«Das Belastende an Gott weitergeben»

«Das Belastende an Gott weitergeben»

  • Die Arbeit des Öku­menis­chen Seel­sorge­di­en­stes für Asyl­suchende OeSA mit Sitz in Basel hat viele Aspek­te: zuhören, Krisen auf­fan­gen, beten, religiöse Rit­uale begleit­en, Kon­tak­te mit Kirchen, Moscheen und anderen Organ­i­sa­tio­nen ver­mit­teln.
  • Zwei akkred­i­tierte Seel­sorg­er der Lan­deskirchen haben Zugang zu den Bun­de­sa­sylzen­tren BAZ in Basel, Allschwil und Flu­men­thal. 2021 kam das Bun­de­sa­sylzen­trum in Brugg dazu.
  • Im BAZ Brugg wer­den die Asyl­suchen­den von der Seel­sorg­erin Susy Mugnes betreut. Ihre zehn Stel­len­prozente wer­den von der reformierten und der römisch-katholis­chen Kirche im Aar­gau finanziert.

Susy Mugnes, wie sind Sie zur Seel­sorgear­beit beim OeSA gekom­men?
Susy Mugnes: Ich gehöre dem Säku­lar­in­sti­tut der Scal­abrin­imis­sion­ar­in­nen der katholis­chen Kirche an. Wir sind Frauen unter­schiedlich­er Kul­turen, Sprachen und Herkun­ft. Was uns verbindet, ist die Beru­fung, Jesus «auf den Wegen des Exo­dus» nachzu­fol­gen. Bei der OeSA habe ich 2002 als frei­willige Helferin ein­mal in der Woche ange­fan­gen. 2009 wurde ich mit einem Pen­sum von 30 Prozent angestellt.

Wie leben die Men­schen im Bun­de­sa­sylzen­trum Brugg?
Das BAZ Brugg ist eine umge­baute Mil­itärhalle und bietet im Not­fall Platz für 230 Asyl­suchende. Im Erdgeschoss befind­en sich die Schlaf­säle, im ersten Stock die Küche und die Ess- und Aufen­thalt­sräume. Zurzeit sind in Brugg 50 bis 60 Män­ner aus Kur­denge­bi­eten, aus Afghanistan, Syrien, der Türkei und Afri­ka unterge­bracht. Sie warten auf einen Entscheid des Staat­sekre­tari­ats für Migra­tion. Jene mit einem neg­a­tiv­en Entscheid warten die Rück­reise in ein Land gemäss Schen­gen/­Dublin-Abkom­men oder in ihr Heimat­land ab. Der Aufen­thalt im BAZ sollte nicht länger als 140 Tage dauern.

Spenden gesucht

Der Öku­menis­che Seel­sorge­di­enst für Asyl­suchende OeSA wird von den Lan­deskirchen der Nord­westschweiz, der Evan­ge­lisch-methodis­tis­chen Kirche Basel-Stadt sowie Kirchge­mein­den und Pfar­reien getra­gen und von pri­vat­en Mit­gliedern und Spenden unter­stützt. Gesucht sind aktuell Her­ren­klei­der, Ruck­säcke oder Taschen, die direkt beim BAZ Brugg abgegeben wer­den soll­ten. Für die Über­gabe kon­tak­tieren Sie Susy Mugnes: 061 262 11 20; / Spendenkon­to IBAN CH35 0900 0000 7068 9031 4, Ver­wen­dungszweck: BAZ Brugg.

Die «Organ­i­sa­tion for Refugee Ser­vices» (ORS) stellt die pro­fes­sionelle Betreu­ung von der Unter­bringung bis zur Inte­gra­tion sich­er. Die Asyl­suchen­den sind ein­ge­laden, in der Küche, beim Putzen oder in der Wäscherei mitzuhelfen, was mit einem sym­bol­is­chen Taschen­geld entlöh­nt wird. Daneben wer­den Aktiv­itäten wie Deutschkurse, Werk- und Spiel­nach­mit­tage, Brot­back­en oder Aus­flüge ange­boten. Die Bewohn­er dür­fen das BAZ werk­tags von 9 bis 17 Uhr ver­lassen, an Woch­enen­den, mit passender Über­nach­tungsmöglichkeit, bis Son­ntagabend.

Wie kön­nen Sie den Men­schen in einem Bun­de­sa­sylzen­trum beis­te­hen?
Als OeSA-Seel­sorg­erin kann ich am Tages­rap­port teil­nehmen. Die Zusam­me­nar­beit ist aufmerk­sam und fre­undlich, und mein Seel­sorgeange­bot wird den Neuankömm­lin­gen vorgestellt. Bei meinen wöchentlichen Besuchen betreibe ich auf­suchende Seel­sorge. Ich gehe durchs Zen­trum und spreche Einzelne direkt an, wenn sie mir beson­ders trau­rig oder bedrückt vorkom­men. Dann höre ich zu und bin ein­fach für sie da. Daraus entste­hen manch­mal kurze oder län­gere Gespräche. Mit eini­gen habe ich auch schon Kirchen in Brugg aufge­sucht. Ausser­dem bin ich auch für die ORS-Mitar­bei­t­en­den da und kann bei Unklarheit­en ver­mit­tel­nd wirken. Es kommt auch vor, dass Mitar­bei­t­ende mich auf Asyl­suchende, die Gesprächs­be­darf haben, aufmerk­sam machen.

Sie tre­f­fen bei Ihrer Arbeit auf belas­tende Sit­u­a­tio­nen. Wie gehen Sie damit um?
Nach aufreiben­den, sehr per­sön­lichen Erzäh­lun­gen über Elend, Tren­nun­gen oder Gewalt in der Fam­i­lie bedanke ich mich zuerst bei der Per­son für ihr Ver­trauen zu mir. Ich habe gel­ernt, all das Belas­tende im Gebet an Gott weit­erzugeben. Auch der Aus­tausch mit den anderen Seel­sor­gen­den im Team des OeSA tut mir gut. Ihre Sicht und ihre Ideen zur weit­eren Unter­stützung in diesen tragis­chen Schick­salen sind wertvoll.

Viele Frei­willige möcht­en helfen. Was empfehlen Sie ihnen?
Das Wichtig­ste ist, Geduld zu haben und die Unverbindlichkeit dieser oft hoff­nungslosen Men­schen auszuhal­ten. Oft sind sie in Gedanken mit ihrer ungewis­sen Zukun­ft beschäftigt. Umso wichtiger ist es, Ange­bote wie spazieren gehen oder Fuss­ball spie­len einige Wochen aufrechtzuer­hal­ten, auch wenn nur wenige kom­men. Die Frei­willi­gen nehmen hier eine wichtige Brück­en­funk­tion zwis­chen der Unterkun­ft und den Ange­boten ein und erlösen die Betrof­fe­nen wenig­stens für einige Stun­den aus ihren sich immer wieder um diesel­ben Fra­gen drehen­den Gedanken.

Marie-Christine Andres Schürch
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