Internationaler Besuch für die Heilige Verena

Internationaler Besuch für die Heilige Verena

  • Zwei Del­e­ga­tio­nen kop­tis­ch­er Chris­ten aus den USA besucht­en am Dien­stag, 16. Juli, das Ver­e­namün­ster in Bad Zurzach.
  • Die Priester der kop­tis­chen Gemein­schaften in Mil­wau­kee (Wis­con­sin) und Nashville (Tenessee) holten je eine Reliquie der Heili­gen Ver­e­na ab.
  • Die in den USA leben­den ägyp­tis­chstäm­mi­gen Kopten hiel­ten Andacht am Grab der Heili­gen aus Theben und zeigten sich bei der Mün­ster­führung fasziniert von den vie­len Zeichen der lebendi­gen Ver­e­naverehrung in Zurzach.
 Das Grab der Heili­gen Ver­e­na im Mün­ster von Bad Zurzach ist seit 1600 Jahren spir­ituelles Zen­trum des Fleck­ens. Die Leg­ende erzählt, dass die Ägypterin und kop­tis­che Christin Anfang des 4. Jahrhun­derts mit der The­bäis­chen Legion nach Europa kam und in Zurzach ihren Wirkung­sort fand. Im Jahr 344 soll sie in Zurzach gestor­ben sein. Ihr Grab ist bis heute ein bekan­nter Wall­fahrt­sort.

Fit und erwartungsvoll

Die Pil­ger, die an diesem Julimor­gen unter den Kas­tanien­bäu­men vor dem Ver­e­namün­ster warten, haben einen mehrstündi­gen Flug hin­ter sich.  Doch als Diakon Mar­cus Hüt­tner sich erkundigt, ob sie «fit enough» für eine Tour durchs Mün­ster seien, nick­en alle und strahlen ihn erwartungsvoll an.

Eine Reliquie der beliebten Heiligen

Die zwei Del­e­ga­tio­nen kom­men aus den USA. Es sind kop­tis­che Chris­ten aus den bei­den Städten Nashville und Mil­wau­kee. Alle haben ägyp­tis­che Wurzeln. Die Vertreterin­nen und Vertreter der kop­tis­chen Gemein­schaften sind gekom­men, um eine Reliquie der Heili­gen Ver­e­na aus dem Mün­ster mit nach Hause zu nehmen.

Abweichung von der geraden Linie

Diakon Mar­cus Hüt­tner begrüsst die Gruppe und zeich­net mit dem Arm einen Bogen in die Luft: dass die Haupt­strasse um den Mün­ster­platz herum von der ger­aden Lin­ie abwe­iche, sei das wichtig­ste Indiz für die grosse Bedeu­tung des Heili­gen­grabs schon zur Römerzeit, erk­lärt er. «Die Men­schen haben bewusst die römis­che Strasse ver­legt aus Rück­sicht auf die beson­ders verehrte Grab­stätte. Das ist der früh­este archäol­o­gis­che Beleg für die Verehrung des Heili­gen­grabs.»

Verina meets Verena

Als Erste tritt Veri­na Awadal­la über die Schwelle des Mün­sters. Sie ist die Tochter des kop­tis­chen Priesters Father Rewis aus Mil­wau­kee im US-amerikanis­chen Staat Wis­con­sin. Ihren Namen ver­dankt Veri­na der Heili­gen Ver­e­na. Als junger Mann arbeit­ete Rewis Awadal­la bei San­doz in Basel. Dort hörte er erst­mals von Ver­e­na und begann sich für die Vita der Heili­gen zu inter­essieren. Weil er vor Ort keine Lit­er­atur in Englisch fand, kon­nte er erst zuhause in den Staat­en die Leg­ende nach­le­sen. Ver­e­na, die kop­tis­che Christin, die im 3. Jahrhun­dert mit der the­bäis­chen Legion aus Ägypten via Mai­land, St. Mau­rice und Solothurn nach Zurzach gekom­men war, begeis­terte ihn. So tauften Father Rewis und seine Frau Mar­i­an ihre Tochter – leicht abge­wan­delt – Veri­na.

Zwei Knochenstücke aus der «Arche»

In der Kryp­ta des Mün­sters befind­et sich der Grund für den inter­na­tionalen Besuch in einem schwarzen Schächtelchen. Zwei je etwa fünf Milime­ter lange Knochen­stücke, sorgfältig in Glas und Gold gefasst. Die Reliquien stam­men aus dem Kirchen­schatz des Ver­e­namün­sters. Als einst das Grab unter der Kirche geöffnet und ein Grossteil der Knochen ent­nom­men wur­den, legte man sie zur Auf­be­wahrung in die so genan­nte «Knochen-Arche». Der gold­ene Behäl­ter ste­ht gut gesichert im «Ölberg» des Mün­sters, einem Neben­raum gegenüber der Sakris­tei. Bischof Felix Gmür erteilte der Pfar­rei St. Ver­e­na die Erlaub­nis, den zwei kop­tis­chen Del­e­ga­tio­nen aus den USA je eine Knochen­reliquie aus dieser Arche zu übergeben. Diakon Mar­cus Hüt­tner, Gemein­deleit­er in der Pfar­rei St. Ver­e­na in Bad Zurzach, betont: «Wir ver­schenken die Reliquien. Die Empfänger bezahlen lediglich den Gold­schmied, der die Reliquie ein­fasst.»

Live-Übertragung morgens um drei

Veri­na Awadal­la filmt die Aus­führun­gen von Mar­cus Hüt­tner mit dem Handy und überträgt die Mün­ster­führung live in die USA. Prompt kom­men von Zuhause Kom­mentare und Likes, obwohl es dort drei Uhr mor­gens ist.

Verbindung zwischen den Staaten Wisconsin und Tennessee

Die Besuch­er aus den USA ken­nen sich untere­inan­der, obwohl sie aus zwei ver­schiede­nen Städten kom­men, die etwa acht Autostun­den auseinan­der­liegen. Die Verbindung zwis­chen Mil­wau­kee im Staat Wis­con­sin und Nashville im Staat Ten­nesse beste­ht, weil Father Theodore in Mil­wau­kee aufgewach­sen ist und nun in Nashville als Priester tätig ist. «Father Rewis fand meine Idee, in Bad Zurzach um eine Reliquie unser­er kop­tis­chen Heili­gen zu bit­ten, super und beschloss, eben­falls mitzukom­men», erk­lärt Father Theodore den dop­pel­ten Besuch.

Weiterreise durch Europa

Neun kop­tis­che Kirchen mit ins­ge­samt 30’000 Mit­gliedern gebe es in Nashville, erk­lärt Ihab Famy. Er ist der Onkel des dor­ti­gen kop­tis­chen Priesters Father Theodore, lebt in Deutsch­land und arbeit­et in der Schweiz. Die Del­e­ga­tion aus Nashville über­nachtet bei ihm in der Woh­nung, bevor sie weit­er­reist – durch die Schweiz, Deutsch­land, Öster­re­ich und für einen kurzen Abstech­er nach Paris. Die Kirche in Nashville, welch­er Father Theodore vorste­ht, ist der Heili­gen Ver­e­na gewei­ht. Die Reliquie aus dem Ver­e­namün­ster in Bad Zurzach werde dort einen Ehren­platz bekom­men, erk­lärt der junge Priester. Er sei glück­lich, for­t­an ein «Stück Ver­e­na» in sein­er Kirche zu haben.
Marie-Christine Andres Schürch
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