Drei Frauen unterschiedlicher Konfessionen im Gespräch

Drei Frauen unterschiedlicher Konfessionen im Gespräch

  • Welche Stel­lung hat die Frau in den christlichen Kon­fes­sio­nen?
  • Welche Hür­den und Chan­cen warten in der römisch-katholis­chen, der reformierten und der christkatholis­chen Kirche auf Frauen?
  • Susanne Andrea Birke, Anna Maria Kauf­mann und Käthi La Roche sprechen über die Frage der Gle­ich­stel­lung, Konkur­ren­z­denken und Macht­streben.
 
 Frau La Roche, 1999 wur­den Sie die erste Pfar­rerin am Zürcher Gross­mün­ster. War das damals etwas Beson­deres? Käthi La Roche: Ja, dur­chaus. Ich emp­fand das Amt als Ehre, hat­te aber auch grossen Respekt vor der Auf­gabe. Als Frau hat man ja oft das Gefühl, man müsse es beson­ders gut machen, damit man gegenüber den Män­nern beste­ht.Anna Maria Kauf­mann, im sel­ben Jahr wurde die erste christkatholis­che Pries­terin gewei­ht. Damals steck­ten Sie mit­ten im The­olo­gi­es­tudi­um. Anna Maria Kauf­mann: Als ich mit 35 Jahren anf­ing zu stu­ dieren, war die Diskus­sion um die Frauenor­di­na­tion bei den Christkatho­liken in vollem Gang. Mein Ziel war es, Pries­terin zu wer­den, son­st hätte ich nicht studiert. Ich war dann die zweite Frau, die in der Schweiz gewei­ht wurde.Darauf kon­nten Sie, Susanne Birke, nicht hof­fen, als Sie sich für
das The­olo­gi­es­tudi­um entsch­ieden. Wären Sie gerne römisch- katholis­che Pries­terin? Susanne Birke: Unter den jet­zi­gen Bedin­gun­gen nicht wirk­ lich. Ich möchte nicht Teil des Klerus sein. Natür­lich wäre es ein Fortschritt, wenn Frauen zum Priester­amt zuge­lassen wür­den. Doch eigentlich will ich nicht meinen Teil vom Kuchen, son­dern einen ganz anderen Kuchen. Ich wün­sche ich mir zukün­ftig eine Kirche, die den Klerikalis­mus und die feu­dalen Struk­turen hin­ter sich lässt, Seel­sor­gende und Amt­sträger, die auf Augen­höhe mit dem Kirchen­volk sind.Käthi La Roche: Ich bin Priestern begeg­net, die viel beschei­den­er sind als unsere Pas­toren. Die reformierten Kirchen sind zwar demokratisch organ­isiert, aber sehr pfar­rerzen­tri­ert. Unsere litur­gis­che Nack­theit ver­führt zur Selb­stin­sze­nierung. Ich schätze den litur­gis­chen Reich­tum ander­er Kirchen. Genau­so bere­ich­ernd finde ich, dass wir kon­fes­sionell mehrsprachig sind, jed­er sein eigenes Pro­fil hat. Bei öku­menis­chen Veran­ stal­tun­gen geht das aber oft ver­loren.Anna Maria Kauf­mann: Als kleine Kirche ist für uns Christkatho­liken der öku­menis­che Aus­tausch sehr wichtig. Ein überzeu­gen­des Mod­ell der Zusam­me­nar­beit erlebe ich in Burgdorf. Dort lädt man sich gegen­seit­ig ein. Zum Verkündi­gung­steil trägt jede der Gastkirchen etwas bei. Der Gottes­di­enst aber wird so gefeiert, wie er beim jew­eili­gen Gast­ge­ber ist.Käthi La Roche: Das ist ein guter Ansatz. Öku­menis­che Gottes­ dien­ste, vor allem auf insti­tu­tioneller Ebene, habe ich meist als kon­stru­iert erlebt. Man muss doch nicht krampfhaft zusam­men feiern, wenn man sich in wichti­gen Fra­gen nicht einig ist. Miteinan­der reden und voneinan­der ler­nen kann man auch so.Susanne Birke: Ich habe sowohl Schönes als auch Müh­sames erlebt. Doch auch in der öku­menis­chen Frauenkirchen­be­we­gung war es manch­mal nötig zu stre­it­en. Darüber zum Beispiel, wie viel Platz das Wort gegenüber Rit­ualen haben soll. Am wichtig­sten ist mir heute die innere Ver­bun­den­heit – nicht nur konfessions­, son­dern reli­gion­süber­greifend. Jemand vom Vere­in «Offene Moschee Schweiz» ste­ht mir näher als jemand von der kon­ser­v­a­tiv­en katholis­chen Volks­be­we­gung Pro Eccle­sia.Die öku­menis­che Frauenkirchen­be­we­gung set­zt sich ganz all­ge­mein für Frauen­rechte ein. Wie weit fühlen Sie sich in Ihrer Kirche den Män­nern gle­ichgestellt? Anna Maria Kauf­mann: Struk­turell sind wir gle­ichgestellt – ich kön­nte auch Bis­chöfin wer­den. In der konkreten Zusam­me­nar­beit, zum Beispiel in der Pas­toralkon­ferenz, habe ich aber doch manch­mal das Gefühl gegen Ver­hal­tensweisen ange­hen zu müssen, die ich «männlich» nenne, auch wenn sie von bei­den Geschlechtern prak­tiziert wer­den: Konkur­ren­z­denken und Macht­streben.Käthi La Roche: Das habe ich auch erlebt. Wenn ich an Sitzun­gen etwas sagte, wurde es erst richtig gehört, wenn mein Kol­lege das­selbe nochmal sagte. Ich habe ihn dann regel­recht beauf­ tragt, meinen Voten damit Gewicht zu ver­lei­hen. Solche alten Muster zu ändern, braucht einige Gen­er­a­tio­nen.Anna Maria Kauf­mann: Manch­mal habe ich den Ein­druck, dass in den Köpfen der Leute ein Urbild des Priesters als umfassende Autorität immer noch wirkt, auch wenn die Real­ität heute anders aussieht. Ein Beispiel: Die Frau aus Eritrea, die bei uns den Haus­di­enst macht, geht am Mor­gen ins Büro meines Kol­le­gen und begrüsst ihn mit «Guten Mor­gen, Herr Pfar­rer». Und dann kommt sie zu mir und sagt «Guten Mor­gen, Anna Maria». Ich bin nicht dieselbe Respek­tsper­son für sie. In dem Fall ist das wohl auch kul­turell bed­ingt.Käthi La Roche: Die schein­bare Respek­t­losigkeit geht ein­her mit ein­er Nähe, die für uns Frauen auch ein gross­er Vorteil ist, vor allem in der Seel­sorge. Um auf die Frage der Gle­ich­stel­lung zurück­zukom­men: In der reformierten Kirche sind Frauen in jed­er Hin­sicht gle­ichgestellt. Und doch haben sie nicht das­selbe Gewicht. Das kann man nicht der Kirche anlas­ten. Es ist ein gesamt­ge­sellschaftlich­es Phänomen, das sich so schnell nicht ändern lässt. Män­ner prof­i­tieren zum Beispiel immer noch von tra­di­tionellen Net­zw­erken wie dem Mil­itär oder den Zün­ften.Susanne Birke: In mein­er Arbeit mit Schw­er­punkt Frauen und Gen­der habe ich bei­des erfahren – viel Unter­stützung, aber auch ziem­liche Wider­stände. Bei­des von bei­den Geschlechtern, wenn auch nicht zu gle­ichen Teilen. Erst kür­zlich erlebte ich Män­ner­bün­delei bei der Grün­dung des glob­alen Net­zw­erks der Regen­bo­genkatho­likin­nen und katho­liken. Da wur­den die regionalen Vor­stand­sposten im Voraus unter den Män­ nern verteilt. Für die Frauen waren zunächst nur Vorstand­ posten mit Spezialauf­gaben vorge­se­hen. Nun gibt es aber eine Co­Präsidentin.La Roche: Als ich im Gym­na­si­um Reli­gion­sun­ter­richt gab, inter­essierten Gen­der­fra­gen die jun­gen Frauen über­haupt nicht. Sie hat­ten das Gefühl, alles sei erre­icht. Ich fürchte, das ist eine Illu­sion. 
Marie-Christine Andres Schürch
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