«Leben, was geht!» geht auf Reisen

«Leben, was geht!» geht auf Reisen

  • Kan­ton­ss­chullehrer Mar­tin Stein­er hat vor einem Jahr das The­ma Suizid aus der Tabu­zone geholt. Seine Ausstel­lung «Leben, was geht!» wurde zuerst in der Kan­ton­ss­chule Wohlen gezeigt, dann im Wohler Chap­pele­hof.
  • Aktuell gastiert die inter­ak­tiv-mul­ti­me­di­ale Ausstel­lung in Brem­garten und wan­dert anschliessend weit­er durch den Aar­gau und andere Deutschschweiz­er Kan­tone.
  • In «Leben, was geht!» erzählen die Über­leben­den. Das macht die Beschäf­ti­gung mit dem The­ma Suizid zu ein­er sehr per­sön­lichen Erfahrung.


Als Kan­ton­ss­chullehrer Mar­tin Stein­er im März 2020 seine inter­ak­tiv-mul­ti­me­di­ale Ausstel­lung «Leben, was geht!» zum ersten Mal zeigte (den Bericht von Hor­i­zonte lesen Sie hier), kon­nte nie­mand ahnen, dass das The­ma dieser Ausstel­lung ein Jahr später auf so drastis­che Weise an Aktu­al­ität gewin­nen würde. Die Coro­n­a­pan­demie hat dafür gesorgt, dass bis­lang selb­stver­ständliche Frei­heit­en plöt­zlich eingeschränkt wur­den. Die noch unbekan­nten Auswirkun­gen, die eine Infek­tion mit Covid-19 auf eine erkrank­te Per­son langfristig haben kön­nen, ver­grössern die Unsicher­heit­en und Äng­ste, welche die Men­schen weltweit quälen.

Zweimal mehr Suizidversuche

Die Angst um die eigene Gesund­heit ist das eine. Hinzu kommt bei vie­len Arbeit­nehmern und Gewer­be­treiben­den nach über einem Jahr Coro­na­mass­nah­men die Angst vor schw­er­wiegen­den Gewin­nein­bussen, dem Ver­lust der Arbeitsstelle, vor möglichem Konkurs. Dass angesichts eines dro­hen­den oder tat­säch­lichen Ruins ein Men­sch mit dem Gedanken spielt, sich das Leben zu nehmen, kann nicht erstaunen. Aufhorchen lassen jedoch die jüng­sten Medi­en­berichte, die im Coro­n­a­jahr 2020 von mehr als dop­pelt so vie­len Suizid­ver­suchen bei Kindern und Jugendlichen berichteten als im Vor­jahr.

Mar­tin Stein­er ken­nt als Vater und Päd­a­goge die Äng­ste und Nöte, die Kinder und Jugendliche pla­gen. Für ihn ist klar: «Die Coro­n­akrise und die Pan­demiemass­nah­men haben schon beste­hende Prob­leme noch akzen­tu­iert.» Eine Beobach­tung, die auch Bär­bel Hess Boden­müller, Reli­gion­slehrerin und Mitar­bei­t­erin der schulin­ter­nen Beratungsstelle an der Alten Kan­ton­ss­chule Aarau, bestätigt: «Ich sehe eine grosse Verun­sicherung bei den Jugendlichen. Vieles ist unter den jet­zi­gen Umstän­den nicht mehr so ein­fach plan­bar wie vorher. Wenn zum Leis­tungs­druck in der Schule auch noch famil­iäre Prob­leme hinzukom­men, dann kann eine Zusatz­be­las­tung wie die Coro­n­akrise das Fass zum Über­laufen brin­gen.» Auch an der Alten Kan­ti Aarau hat sich im ver­gan­genen Jahr eine Schü­lerin das Leben genom­men. Ein weit­er­er Schüler hat es, zum Glück ohne Erfolg, ver­sucht.

«Man muss aufmerksam sein»

Drama­tisieren will Bär­bel Hess die Lage nicht: «Man muss schon sehen, dass viele mit der Sit­u­a­tion gut klarkom­men. Aber man muss aufmerk­sam sein und die vorhan­de­nen Hil­f­sange­bote auch nutzen.» Sie sel­ber hat sofort reagiert, als sie vom Pro­jekt der Fach­stelle Jugend und junge Erwach­sene bei der Aar­gauer Lan­deskirche erfahren hat und liess eine soge­nan­nte «Ent-Sorgungs-Stelle» in der Alten Kan­ti ein­richt­en. Diese Instal­la­tion gibt jun­gen Men­schen die Möglichkeit, ihre Äng­ste zu deponieren sowie Hoff­nung und Zuver­sicht zu tanken.

Wie beim Gang durch die «Ent-Sorgungs-Stelle», soll­ten auch die Besuch­er der Ausstel­lung «Leben, was geht!» mit Smart­phone und Kopfhör­ern bewaffnet sein. An den einzel­nen Sta­tio­nen der Ausstel­lung erzählen näm­lich Hin­terbliebene und Fach­leute rund um den The­menkreis Suizid von ihren Erfahrun­gen. In ein­er inti­men Wohnz­im­mer­at­mo­sphäre kann man so qua­si in Kon­takt treten mit Über­leben­den und das eigene Empfind­en für die vie­len Zeichen um einen herum schär­fen. Die pro­fes­sionell gemachte Web­site www.leben-was-geht.ch informiert die Besuch­er vor und nach der Ausstel­lung weit­er.

Informationen zur Ausstellung

«Leben, was geht!» gastiert noch bis 20. Mai 2021 im Zeughaus, Schel­len­hausstr. 2, in Brem­garten.
Die Ausstel­lung ist geöffnet von Mittwoch bis Son­ntag, jew­eils von 15 — 19 Uhr.

Weit­ere Dat­en: 
Aug./Sept. 2021, Aarau, Stadt­bib­lio­thek
21. Okt. — 11. Nov. 2021, Zug, Shed­halle
Feb. 2022, Schwyz, Mythen­Fo­rum
Feb./März 2022, Sar­nen, Burg Lan­den­berg
Aug./Sept. 2022, Uri, The­ater

Aktu­al­isierte Dat­en siehe online.

Christian Breitschmid
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