«Wich­tig ist der Inhalt – wie beim Wein»

  • Das Hotel Restau­rant Eich­berg in Seen­gen ist das bis­her ein­zi­ge Hotel im Aar­gau, das dem Ver­band Christ­li­cher Hotels Schweiz VCH angehört.
  • Um als «Christ­li­ches Hotel» im VCH auf­ge­nom­men zu wer­den, muss ein Betrieb nach­wei­sen kön­nen, dass er nach innen und aus­sen christ­li­che Wer­te lebt und auch ver­tritt. Nach­hal­tig­keit spielt dabei eine gros­se Rolle.
  • Hori­zon­te hat sich von Hote­lier Eli Wen­gen­mai­er den Fami­li­en­be­trieb auf dem Eich­berg zei­gen las­sen, der Bio­pro­duk­te pro­du­ziert und sehr viel Wert legt auf einen respekt­vol­len Umgang mit allen Men­schen und der gan­zen Schöpfung.


Gros­se Ereig­nis­se fin­den in der Bibel, der hei­li­gen Schrift der Chri­sten, immer auf einem Berg statt. Nach der Sint­flut lan­det Noahs Arche auf dem Berg Ara­rat, Gott erscheint Mose im bren­nen­den Dorn­busch auf dem Got­tes­berg Horeb, auf dem Sinai dik­tier­te Gott Mose die zehn Gebo­te. Und auch im Neu­en Testa­ment pre­digt Jesus auf dem «Berg der Selig­prei­sun­gen», zieht sich zum Gebet auf Ber­ge zurück, schwitzt Blut auf dem Ölberg und wird auf dem Hügel Gol­go­ta gekreu­zigt. Wen wundert’s also, dass das ein­zi­ge Aar­gau­er Hotel, das dem VCH, dem Ver­band Christ­li­cher Hotels Schweiz, ange­hört, auf einem Berg steht?

Zuerst ver­spot­tet

Seit 1959 ist der Guts- und Hotele­rie­be­trieb Eich­berg in Seen­gen, hoch über dem Hall­wi­ler­see, im Besitz der Fami­li­en Mahler und Wen­gen­mai­er. «Mein Gross­va­ter hat den damals stark ver­nach­läs­sig­ten Betrieb zusam­men mit sei­nem Schwa­ger gekauft und gemein­sam mit drei sei­ner Kin­der und vie­len Hel­fern auf­ge­baut. Er hat uns oft erzählt, das sei eine ‹gött­li­che Ein­ge­bung› gewe­sen», erzählt Eli Wen­gen­mai­er, der heu­te das Hotel auf dem Eich­berg lei­tet. Johan­nes Mahler, der Gross­va­ter von Eli Wen­gen­mai­er, war es auch, der die dama­li­ge «Guts­be­trieb und Kur­haus Eich­berg AG» als Unter­neh­mung auf christ­li­cher Grund­la­ge eta­blier­te. Heu­te ist der Eich­berg in drei Akti­en­ge­sell­schaf­ten orga­ni­siert. Eli Wen­gen­mai­er führt mit sei­ner Fami­lie die Eich­berg Seen­gen AG. Schon die Grün­der­vä­ter setz­ten von Anfang an kon­se­quent auf bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft und Pro­duk­ti­on. «Sie gehör­ten damit zu den ersten in der Schweiz, die rein bio­lo­gisch anbau­ten», betont Eli Wen­gen­mai­er, «und man hat sie des­we­gen oft ver­spot­tet. Hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand hat man­cher gewit­zelt: ‹Ach, die sprit­zen ihr Gemü­se halt ein­fach in der Nacht.› Aber Nach­hal­tig­keit war schon mei­nem Gross­va­ter und unse­rer Eltern­ge­nera­ti­on ein gros­ses Anliegen.»

Aus eige­ner Quelle

Eine öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge, res­sour­cen­scho­nen­de Betriebs­füh­rung ist für Eli Wen­gen­mai­er ein wich­ti­ger Aspekt, um das Sie­gel eines christ­li­chen Hotels füh­ren zu dür­fen. So wird auf dem Eich­berg nicht nur bio­lo­gi­sches Gemü­se ange­baut, im eige­nen Restau­rant zube­rei­tet und im Hof­la­den des Guts­be­triebs ver­kauft, son­dern auch in der Ener­gie- und Was­ser­ver­sor­gung nut­zen die Betrei­ber ihre Quel­len vor Ort. Eine Hack­schnit­zel­hei­zung ver­sorgt die Gebäu­de mit Wär­me, die aus dem Holz des guts­ei­ge­nen Wal­des gewon­nen wird. Gros­se Son­nen­kol­lek­to­ren auf dem Dach des Guts­be­trie­bes pro­du­zie­ren öko­lo­gi­schen Strom. «Es reicht noch nicht, um uns völ­lig unab­hän­gig zu machen», erklärt Eli Wen­gen­mai­er, «aber wir wol­len den Anteil der Eigen­pro­duk­ti­on aus­bau­en.» Auch das Was­ser, das die Gäste des Hau­ses trin­ken, ent­stammt eige­nen Quel­len. Mit Stolz erzählt der heu­ti­ge Hote­lier, wie die Vor­fah­ren die Quel­len eigen­hän­dig aus­ge­gra­ben haben, und der Hori­zont­e­re­dak­teur darf sich gleich vor Ort von der hohen Qua­li­tät des regel­mäs­sig geprüf­ten Was­sers überzeugen.

«Christ­li­che Wer­te leben»

Auf die Fra­ge, war­um der Eich­berg denn Mit­glied des VCH gewor­den sei, ant­wor­tet der Geschäfts­füh­rer lako­nisch, mit einem Lächeln auf den Stock­zäh­nen: «Weil wir dem Ver­band bei­getre­ten sind.» Doch dann erklärt er aus­führ­lich, wel­chen Stel­len­wert der christ­li­che Glau­be und die ent­spre­chen­de Lebens­füh­rung von jeher in der gan­zen Fami­lie ein­ge­nom­men hat. «Die Reli­gi­on soll nicht nur ein Eti­kett sein. Wich­tig ist der Inhalt – wie beim Wein. Die Gast­freund­schaft ist ein ganz zen­tra­les Ele­ment unse­res Glau­bens und Lebens», sagt Eli Wen­gen­mai­er. «Wir wol­len unse­ren Gästen aber nichts auf­drän­gen. Wir mis­sio­nie­ren nicht offen­siv, son­dern leben unse­re christ­li­chen Wer­te. Der Gast kann frei­wil­lig dar­an teil­neh­men.» So gehört zum Ange­bot des Hau­ses jeden Sonn­tag, um 9.30 Uhr, ein Got­tes­dienst für Haus­gä­ste und exter­ne Besucher.

Kei­ne Augenwischerei

Beim Rund­gang durch den Betrieb wird offen­sicht­lich, dass die Aus­sa­ge von Eli Wen­gen­mai­er kei­ne Augen­wi­sche­rei ist: «Die christ­li­che Hal­tung zeigt sich bei einem Haus wie dem unse­ren nicht nur im Ange­bot und in der Art, wie wir unse­re Gäste betreu­en, son­dern auch im Umgang mit unse­ren Mit­ar­bei­tern und Geschäfts­part­nern.» In den Berei­chen Restau­rant, Hotel und Bio-Gemü­se­bau, beschäf­tigt die Eich­berg Seen­gen AG rund 65 Mit­ar­bei­ter. Auf dem Gang übers Gelän­de begeg­net man eini­gen von ihnen. Nie­mand, der hier nicht freund­lich grüsst, einem ein Lächeln schenkt, noch schnell zwei, drei Wor­te mit dem Chef wech­selt und einen schö­nen Tag wünscht. Die Gewächs­häu­ser, die Land­wirt­schafts­ge­bäu­de, der Hof­la­den, die Alters­re­si­denz, der gros­se Spiel­platz, das Cha­let, die Gar­ten­ter­ras­se – schmuck umrahmt von Blu­men und Bron­ze-Skulp­tu­ren von Fred­dy Air Röth­lis­ber­ger –, das alles wirkt freund­lich, hell, sau­ber und lie­be­voll gepflegt.

Neu­bau geplant

In drit­ter Gene­ra­ti­on füh­ren die Fami­li­en Wen­gen­mai­er und Mahler den Betrieb auf dem Eich­berg in die Zukunft. Das Geschäft läuft gut, die Che­mie stimmt. «Was wir an Gewin­nen erzie­len», erklärt Eli Wen­gen­mai­er, «fliesst in den wei­te­ren Auf­bau.» Den sehen die Eich­berg­be­trei­ber ganz klar im Aus­bau der Restau­ra­ti­on. Geplant ist ein Restau­rant­neu­bau bei gleich­zei­ti­ger Reduk­ti­on der Hotel­zim­mer. «Der Gesund­heits­markt hat sich stark gewan­delt», weiss der Hote­lier. «Die Zahl der Kur­gä­ste hat ste­tig abge­nom­men. Wir haben jetzt noch 23 Zim­mer, aber die sind unter­schied­lich in Kom­fort und Preis. Künf­tig wer­den es weni­ger Zim­mer sein, die­se aber dann vor­aus­sicht­lich alle in der Kate­go­rie 3‑Stern Supe­ri­or.» Und auch wei­ter­hin mit einer Bibel im Nachttisch.

Ver­band Christ­li­cher Hotels – «Wich­tig ist, wie man es lebt» 

Christ­li­che Wer­te, Atmo­sphä­re, Nach­hal­tig­keit und sozia­les Enga­ge­ment, das sind die vier Eck­pfei­ler, auf denen die Sat­zung des Ver­bands Christ­li­cher Hotels Schweiz VCH ruht. Vor 125 Jah­ren wur­de der VCH gegrün­det und ist somit, nach eige­ner Aus­sa­ge, der älte­ste Hote­lier­ver­band der Schweiz. Auf sei­ner Web­site weist der VCH aktu­ell 35 Mit­glie­der aus. «Unser Ziel ist es, die christ­lich gepräg­te Gast­freund­schaft zu pfle­gen und uns dabei als Ver­bands­mit­glie­der gegen­sei­tig zu stär­ken und zu för­dern», sagt VCH-Prä­si­dent Phil­ip Bühler. 

Wer dem Ver­band bei­tre­ten will, muss sein Haus im Sin­ne der oben genann­ten Eck­pfei­ler füh­ren. «Es muss auch min­de­stens ein christ­li­ches Ange­bot gewähr­lei­stet sein», betont Phil­ip Büh­ler. «Sei das ein regel­mäs­si­ger Got­tes­dienst, ein Semi­nar, Bibel­ver­se an den Wän­den oder was auch immer die christ­li­che Hal­tung unter­stützt. Wich­tig ist nicht so sehr, was man anbie­tet, son­dern wie man es lebt.»

Mehr zum VCH und dem Hotel Restau­rant Eich­berg fin­den Sie hier im Inter­net unter www.vch.ch und www.eichberg.com.

Christian Breitschmid
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