. «Also warÂfen wir in den drei aufÂeinÂanÂderÂfolÂgenÂden RoraÂteÂfeiÂern jeweils einen Blick auf seiÂne FamiÂliÂenÂgeÂschichÂte.» Für die KateÂcheÂtin ist es zenÂtral, die gewählÂte bibliÂsche GeschichÂte adresÂsaÂtenÂgeÂrecht zu erzähÂlen. Die KinÂder, bezieÂhungsÂweiÂse JugendÂliÂchen, gestalÂten wenn immer mögÂlich die LichtÂfeiÂer aktiv mit. DarÂum stand wähÂrend der FeiÂer eine SchatzÂtruÂhe im Raum. In dieÂser entÂdeckÂten wir zum BeiÂspiel den ManÂtel von König David.» Nach der TexÂterzähÂlung sind die TeilÂnehÂmenÂden jeweils zur InterÂpreÂtaÂtiÂon des GehörÂten einÂgeÂlaÂden. «Stets ein spanÂnenÂder Moment», finÂdet die KateÂcheÂtin.
Der rote Faden
WichÂtig erscheint ihr ein rituaÂliÂsierÂter Ablauf der FeiÂer. «Das Lied ‚Wir sagen Euch an den lieÂben Advent’ stimm in die FeiÂer ein. Anhang eines SymÂbolÂgeÂgenÂstanÂdes, eines Begriffs, eines BilÂdes, wird der inhaltÂliÂche rote Faden sichtÂbar gemacht.» Als PerÂle bezeichÂnet ClauÂdia RüegÂsegÂger den heiÂliÂgen Moment der StilÂle. «Davon sind jeweils alle besonÂders berührt.» Es folÂgen die von den KinÂdern forÂmuÂlierÂten und vorÂgeÂtraÂgeÂnen FürÂbitÂten und das Vater uns. Segen, Dank und VerÂabÂschieÂdung runÂden das GescheÂhen ab. MitÂtels einer EvaÂluÂtaÂtiÂon wird im NachÂgang das ErlebÂte abgeÂfragt: Wie war die StimÂmung? Hat die AtmoÂsphäÂre gefalÂlen? Gelang das MitÂmaÂchen? War das ZmorÂge fein?
KerÂzenÂlicht als Symbol
«Maria hat der Welt das ewiÂge Licht geboÂren, Jesus ChriÂstus. DieÂses Licht möchÂte in jeder RoraÂte-MesÂse neu in die HerÂzen aller FeiÂernÂden hinÂeinÂleuchÂten und die FinÂsterÂnis der Welt hell machen. DarÂan erinÂnern die KerÂzenÂflamÂmen im RoraÂte-GotÂtesÂdienst. Sie wecken in den GläuÂbiÂgen die SehnÂsucht nach der VerÂeiÂniÂgung mit dem einen grosÂsen Licht der Welt, Jesus ChriÂstus», so Jürg StuÂker auf www.liturgie.ch. KateÂcheÂtin ClauÂdia RüegÂsegÂger überÂsetzt in die SpraÂche ihrer MitÂtel- und OberÂstuÂfenÂschüÂleÂrinÂnen und –schüÂler: «Das RoraÂte-KerÂzenÂlicht ist SymÂbol dafür, dass Gott an unseÂrer SeiÂte ist, wie ein guter Freund, eine gute FreunÂdin – auch in der heuÂtiÂgen Welt.»
Die zweiÂfaÂche DimenÂsiÂon der Adventszeit
Die AdventsÂzeit hat eine zweiÂfaÂche DimenÂsiÂon: Die KirÂche bereiÂtet sich auf das GeburtsÂfest des Herrn vor und verÂtieft gleichÂzeiÂtig ihre ErwarÂtung der zweiÂten Ankunft ChriÂsti: «Von dort wird er komÂmen, zu richÂten die LebenÂden und die Toten.» (vgl. GlauÂbensÂbeÂkenntÂnis) Die AdventsÂzeit ruft in ErinÂneÂrung, auf die zweiÂte Ankunft ChriÂsti vorÂbeÂreiÂtet zu sein. Wie in der österÂliÂchen BussÂzeit werÂden auch im Advent vioÂletÂte litÂurÂgiÂsche KleiÂder getraÂgen. VioÂlett ist die FarÂbe der BusÂse und der Umkehr. Wie in der österÂliÂchen BussÂzeit, wird im Advent das GloÂria der MessÂfeiÂer nicht gesunÂgen. Weil die AdventsÂzeit jedoch auch von der FreuÂde auf das GeburtsÂfest Jesu ChriÂsti durchÂdrunÂgen ist, fällt im GegenÂsatz zur österÂliÂchen BussÂzeit der HalÂleÂluÂja-Ruf vor dem EvanÂgeÂliÂum nicht weg.