Sternsingen ist lebendiges Kulturerbe
Die Sternsingerinnen und Sternsinger der Pfarrei St. Anton in Basel-Stadt freuen sich auf ihre Reise nach Rom vom 28. Dezember bis 2. Januar.
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Sternsingen ist lebendiges Kulturerbe

Rund um den Dreikönigstag am 6. Januar bringen die Sternsingerkinder den Segen von Haus zu Haus

Der Brauch des Sternsingens gehört zum immateriellen Kulturerbe. Doch auch Brauchtum muss sich wandeln, um im Hier und Jetzt bestehen zu können.


«Unsere Reli­gion hat einen Gott, der Kind ist», sagt Alois Metz. Diese Chance gelte es zu nutzen, den Men­schen den Brauch des Sternsin­gens wieder näher zu brin­gen: «Zum Beispiel kön­nte man die Wei­h­nacht­spredigt in der Pfar­rei nutzen, um Wer­bung für die Sternsinger zu machen», find­et der The­ologe und Mitar­beit­er der Fach­stelle Bil­dung und Prop­stei. Beim Sternsin­gen ste­hen näm­lich die Kinder im Mit­telpunkt: Sie üben Lieder und Sprüche und ziehen dann, verklei­det als Könige oder Stern­träger, von Haus zu Haus, um Gottes Segen zu brin­gen und Geld zu sam­meln. Dieses Jahr sam­meln die Sternsinger für Kinder in Kenia und in Kolumbi­en. Kinder und Begleit­per­so­n­en investieren über die Fest­tage, an freien Aben­den oder Woch­enen­den viel Zeit und Energie ins Sternsin­gen.

Die Kinder wissen, wofür sie sammeln

Ende Novem­ber fand im Bil­dung­shaus der Aar­gauer Lan­deskirche, der Prop­stei in Wis­likofen, das Sternsinger­fo­rum statt. Aus ver­schiede­nen Kan­to­nen waren die Teil­nehmenden angereist, um sich über den Brauch des Sternsin­gens auszu­tauschen, sich auf die Aktion Sternsin­gen 2025 vorzu­bere­it­en und Neues zu ler­nen. Sie alle sind in ihren Pfar­reien zuständig fürs Sternsin­gen, üben mit den Kindern die Lieder, nehmen Anmel­dun­gen von Fam­i­lien ent­ge­gen, pla­nen die Touren, pfle­gen die Gewän­der und verpfle­gen die Kinder während ihren Ein­sätzen.

Den Auf­takt in Wis­likofen machen die Sternsingerkinder von Schneisin­gen in der Prop­steikirche. Nach ihrem Auftritt beant­worten die zwei Mäd­chen und drei Buben die Fra­gen des Mod­er­a­tors. Sie wis­sen Bescheid, wofür sie im Jan­u­ar Geld sam­meln: «Es ist nicht gerecht, dass Kinder weniger Rechte und Chan­cen haben als ich, nur weil sie in einem anderen Land geboren wur­den», erk­lärt eine der König­in­nen. Und ein­er der Stern­träger fügt an: «Wir sam­meln für Kinder in Kenia und in Kolumbi­en, damit sie auch in die Schule gehen kön­nen.»

In der Schweiz ist das Sternsin­gen auf der Liste der lebendi­gen Tra­di­tio­nen des Bun­de­samtes für Kul­tur und gehört somit zum ­imma­teriellen Kul­turerbe. Das bedeutet, dass Wis­sen, ­Prak­tiken und Aus­drucks­for­men inner­halb ein­er Gemein­schaft weit­ergegeben, mündlich über­liefert wer­den. Das imma­terielle Kul­turerbe schenkt den Men­schen ein Gefühl von Bedeu­tung, Iden­tität und Zuge­hörigkeit und steigert die Leben­squal­ität.

Königinnen statt Könige

Doch auch altes Kul­turerbe muss sich verän­dern, um zu beste­hen. Heute sieht sich das tra­di­tionelle Sternsin­gen mit neuen Her­aus­forderun­gen kon­fron­tiert. Beim Auf­takt in der Prop­steikirche in Wis­likofen wird das rasch klar, denn zwei der drei Könige wären eigentlich König­in­nen. Wie geht man mit der patri­ar­chalen Tra­di­tion um? Und wie mit der Tat­sache, dass ein­er der Könige tra­di­tionell schwarz ange­malt wird?

Die erfahre­nen Lei­t­erin­nen sind dur­chaus dafür, einzelne Ele­mente der Tra­di­tion zu ­hin­ter­fra­gen. So wird in den meis­ten Pfar­reien kein König extra schwarz geschminkt. «Wir haben sowieso Kinder aus ver­schiede­nen Kul­turen, die beim Sternsin­gen mit­machen,» erk­lärt eine Work­shopteil­nehmerin.

Punktuell Neues versuchen

Schw­er­er tun sich die Teil­nehmerin­nen mit der Frage nach dem Geschlecht der Könige oder eben König­in­nen. Sie wollen das Sternsin­gen nicht über­fracht­en und zum Schau­platz ein­er Gen­derde­bat­te machen. Den­noch ermuntert Alois Metz die Ver­ant­wortlichen, die Tra­di­tion in diesem Punkt zu hin­ter­fra­gen und vielle­icht punk­tuell Neues zu ver­suchen: «Vielle­icht will ein Mäd­chen nicht Balthasar heis­sen? Kön­nte es sich vielle­icht einen eige­nen König­in­nen­na­men zule­gen?», regt er an. «Imma­terielles Erbe muss sich immer mit dem Hier und Heute auseinan­der­set­zen, son­st stirbt es,» gibt Alois Metz zu bedenken.

Sternsingerkinder reisen nach Rom

Die Freude an der Gemein­schaft und der Sinn für Sol­i­dar­ität hal­ten das Sternsin­gen in vie­len Pfar­reien lebendig. So auch in den Pfar­reien St. Anton, Aller­heili­gen und St. Marien in der Stadt Basel. Die Sternsinger­gruppe ist in den let­zten Jahren zwar deut­lich klein­er gewor­den, so dass der Besuch bei einzel­nen Fam­i­lien nicht mehr drin­liegt. In einem Aussendungs- und einem Emp­fangs­gottes­di­enst kön­nen die Leute aber den Segen der Sternsinger emp­fan­gen. Dazwis­chen besuchen die Kinder und ihre Beglei­t­erin­nen rund um den Dreikönigstag zehn bis zwölf Alter­sheime.

Dieses Jahr wartet auf die Basler Sternsinger ein beson­deres Erleb­nis. Vier von ihnen ­pack­en Kleid und Kro­ne ein und steigen in den Zug nach Rom. Von Mis­sio bekam die Sternsinger­be­treuerin Pia Don­gio­van­ni die Anfrage, ob sie den Jahreswech­sel mit einem Grüp­pchen in Rom ver­brin­gen wolle. Dort tre­f­fen sich jedes Jahr Del­e­ga­tio­nen aus Deutsch­land, der Slowakei, Ungarn, Öster­re­ich, Ital­ien und der Schweiz. Zwei Mäd­chen und zwei Buben reisen zusam­men mit Pia Don­gio­van­ni als Sternsinger in die Ewige Stadt. Don­gio­van­ni freut sich, dass auch die Eltern, Geschwis­ter und sog­ar einige Grossel­tern der vier Sternsinger das Vorhaben unter­stützen und mit nach Rom fahren. Ein Besuch bei der Schweiz­er­garde sowie in der Schweiz­er Botschaft ste­hen auf dem Pro­gramm, vielle­icht auch noch ein Tre­f­fen mit Kar­di­nal Kurt Koch. Und als Höhep­unkt die Neu­jahrs­feier mit Papst Franziskus im Peters­dom. Diese wird die Basler Del­e­ga­tion aus der ersten Rei­he mit­feiern kön­nen.

Aktion Sternsin­gen

Sternsin­gen zählt zum Kul­turerbe

Aktion Sternsin­gen

Die Aktion Sternsin­gen in der Schweiz ist eine vom katholis­chen Hil­f­swerk Mis­sio koor­dinierte Sol­i­dar­ität­sak­tion von Kindern für Kinder. Sternsin­gen ist ein inter­na­tion­al ver­bre­it­etes Brauch­tum und von der Unesco als imma­terielles Kul­turerbe anerkan­nt. www.missio.ch  / www.lebendige-traditionen.ch

Sternsinger in Rom

Die Sternsingerkinder aus der ­Pfar­rei St. Anton in Basel weilen vom 28. Dezem­ber bis am 2. Jan­u­ar in Rom. Sie wer­den auf dieser Web­seite laufend über ihre Erleb­nisse bericht­en.

Nichts kann den Segen aufhalten - Lichtblick Römisch-katholisches Pfarrblatt der Nordwestschweiz
Eine Sternsinger­gruppe aus der Schweiz im Jahr 2022 auf dem Weg zur Kup­pel des Peters­doms im Vatikan. © zvg
Marie-Christine Andres Schürch
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