Erfah­rung weitergeben

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Im April 2016 erschien das Apo­sto­li­sche Schrei­ben «Amo­ris Lae­tita» von Papst Fran­zis­kus. Es bün­delt den zwei Jah­re wäh­ren­den katho­li­schen Gesprächs­pro­zess zum The­ma Ehe und Fami­lie und ent­hält kon­kre­te Rat­schlä­ge für Pfar­rei­en. Im August ver­öf­fent­lich­te das Aar­gau­er Ehe­paar Sara und Peter Mich­alik das Buch «Über­ra­schung – 150 Eltern packen aus» und setzt damit um, was Fran­zis­kus rät. Hori­zon­te hat das Ehe­paar zu sei­nem Rat­ge­ber befragt.Seit 2009 füh­ren Sie eine gemein­sa­me Pra­xis für Kin­der, Jugend­li­che, Fami­li­en und Paa­re im Aar­gau. Sara Mich­alik-Imfeld, Sie sind Fach­psy­cho­lo­gin für Psy­cho­the­ra­pie mit Spe­zia­li­sie­rung auf Kin­der und Jugend­li­che; Peter Mich­alik, Sie sind diplo­mier­ter Paar‑, Ehe- und Fami­li­en­be­ra­ter. Wann, wie und war­um sind Sie auf die Idee zu die­sem Buch gekom­men? Sara Mich­alik: In allen Sit­zun­gen mit Paa­ren und Eltern bekom­men wir immer wie­der die­se Fra­ge gestellt: «Ist das bei ande­ren auch so?» Eltern berich­ten oft, dass nie­mand offen mit ihnen dar­über spricht, wie schwie­rig Erzie­hung ist und wie anspruchs­voll Kin­der sein kön­nen. Sie haben daher das Gefühl, nur bei ihrer Fami­lie sei es so schwie­rig, und nur ihre Toch­ter, ihr Sohn sei so anstren­gend. Peter Mich­alik: Irgend­wann woll­ten wir es genau­er wis­sen, haben eine Online-Umfra­ge gestar­tet und fol­gen­de drei Fra­gen gestellt: Was hat sich durch dei­ne Kin­der in dei­nem Leben und in der Part­ner­schaft ver­än­dert? — Was hast Du so nicht erwar­tet? — Was soll­ten wer­den­de Eltern dei­ner Mei­nung nach unbe­dingt wis­sen?War es schwer, Eltern zu fin­den, die mitmachten? Peter Mich­alik: Zu unse­rem Erstau­nen beka­men wir, nach­dem wir die Fra­gen in den sozia­len Netz­wer­ken geteilt hat­ten, täg­lich im Durch­schnitt drei Ant­wor­ten über einen Zeit­raum von zwei Mona­ten. Wir hät­ten nie mit so vie­len Ant­wor­ten gerech­net.Wie waren die Reak­tio­nen bei den befrag­ten Eltern? Sara Mich­alik: Vor allem offen und sehr ehr­lich. Eltern berich­te­ten aus allen Pha­sen der Eltern­schaft. Ãœber alle Her­aus­for­de­run­gen, die es nur geben kann. Aber auch über die vie­len erfreu­li­chen Din­ge, die man als Eltern erlebt.Wie sind die Reak­ti­on bei Neu-Eltern und Men­schen, die das Buch kaufen? Sara Mich­alik: Die Reak­tio­nen sind bei Eltern sehr posi­tiv. Es hat eine ent­la­sten­de Wir­kung. Bei jun­gen Paa­ren ohne Kin­der kommt schon mal die Fra­ge: «Will ich das vor­her alles wis­sen?».  Wir waren uns die­ser Pola­ri­tät bewusst und haben sie im Vor­wort the­ma­ti­siert. Peter Mich­alik: Das Beson­de­re an die­sem Buch ist nicht der Blick hin­ter die Kulis­sen. Es sind vor allem die Stra­te­gien der Eltern, die in jedem Kapi­tel am Schluss auf­ge­führt sind. Die­se sol­len nicht eins zu eins über­nom­men wer­den, viel­mehr stel­len sie eine Ideen­samm­lung dar, aus der man sich Anre­gun­gen holen kann. Sara Mich­alik: Oder an der man sehen kann, wie ande­re Eltern ver­schie­de­ne Her­aus­for­de­run­gen gelöst haben.Gibt es etwas, was Sie bei den Ant­wor­ten inhalt­lich über­rascht hat? Peter Mich­alik: Die Anzahl und der Umfang der Ant­wor­ten war sehr bein­druckend. Es haben 80 Pro­zent Frau­en und 20 Pro­zent Män­ner geant­wor­tet. Zwei Drit­tel der Befrag­ten erwähn­ten als die gröss­te Her­aus­for­de­rung, Zeit als Paar, aber auch für sich selbst zu fin­den. Die am häu­fig­sten genann­ten Her­aus­for­de­run­gen, die ein Paar zu bewäl­ti­gen hat, sind: Bezie­hung als Paar ver­än­dert sich — Eltern­rol­len müs­sen defi­niert wer­den — Her­kunft und Erzie­hung — Kind hat eine eigen Per­sön­lich­keit.Wäre es Auf­ga­be der Kir­che, sich dort mehr zu enga­gie­ren, anstatt vie­le Din­ge «nur» von der theo­lo­gi­schen oder sozi­al­ethi­schen Sei­te anzu­schau­en ? Sara Mich­alik: Es könn­te eine Auf­ga­be sein, Eltern dabei zu unter­stüt­zen und zu ermu­ti­gen, offen und ehr­lich über die Her­aus­for­de­run­gen der Eltern­schaft zu spre­chen. Wir haben es sel­ber bei uns, aber auch bei unse­ren Kli­en­ten erlebt, wie ent­la­stend das sein kann. Zu wis­sen, «bei andern ist es auch so».  Hier könn­te eine Unter­stüt­zung jun­ger Eltern durch­aus posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Schei­dungs­ra­te einer Bezie­hung haben.Wäre es sinn­voll, sol­che «Von Erfah­re­nen für Neu­lin­ge» — Bücher auch in ande­ren Berei­chen zu machen. Bei­spiels­wei­se für Senio­ren? Peter Mich­alik: Ich glau­be, gera­de in der Ãœber­gangs­pha­se (Pen­sio­nie­rung) wäre es sicher sinn­voll, an den Erfah­run­gen ande­rer zu par­ti­zi­pie­ren. Denn die Pha­se der Pen­sio­nie­rung wird oft als sehr ein­schnei­dend erlebt. Ins­be­son­de­re in der Bezie­hung zwi­schen Mann und Frau. Aber auch für die per­sön­li­che Ent­wick­lung.Und jun­ge Eltern? Wor­auf soll­ten die­se beson­ders ach­ten? Sara Mich­alik: Gera­de weil jun­ge Eltern ihre Auf­ga­be gut machen wol­len, im All­tag jedoch fest­stel­len, dass sie an ihre Gren­zen kom­men und über­for­dert sind, ent­steht bei vie­len der Ein­druck, dass sie etwas falsch machen oder irgend­was nicht stimmt. Zum Bei­spiel, wenn man merkt, dass man an den Anschlag kommt oder das Kind einen bis zum Umfal­len for­dert oder pro­vo­ziert. Es ent­steht die Gefahr, dass man denkt, es muss immer alles gut sein, sonst ist es nicht nor­mal. Peter Mich­alik: Und beson­ders jun­ge Eltern kön­nen sich dadurch umso mehr bela­stet und allein­ge­las­sen füh­len. Aber anstatt mit ande­ren Eltern über ihre Sor­gen zu spre­chen und sich so gegen­sei­tig Unter­stüt­zung zu geben, suchen immer mehr lie­ber Fach­per­so­nen auf oder lesen einen Rat­ge­ber nach dem ande­ren. So wer­den nor­ma­le kind­li­che Ver­hal­tens­wei­sen zu «Pro­blem­fäl­len» und nor­ma­le Erzie­hungs­auf­ga­ben zu Schwie­rig­kei­ten, die schein­bar nur Fach­per­so­nen lösen kön­nen. Die Ver­un­si­che­rung bei vie­len Eltern ist enorm. Und dann kann es pas­sie­ren, dass aus einem nor­ma­len kind­li­chen Ver­hal­ten ein Pro­blem­fall gemacht wird. Auf eltern-raten-eltern-forum fin­den Sie nähe­re Infor­ma­tio­nen zum Buch und Ori­gi­nal­in­ter­views als Pod­cast­st.Bezie­hungs ABC des Ehe­paars MichalikPra­xis Mich­alik, Aarau
Anne Burgmer
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