Kein Administrator für das Bistum Chur

Kein Administrator für das Bistum Chur

Am 21. April 2017 wird der Chur­er Bischof Vitus Huon­der 75 Jahre alt und muss beim Papst seinen Rück­tritt ein­re­ichen. Bere­its tobt ein Stre­it über die Regelung sein­er Nach­folge. Ver­schiedene kirch­liche Kreise fordern einen Apos­tolis­chen Admin­is­tra­tor, der die Sit­u­a­tion im Bis­tum Chur beruhi­gen und das Ter­rain für eine bre­it abgestützte Bischof­swahl vor­bere­it­en soll. Doch der Apos­tolis­che Nun­tius Thomas E. Gul­lick­son will davon nichts wis­sen. Die Allianz «Es reicht» hat am 6. Feb­ru­ar 2017 ihre Peti­tion «Gemein­sam für einen Neuan­fang im Bis­tum Chur» dem Apos­tolis­chen Nun­tius Thomas E. Gul­lick­son über­re­icht. Dieser wird nach Annahme des Rück­tritts des amtieren­den Bischofs von Chur durch den Papst in der Schweiz nach geeigneten Kan­di­dat­en suchen und das Ergeb­nis sein­er Befra­gun­gen nach Rom melden. Dort wird unter den Vorschlä­gen eine Auswahl mit drei Kan­di­dat­en getrof­fen, aus welch­er  das 24-köp­fige Chur­er Domkapi­tel den neuen Bischof wählen muss.

Der konservative Kurs wird wohl konserviert

Nahezu zwei Stun­den haben Simone Curau-Aepli, Präsi­dentin des Schweiz­erischen Katholis­chen Frauen­bunds, Andreas Heg­gli, Her­bert-Haag-Stiftung für Frei­heit in der Kirche, sowie Jacque­line Keune, The­ol­o­gis­che Bewe­gung für Sol­i­dar­ität und Befreiung und Basis­grup­pen-Bewe­gung Schweiz, mit Thomas E. Gul­lick­son gesprochen, um ihn für ihre Idee eines Apos­tolis­chen Admin­is­tra­tors zu gewin­nen. Die Bilanz ist ent­täuschend: Der Nun­tius nehme die «des­o­late Sit­u­a­tion im Bis­tum Chur» zu wenig ernst und beurteile die Entwick­lung der Schweiz­er Kirche nach dem Zweit­en Vatikanis­chen Konzil äusserst kri­tisch, erk­lärte die Del­e­ga­tion im Anschluss an das Tre­f­fen. Man sei «besorgt« und «schock­iert», erk­lärte die Allianz «Es reicht» im Anschluss an das Tre­f­fen. Man befürchte, dass auf­grund der Vorschläge des Apos­tolis­chen Nun­tius let­ztlich ein Bischof auf Vitus Huoder fol­gen werde, der den eingeschla­ge­nen kon­ser­v­a­tiv­en Kurs fort­führe.Dass der Pap­st­botschafter die kirch­lichen Ver­hält­nisse in der Schweiz der­art neg­a­tiv sehe, sollte auch die Schweiz­er Bis­chöfe aufrüt­teln, fol­gerte zu Beginn dieser Woche kath.ch-Redaktorin Bar­bara Lud­wig in einem Kom­men­tar. Gemäss Aus­sagen der Allianz «Es reicht!» habe Thomas E. Gul­lick­son ein «ver­nich­t­en­des Urteil» über die Kirche Schweiz gefällt. Und: «Den Kri­te­rien des Nun­tius hält offen­bar nur ger­ade der aktuelle Chur­er Bischof Vitus Huon­der stand. Das ist nichts weniger als eine Ohrfeige für die übri­gen Mit­glieder der Bischof­skon­ferenz.»

Von Haas zu Huoder — Ein Skandal folgte auf den anderen

Anders als in den übri­gen Schweiz­er Bistümern wirk­ten im Bis­tum Chur in den ver­gan­genen Jahrzehn­ten bere­its mehrere Bis­chöfe, die in ihrer Diözese umstrit­ten waren. Beson­ders zum Lei­d­we­sen der Katho­likin­nen und Katho­liken der Region Zürich. Wohl auch ger­ade darum wird die Wahl des Nach­fol­gers von Vitus Huon­der äusserst kri­tisch beobachtet.  Bei der Ernen­nung von Wolf­gang Haas zum Bischof von Chur im Jahr 1990 wurde gar das Domkapi­tel umgan­gen, denn Papst Johannes Paul II. ernan­nte den dama­li­gen Bis­chöflichen Kan­zler unter Diöze­san­bischof Johannes Von­der­ach zum Wei­h­bischof und Bischofs-Koad­ju­tor mit Nach­fol­gerecht. Seit diesem Zeit­punkt ist es zum offe­nen Stre­it zwis­chen der Bis­tum­sleitung und den Bis­tum­skan­to­nen gekom­men. Let­ztere bekla­gen, dass das Bis­tum mit Wolf­gang Haas und Vitus Huon­der durch sehr kon­ser­v­a­tive und wenig koop­er­a­tive Bis­chöfe geführt wurde. Auch bei der Wahl von Vitus Huon­der im Jahr 2007 zum Bischof von Chur wurde Unmut laut. Neben Vitus Huon­der seien auf der Dreierliste zwei Geistliche aufge­führt wor­den, die für das Domkapi­tel nicht wählbar gewe­sen wären.

Ein Administrator als Joker

Die anste­hende Wahl des neuen Bischofs führt zu roten Köpfen. Der Win­terthur­er Dekan Hugo Gehring meinte gegenüber kath.ch, dass das Domkapi­tel die Wahl von Gen­er­alvikar Mar­tin Gricht­ing anstrebe. Dieser ist im Bis­tum wegen sein­er kirchen­poli­tis­chen Aus­rich­tung im Bis­tum umstrit­ten. Damit sich die Sit­u­a­tion im Bis­tum beruhigt, soll als eine Zwis­chen­lö­sung ein Apos­tolis­ch­er Admin­is­tra­tor einge­set­zt wer­den. Das fordern ver­schiedene kirch­liche Kreise im Bis­tum Chur.Eine «Zwis­chen­lö­sung» kan­nte das Bis­tum Chur bere­its. Als Nach­folge des äusserst umstrit­te­nen Wolf­gang Haas wurde der Westschweiz­er Bischof Amédée Grab gewählt. Unter ihm glät­teten sich die Wellen. Ob die Ein­set­zung eines Apos­tolis­chen Admin­is­tra­tors die Lösung für das Bis­tum brin­gen wird, ist offen. An der Wahl des Bischofs bleiben das Domkapi­tel und der Apos­tolis­che Nun­tius beteiligt. Die Mit­glieder des Kapi­tels und der Nun­tius ste­hen möglicher­weise noch lange im Amt und wer­den ihre Mei­n­ung darüber, wer Bischof wer­den soll, kaum ändern. Das let­zte Wort hat der Papst. Pro­gres­sive Kreise hof­fen, dass er um die ges­pan­nte Sit­u­a­tion im Bis­tum weiss und darum für einen geeigneten Nach­fol­ger von Vitus Huon­der sorgt.
Andreas C. Müller
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