Einzelne Ignoranten gefährden Mitchristen

Einzelne Ignoranten gefährden Mitchristen

  • Im Pas­toral­raum Region Brugg-Windisch wur­den frei­willige Helfer von Gottes­di­en­st­be­such­ern angepö­belt, weil sie für die Ein­hal­tung der Coro­naschutz­mass­nah­men ein­trat­en.
  • Hor­i­zonte hat in weit­eren Kirchen­zen­tren des Kan­tons nachge­fragt, wie es um das Ver­ständ­nis der Kirchgänger für die Covid-19-Präven­tion ste­ht.
  • Faz­it: Die meis­ten Gläu­bi­gen haben ver­standen, dass sie durch das Ein­hal­ten der Regeln nicht nur sich sel­ber, son­dern vor allem auch ihre Mitchris­ten vor ein­er Ansteck­ung bewahren.
  Simon Meier ver­ste­ht die Welt nicht mehr: «Diesen Leuten fehlt es an Respekt und Achtung, es fehlt die Grund­hal­tung eines Chris­ten.» Die Geschichte soll hier nicht aufge­bauscht wer­den. Pas­toral­raum­leit­er Meier sagt sel­ber, dass es sich um Einzelfälle han­delt. «Aber den­noch passiert es ein- bis zweimal pro Woch­enende in unserem Pas­toral­raum.»

Erstaunliche Ignoranz

Die Rede ist von Gottes­di­en­st­be­such­ern, die nicht ein­se­hen, warum es Coro­naschutz­mass­nah­men in den Kirchen gibt. Simon Meier hat auf diesen Umstand in der Hor­i­zonte-Aus­gabe vom 19. Juli aufmerk­sam gemacht: «Lei­der kommt es immer wieder vor, dass die Helfer*innen beschimpft wer­den und sich Gottesdienstbesucher*innen ihren Anweisun­gen wider­set­zen.» Angesichts der Tat­sache, dass die Ansteck­un­gen mit Covid-19 in den ver­gan­genen Wochen wieder kon­tinuier­lich gestiegen sind, es noch kein klin­isch erprobtes Heilmit­tel gibt und die Spät­fol­gen ein­er Covid-19-Erkrankung noch unbekan­nt sind, erstaunt eine solch igno­rante Hal­tung nicht nur Fach­leute.Auch wenn es sich um Einzelfälle han­delt, so fürchtet Simon Meier doch die Fol­gen: «Es sind Frei­willige, die sich in jedem Gottes­di­enst dafür engagieren, dass die Besuch­er sich nicht ansteck­en. Wenn diese Leute dann noch beschimpft wer­den für ihren Ein­satz, dann löscht es denen doch irgend­wann ab. Tat­sache ist aber, dass uns das The­ma Coro­na noch lange Zeit beschäfti­gen wird.»

Seitenschiffe aufgeteilt

Simon Meier erk­lärt sich die Halsstar­rigkeit einzel­ner Kirchgänger so: «Die Leute leben heute alle selb­ständig und unab­hängig. Da kön­nen sie es ein­fach nicht akzep­tieren, wenn ihnen jemand sagt, wie sie sich ver­hal­ten und wo sie sich hin­set­zen sollen – auch wenn es zu ihrem eige­nen Besten und zum Schutz der Gemein­schaft ist.»Nur 16 Kilo­me­ter weit­er, in Frick, ver­hal­ten sich die Messebe­such­er grad gegen­teilig. «Als man den Abstand von zwei auf eineinalb Meter verkürzen durfte», erzählt Pfar­reiseel­sorg­er Ulrich Feger, «da reagierten einige Gemein­demit­glieder sehr sen­si­bel. Einige der beson­ders gefährde­ten Per­so­n­en wün­scht­en sich mehr Abstand. Also haben wir die zwei Seit­en­schiffe in unser­er Kirche aufgeteilt, damit die Gottes­di­en­st­be­such­er, die mehr Sicher­heit brauchen, nun zwei Meter und die auf der anderen Seite einein­halb Meter zwis­chen sich haben.»

«Noch alle fanden Platz»

Auch Baden, Zofin­gen und Muri ver­melden keine Prob­leme mit wider­spen­sti­gen Gottes­di­en­st­be­such­ern. Pfar­rer Josef Stübi freut sich darüber, dass im Ver­hält­nis zur Zeit vor Coro­na sog­ar «recht viele Leute» die Gottes­di­en­ste in Baden besuchen. «Bish­er fan­den noch alle einen Platz», sagt der Stadtp­far­rer, «und wenn jemand nach dem Gottes­di­enst noch beicht­en will, dann set­zen wir uns halt nicht in den Beicht­stuhl, son­dern gehen miteinan­der spazieren. So spricht es sich ohne­hin viel leichter als auf so engem Raum, direkt vis-à-vis.»

«An Weihnachten kann es heikel werden»

«Man muss den Leuten halt immer mal wieder erk­lären, dass die Abstands- und Hygien­eregeln zum Schutz von allen sind», betont der Pfar­rer von Zofin­gen, Peter Friedli. Aus diesem Grund wird in Zofin­gen auch weit­er­hin auf gemein­sames Sin­gen im Gottes­di­enst verzichtet. «Ich ver­mute näm­lich, dass die Ansteck­un­gen, die in Kirchen passieren, eher in freikirch­lichen Kreisen zu suchen sind. Da herrscht ein viel spon­taner­er Umgang, ger­ade im gemein­samen Sin­gen und Beten. Aber wenn wir als Kirche die Men­schen schon berat­en, dann müssen wir auch mit gutem Beispiel vor­ange­hen.»Auch Pfar­rer Friedli geht davon aus, dass die Coro­n­akrise noch weit­er anhal­ten wird. «Mit all den Lockerun­gen war es abzuse­hen, dass die Zahl der Ansteck­un­gen wieder steigen würde», bekräftigt der Seel­sorg­er. «Bei uns kön­nen 120 Per­so­n­en in die Kirche. Das ist für einen nor­malen Son­ntag kein Prob­lem. Aber im Advent und an Wei­h­nacht­en, da wird es unter diesen Voraus­set­zun­gen heikel. Je nach­dem, wie sich die Lage entwick­elt, kann es soweit kom­men, dass dann an Wei­h­nacht­en gar nichts geht.»

Gedenkfeier nach Corona

Im Pas­toral­raum Muri AG und Umge­bung hal­ten sich die Gottes­di­en­st­be­such­er an die vorgegebe­nen Regeln. «Das liegt vielle­icht auch daran, dass bei uns die Mit­glieder der Pfar­reiräte und Kirchenpfle­gen für die Umset­zung der Schutz­mass­nah­men in den Kirchen sor­gen», erk­lärt Diakon und Pas­toral­raumko­or­di­na­tor Francesco Mar­ra. «Das sind Leute, die man ken­nt und denen man ver­traut.»Pfar­reisekretärin Bar­bara Kauf­mann bestätigt das Ver­ständ­nis der Gläu­bi­gen für die Mass­nah­men: «Natür­lich gab es am Anfang ein paar Mur­rli, die darauf behar­rten, an ‹ihrem Platz› zu sitzen. Aber jet­zt ken­nen sie die Abläufe und hal­ten sich auch daran. Vieles kann man ja gut kom­mu­nizieren. Bei Beerdi­gun­gen etwa rat­en wir den Trauer­fam­i­lien, lieber gezielt einzu­laden als bre­it zu pub­lizieren. So kön­nen wir die Abstand­sregeln gut ein­hal­ten.» Für die Trauern­den sei dabei die Aus­sicht auf eine schöne Gedenk­feier nach der Coro­n­akrise ein gross­er Trost.
Christian Breitschmid
mehr zum Autor
nach
soben