Schwim­men in der Kir­che? Zei­ten­wen­de erreicht Schwei­zer Bischofskonferenz
Bild: © har­to­no sub­agio auf Pixabay

Schwim­men in der Kir­che? Zei­ten­wen­de erreicht Schwei­zer Bischofskonferenz

Kirchen sind gross, teuer im Unterhalt und stehen zunehmend leer. Nun äussert sich die Schweizer Bischofskonferenz zu diesem Problem und veröffentlicht Leitlinien.

Die Haupt­ein­nah­me­quel­le der Kirch­ge­mein­den in der Schweiz ist die Kir­chen­steu­er. Doch die­se reicht vie­ler­orts nicht mehr aus, um die Kir­che zu finan­zie­ren, berich­te­te SRF im Mai 2023. Anders sehe es mit sakra­len Wahr­zei­chen in urba­nem Gebiet aus. Wenn sie denk­mal­ge­schützt und Tou­ris­mus­ma­gne­te sind, «dann gibt es auch was vom Staat», so die SRF-Reli­gi­ons­re­dak­to­rin, Léa Bur­ger. «Gemein­den auf dem Land aber ste­hen vor extre­men Her­aus­for­de­run­gen. Zum Bei­spiel, wenn Sanie­run­gen anstehen.»

Pro­blem lan­ge bekannt

SRF hat das Pro­blem vor zwei Jah­ren nicht neu ent­deckt. Kirch­ge­mein­den ste­hen seit Lan­gem vor der Fra­ge, wie sie mit den im Unter­halt teu­ren Gebäu­den umge­hen, wenn sie fak­tisch nicht mehr genutzt wer­den. Die Theo­lo­gin Regu­la Grü­nen­fel­der ver­fass­te 2023 im Auf­trag der Zür­cher Kan­to­nal­kir­che  ein Dis­kus­si­ons­pa­pier zur Kir­chen­um­nut­zung und zeig­te dar­in Wege auf, wie es wei­ter­ge­hen kann.

Dass dies nötig ist, zeigt ein Blick in die Sta­ti­stik. 1970 bekann­ten sich noch 94 Pro­zent der Bevöl­ke­rung des Kan­tons Zürich zu einer der gros­sen Kon­fes­sio­nen. Heu­te sind es knapp die Hälf­te. 2045 wer­den es vor­aus­sicht­lich nur noch zehn Pro­zent sein. 

Dies ist kein Zür­cher Son­der­fall, son­dern eine euro­päi­sche Ten­denz. Zurück blei­ben lee­re Kir­chen und aus­ge­stor­be­ne Klö­ster. Vor­schlä­ge, wie die­se Nut­zung aus­se­hen kann, gibt es vie­le. Ent­spre­chend wer­den in Euro­pa Kir­chen seit Jah­ren umfunk­tio­niert. Am Ran­de Lon­dons kann man heu­te schwim­men, in Man­che­ster klet­tern, in Basel tan­zen und in Luzern gibt es eine Misch­nut­zung von Got­tes­haus und Kunst­ga­le­rie. Dies sind nur eini­ge Beispiele.

SBK ver­öf­fent­licht Leitlinien

Nun hat sich auch die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz in einem Pasto­ral­schrei­ben zu dem The­ma posi­tio­niert. Dar­in erkennt sie an, dass das Pro­blem nicht ver­schwin­den wird, und ruft zu einer akti­ven Mit­ge­stal­tung bei der Lösung auf. Die Schwei­zer Bischö­fe for­dern, wo mög­lich, Kir­chen­räu­me als sol­che zu erhal­ten und war­nen davor, sich von «hohen Heiz­ko­sten und vie­len lee­ren Bän­ke zu kurz­sich­ti­gem Aktio­nis­mus ver­lei­ten zu lassen». 

Kir­che, Kul­tur, Wohnraum

Ist eine Umnut­zung unum­gäng­lich, sol­len zunächst öku­me­ni­sche Nut­zun­gen geprüft wer­den. Die Räu­me sol­len «auf­grund ihrer sym­bo­li­schen Bedeu­tung nach Mög­lich­keit nicht ande­ren Reli­gio­nen oder neu­en reli­giö­sen Gemein­schaf­ten zur Ver­fü­gung gestellt wer­den». Also, kein «Yoga-Om» und kein Muezzin-Ruf.

Falls eine kirch­li­che Nut­zung aus­ge­schlos­sen ist, sol­len kul­tu­rel­le Nut­zun­gen bevor­zugt wer­den — etwa als «Muse­um, Kon­zert­raum, Biblio­thek». Die Eli­sa­be­then­kir­che in Basel oder die katho­li­sche Mai­hof­kir­che in Luzern sind Schwei­zer Bei­spie­le für eine Umnut­zung, bezie­hungs­wei­se mul­ti­funk­tio­na­le Nut­zung. Bei Kir­chen­räu­men «mit gerin­gem kunst­hi­sto­ri­schem Wert sei auch eine Umnut­zung für Wohn­ein­hei­ten denkbar».

Mehr­stu­fi­ges Vorgehen

Laut SBK sol­len Kir­chen­räu­me bevor­zugt ver­mie­tet und nicht ver­kauft wer­den. Falls ein Ver­kauf unum­gäng­lich ist, muss dar­auf geach­tet wer­den, dass die spä­te­re Nut­zung mit den «ethi­schen Prin­zi­pi­en» der katho­li­schen Kir­che ver­ein­bar ist. Anson­sten ver­bie­tet die SBK den Verkauf. 

Um sicher­zu­stel­len, dass eine kirch­lich ver­tret­ba­re Nut­zung ehe­ma­li­ger Kir­chen gewähr­lei­stet ist, for­dert die SBK ein umsich­ti­ges Vor­ge­hen. Steht eine Umnut­zung an, soll zunächst ein aktu­el­les und künf­ti­ges Pasto­ral­pro­fil erstellt wer­den, ein Nut­zungs­kon­zept unter Berück­sich­ti­gung des Raum­po­ten­ti­als ver­fasst und schliess­lich eine Pro­jekt­grup­pe mit der Umset­zung beauf­tragt werden.

Ori­en­tie­ren kön­nen sich die Pro­jekt­grup­pen an ande­ren Umnut­zun­gen. Die Uni­ver­si­tät Bern hat eine Daten­bank erstellt. Dar­in sind Umnut­zun­gen von Kir­chen, Kapel­len und Klö­stern in der Schweiz der letz­ten 25 Jah­re erfasst. Im Kan­ton Bern sind es in die­sem Zeit­raum 20 Gebäu­de gewe­sen, drei davon römisch-katholisch.

Die­ser Arti­kel erschien zuerst im «pfarr­blatt» Bern.


Einen Arti­kel zur Kir­chen­um­nut­zung im «Lichtblick»-Gebiet lesen Sie hier.

Auch im «Kir­che heu­te» gab es bereits einen Arti­kel zum The­ma, den Sie hier finden.

Annalena Müller
mehr zum Autor
nach
soben