Von Judasohren und Teufelsangeln

Von Judasohren und Teufelsangeln

Von Judasohren und Teufelsangeln

Die Bibel als Namensgeberin für Flora und Fauna

Viele Tier- und Pflanzenarten tra­gen Namen, die in einem Zusam­men­hang mit der Bibel ste­hen. Wie kam es eigentlich dazu? Und um welche Lebe­we­sen geht es da?Für gläu­bige Men­schen sind alle Lebe­we­sen auf der Erde Geschöpfe Gottes. Da darf kaum erstaunen, dass viele Tiere und Pflanzen auch Namen mit Bezug zum Chris­ten­tum tra­gen. Oft ist dieser Bezug unauf­fäl­lig. Wer denkt beim Essen ein­er Johan­nis­beere schon an den Täufer? Wer denkt an die Jungfrau, wenn ein Marienkäfer vor einem lan­det? In anderen Fällen ist die Beziehung zwis­chen Namen und Reli­gion aber unverkennbar: Den sich auf­drän­gen­den Assozi­a­tio­nen des Namens «Juda­sohren» etwa kann man sich kaum entziehen.

Benediktiner waren Naturforscher

Die Beziehung von Natur und Reli­gion sind vielfältig und uralt. «Schon im Ursprung des Chris­ten­tums spiel­ten Natur­na­men eine wichtige Rolle», sagt Dieter Kremp. «In der Bibel find­en viele Pflanzen Erwäh­nung.» Der pen­sion­ierte Biolo­gielehrer hat dem Phänomen ein ganzes Buch mit dem Titel «Christliche Pflanzen­na­men» gewid­met. «Viele der heute noch gülti­gen Pflanzen­na­men sind direkt auf diese Bibel­er­wäh­nun­gen zurück­zuführen», sagt er. Oder ander­sherum: Die Pflanzen wur­den erst­mals in der Bibel schriftlich genan­nt, und die dor­tige Beze­ich­nung hielt sich. Eine weit­ere Ursache für die vie­len Bezüge zum Chris­ten­tum nen­nt Anette Lukesch in ihrem Buch «Pflanzen­welt und Chris­ten­tum»: Die ersten Europäer, die sich aus­führlich und sys­tem­a­tisch mit der Pflanzen­welt auseinan­der­set­zten, waren Benedik­tin­er­mönche. «Die Pflanzen­büch­er des Mit­te­lal­ters waren natur­wis­senschaftliche Beschrei­bung und religiöse Erbau­ung zugle­ich», so Annette Lukesch. «Es wurde sehr sym­bol­isierend mit den Pflanzen umge­gan­gen.» So ent­standen Namen mit the­ol­o­gis­ch­er Hin­ter­grundthe­o­rie. Diese ver­bre­it­eten sich in der Bevölkerung und hal­ten sich zum Teil, wie etwa im Fall des Johan­niskrauts, bis heute.

Sieht aus wie ein Silberling!

Oft führten aber auch pro­fane Äusser­lichkeit­en dazu, dass der Volksmund christlich geprägte Namen wählte. Etwa bei der Kreuzspinne, die ein Kreuz auf dem Rück­en trägt, oder beim Judas­sil­ber­ling, einem Kreuzblütler, dessen Samen­schötchen an sil­brige Geld­stücke erin­nern. «Unsere europäis­che Kul­tur ist seit 2000 Jahren christlich geprägt», sagt Anette Lukesch. Es über­rasche daher nicht, dass viele Sym­bole der Reli­gion in der Natur wieder­erkan­nt wur­den. Es über­rascht aber eben­falls nicht, dass mit der zunehmenden Säku­lar­isierung der Gesellschaft viele dieser Verbindun­gen in Vergessen­heit ger­at­en sind. Die Namen aber bleiben, und sie erzählen oft span­nende Geschicht­en.Erik Brühlmann und Mar­ius Leuteneg­ger
Redaktion Lichtblick
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