Zwischen Bistum und Basis und Kirche und Staat

Zwischen Bistum und Basis und Kirche und Staat

Drei Kennze­ichen wer­den den neuen Domher­ren bei ihrer Ein­set­zung übergeben: das Bre­vi­er, das Brustkreuz und die vio­lette Mozzetta. Dieser kleine Schul­ter­man­tel wird über der schwarzen Soutane und dem weis­sen Chorhemd getra­gen. Am 15. Jan­u­ar 2014 wird auch Josef Stübi, Pfar­rer der Stadtp­far­rei Maria Him­melfahrt in Baden, als neuer Domherr des Standes Aar­gau diese Insignien über­re­icht bekom­men.«Mir ist wichtig, dass die Leute ver­ste­hen, was ein Domherr ist und macht», so Josef Stübi. «Es kom­men immer wieder mal entsprechende Fra­gen.»Resi­dierende und nicht-resi­dierende Domher­ren Seit dem 1. Okto­ber 2013 ist der 52-Jährige Mit­glied des achtzehnköp­fi­gen Domkapi­tels, das dem Bischof bera­tend zur Seite ste­ht. Die Bis­tum­skan­tone Aar­gau, Bern, Luzern und Solothurn entsenden je drei, Basel­land, Basel-Stadt, Jura, Schaffhausen, Thur­gau und Zug je einen Domher­rn in das Domkapi­tel. Unter­schieden wird in resi­dierende und nicht-resi­dierende Domher­ren. Erstere, ins­ge­samt sechs, haben ihren Wohn­sitz in Solothurn und erfüllen ver­schiedene Auf­gaben am bis­chöflichen Ordi­nar­i­at. Die nicht-resi­dieren­den Domher­ren, zu denen Josef Stübi gehört, sind in den meis­ten Fällen als Pfar­rer im jew­eili­gen Bis­tum­skan­ton tätig. Es sind Priester mit Beruf­ser­fahrung und gutem Lebenswan­del, die ange­fragt wer­den. Ein Min­destal­ter für Domher­ren oder eine Amt­szeitbeschränkung gibt es nicht. Ver­lässt ein Domherr den Kan­ton, für den er berufen wurde, erlis­cht sein Amt, und ein neuer Domherr muss gesucht wer­den. Eben­so, wenn dem Bischof mit Erre­ichen des kirch­lichen Pen­sion­salters von fün­fund­siebzig Jahren die Demis­sion ange­boten wird.Weltkirch­liche Beson­der­heit im Bis­tum Basel Der «Sen­at des Bischofs», wie das Domkapi­tel auch genan­nt wird, unter­stützt den Bischof nicht nur in der Leitung der Diözese, er ste­ht ihm auch mit Rat und Tat zur Seite und trifft sich dafür in regelmäs­si­gen Abstän­den mit ihm. Die Mit­glieder des Domkapi­tels gel­ten fern­er als Bindeglieder zwis­chen dem Bischof und den jew­eili­gen Kan­ton­sregierun­gen. Die weltkirch­liche Beson­der­heit im Bis­tum Basel ist jedoch, dass das Domkapi­tel im Fall ein­er Vakanz des Bischof­sstuhls den Bischof frei aus den zum Bis­tum gehören­den Priestern wählen kann. In ein­er Vernehm­las­sung wer­den mögliche Kan­di­dat­en geprüft und eine Wahlliste erstellt, die von der Diöze­sankon­ferenz «gegen­ge­le­sen» wird, bevor dann das Domkapi­tel den neuen Bischof wählt. Während der Vakanz liegt es zudem in der Ver­ant­wor­tung des Kapi­tels, den Diöze­sanad­min­is­tra­tor zu wählen, dem bis zur Ein­set­zung des neuen Bischofs die Bis­tum­sleitung anver­traut wird. «Es ist auch eine Ehre, zum Domher­rn ernan­nt zu wer­den», freut sich Josef Stübi über die bis­chöfliche Anfrage, die er gerne mit «Ja» beant­wortet hat.Zum Beispiel die Firm­spendung Die Wurzeln des Amtes reichen weit zurück in die Ver­gan­gen­heit. Schon im neun­ten Jahrhun­dert gab es geistliche Gemein­schaften, die den Bischof­skirchen angegliedert waren und aus denen her­aus sich die Domkapi­tel entwick­el­ten. Sie waren das Organ, welch­es die Kon­ti­nu­ität in der Bis­tum­sleitung gewährleis­tete. Die Domher­ren waren ausser­dem für die Durch­führung der Liturgien an den Bischof­skathe­dralen zuständig. Heute obliegt ihnen beispiel­sweise die Firm­spendung, für die sie durch den Bischof beauf­tragt wer­den.Diplo­matie und Erfahrung Josef Stübi über­legt genau, wie viele Anfra­gen für Fir­mungen er annimmt, denn sein nor­males Tages­geschäft als Pfar­rer der Stadtp­far­rei läuft weit­er. «Das gesamte Domkapi­tel trifft sich zwis­chen drei und fünf Mal im Jahr», beschreibt er die zusät­zlichen Ter­mine. Aus sein­er Zeit im Priester­rat weiss Josef Stübi, dass das Domkapi­tel, zumin­d­est das Res­i­den­tialka­pi­tel, zu unter­schiedlich­sten The­men ange­fragt wird: Von den Verän­derun­gen von Pfar­rei­gren­zen bis hin zu Fra­gen im Zusam­men­hang mit Veräusserun­gen von Landbe­sitz oder der Ver­wen­dung von Stiftungs­geldern. Neben der Bindeglied­funk­tion zwis­chen Kirche und Staat ist der Domherr in Josef Stübis Ver­ständ­nis auch Bindeglied zwis­chen dem Bis­tum und den Pfar­reien vor Ort. Eine Funk­tion, die nicht nur ein hohes Mass an Diplo­matie und Erfahrung in den Bere­ichen Pas­toral und Seel­sorge, son­dern auch struk­turelles Ver­ständ­nis ver­langt. Eine Auf­gabe, die Josef Stübi mit Überzeu­gung ange­treten hat.
Anne Burgmer
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