Wer nicht fragt, der nicht gewinnt

Wer nicht fragt, der nicht gewinnt

Beim ersten Lesen scheint es ein­fach: «Die Kirchenpflege ist das lei­t­ende und vol­lziehende Organ der Kirchge­meinde und wird von dieser gewählt.» Doch nicht alles was ein­fach scheint, ist es auch. Kirchge­mein­den haben es zunehmend schw­er, Inter­essierte zu find­en. Das spiegelt ein­er­seits einen gesamt­ge­sellschaftlichen Trend wider. Jed­er Dor­fvere­in und sog­ar Gemein­deräte haben das Prob­lem. Ander­er­seits schöpfen Kirchenpfle­gen und Kirchge­mein­den oft nicht alle Möglichkeit­en bei der Kan­di­daten­suche aus. Dabei gibt es einen ein­fachen Weg, wie das Beispiel Fis­chbach-Gös­likon zeigt. «Gegen­wär­tig erhalte ich viele Anfra­gen von Kirchge­mein­den zu den Gesamterneuerungswahlen. Neben Ver­fahrens­fra­gen geht es oft auch um die Suche nach neuen Kirchenpflegern», sagt Mar­cel Not­ter, Gen­er­alsekretär der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche Aar­gau. Er fügt an: «Viele Kirchge­mein­den kön­nen ihre Behör­den gut beset­zen. Bei eini­gen braucht es etwas mehr, und bei etwa vier Kirchge­mein­den gestal­tet sich die Suche schwierig». Selb­st wenn ein Gesamtrück­tritt keine drama­tis­chen Gründe hat: Es reicht, wenn er passiert; wenn eine Kirchge­meinde plöt­zlich vor der Frage ste­ht, woher sie Kan­di­dat­en nehmen soll.

Kreative Suche

So geschehen in der Pfar­rei Maria Him­melfahrt, Fis­chbach-Gös­likon. «Ein Kirchenpfleger sagte von Beginn an, er ste­he nur für vier Jahre zur Ver­fü­gung. Ein ander­er wurde in den Gemein­der­at gewählt. Eine weit­ere Per­son set­zte uns frühzeit­ig von ihrer ‚Züglete‘ in Ken­nt­nis», erk­lärt Markus Leuteneg­ger, Seel­sorg­er in Nieder­wil und Fis­chbach-Gös­likon, die dro­hende Total­vakanz. Nach der Kirchge­mein­de­v­er­samm­lung im Novem­ber 2013 ist klar: Kan­di­dat­en müssen her. Die Suche gestal­tet sich inten­siv: Leute ansprechen, Flug­blät­ter verteilen, eine Abend­ver­anstal­tung aus­richt­en – nichts führt zum Erfolg. Auch der Aufruf nach einem besuch­er­starken Erstkom­mu­nion­gottes­di­enst fruchtet nicht. Irgend­wann weist  Markus Leuteneg­ger nach grösseren Gottes­di­en­sten darauf hin, dass die Kirchge­meinde fremd­ver­wal­tet wer­den muss, wenn sich keine Kan­di­dat­en find­en.

Normaler Betrieb

Fremd­ver­wal­tung heisst, es wird ein Sach­wal­ter einge­set­zt. Wie in Bel­likon. Dort trat­en Kirchenpflege und Finanzkom­mis­sion gle­ichzeit­ig zurück. Der Kirchen­rat bes­timmte daraufhin Han­sueli Her­zog als Sach­wal­ter. Er ist nun dazu verpflichtet, über­gangsweise die Geschäfte der Kirchenpflege zu führen. Das heisst: Die Anweisung von Rech­nun­gen, den Vol­lzug des Bud­gets, Per­son­al­fra­gen und –entschei­de, die Bestä­ti­gung von Kirchenaus­trit­ten. Han­sueli Her­zog ver­tritt die Kirchenpflege im entste­hen­den Pas­toral­raum. Er ver­sucht den Nor­mal­be­trieb der Kirchge­meinde aufrechtzuer­hal­ten. Neben­bei sucht er eine neue Kirchenpflege. Gemein­deleit­er, Pfar­reisekre­tari­at, Sakris­tan, Finanzver­wal­ter und Andere unter­stützen ihren Sach­wal­ter. Han­sueli Her­zog ist erfahren und er ist zuver­sichtlich: «Bis jet­zt ist es immer gelun­gen, die Gremien neu zu bestellen.»

Im besten Fall braucht es keine Hilfe

Wie in Fis­chbach-Gös­likon. Dort gelang der Durch­bruch mit Hil­fe «von aussen». Die Kirchenpflegepräsi­dentin fragte die Lan­deskirche um Rat. Kurt Adler von Bil­dung Mobil kam, hörte zu und machte Mut. «Er ermunterte uns, in Grup­pen und Vere­inen zu schauen und nochmals zu über­legen, wen wir anfra­gen kön­nten. Und tat­säch­lich fie­len uns Leute ein, auch Junge, die wir noch nicht ange­sprochen hat­ten. So kon­nten wir pünk­tlich aus­re­ichend Kan­di­dat­en auf­stellen – mit einem Alterss­chnitt von 32.4 Jahren», zeigt sich Markus Leuteneg­ger sehr zufrieden. Dass man Coach­ing bekom­men könne, sei ihm nicht bewusst gewe­sen. Natür­lich ist eine Beratung von aussen nicht immer nötig. Im besten Fall braucht es gar keine Hil­fe. Im Nor­mal­fall hil­ft vielle­icht ein Blick ins Strate­giepa­pi­er «Wahlvor­bere­itung Kirchenpflege» der Lan­deskirche. Dieses enthält gute Ideen und gibt wertvolle Hin­weise. Die Rück­mel­dun­gen auf das Papi­er seien gut, erk­lärt Mar­cel Not­ter. Für Spezialfälle weist das Papi­er auch auf das Ange­bot zur Beratung hin. Es kön­nen Fach­per­so­n­en beige­zo­gen wer­den; wer fragt, bekommt Hil­fe.

Mutiger Ruf

Kurt Adler wün­scht sich angesichts solch­er Fälle zweier­lei: «Es ist wichtig, dass sich Kirchenpfle­gen bewusst machen, dass eine ‚rol­lende Pla­nung‘ bei Per­son­al­wech­seln die Frage nach der Total­vakanz entschärft.» Ist frühzeit­ig bekan­nt, dass mehrere Kirchenpfleger aufhören, kann sin­nvoll geplant wer­den: Müssen wirk­lich alle gle­ichzeit­ig zurück­treten, oder ist eine Staffelung möglich? Das zweite: «Die Kirch­pfle­gen sollen rechtzeit­ig und mutig bei der Lan­deskirche nach einem Berater fra­gen. Das ist kein Zeichen von Schwäche – eher von Voraus­sicht und guter Pla­nung. Es nimmt Zeit­druck und das ist wertvoll», betont Kurt Adler.

Gesamterneuerungswahlen

Im Kan­ton Aar­gau wer­den im Herb­st 2014 die Behör­den der 96 Kirchge­mein­den für die Amts­dauer 2014 bis 2018 gewählt. In der Kirchge­meinde ist die Kirchenpflege das Exeku­tivor­gan. Sie ist das öffentlich-rechtliche Gremi­um der römisch-katholis­chen Kirche auf Gemein­deebene. Die demokratisch gewählte Kirchenpflege schafft die äusseren Voraus­set­zun­gen zur Ent­fal­tung des kirch­lichen Lebens. Mit der Beteili­gung an den Wahlen haben die Mit­glieder der Kirchge­mein­den die Möglichkeit, Ein­fluss auf ver­schiedene Bere­iche des kirch­lichen Lebens vor Ort zu nehmen. Stimm- und wahlberechtigt sind alle römisch-katholis­chen Per­so­n­en im Kan­ton Aar­gau, die das 16. Alter­s­jahr zurück­gelegt haben und min­destens über eine Nieder­las­sungs- oder Jahre­saufen­thalts­be­wil­li­gung ver­fü­gen.
Anne Burgmer
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