«The­re are no athe­ists in a foxhole»

  • In unre­gel­mäs­si­gen Abstän­den por­trä­tiert Hori­zon­te Prie­ster und Dia­ko­ne im Aar­gau. In die­ser Fol­ge den Mis­si­ons­prie­ster Uche God­win Ihe­ke, der im Pasto­ral­raum Brem­gar­ten-Reus­s­tal ganz frisch sei­nen Dienst ange­tre­ten hat.
  • Der US-Bür­ger mit afri­ka­ni­schen Wur­zeln war Seel­sor­ger in der US-Army im Irak. Für Hori­zon­te erin­nert sich Uche God­win Ihe­ke und sagt: «Im Ange­sicht des Todes gibt es nie­man­den, der nicht doch an eine höhe­re Macht glaubt.»
 Zwei­mal ringt Uche Ihe­ke im Gespräch um Wor­te. Zunächst, als es um die Fra­ge nach den Unter­schie­den zwi­schen Kana­da und der Schweiz geht, dann, als er von sei­nen Ein­sät­zen als Armee-Seel­sor­ger in den Kriegs­ge­bie­ten in Kuwait und Irak erzäh­len will. In bei­den Momen­ten ver­rät der 47-Jäh­ri­ge viel über das, was ihn antreibt: ein offe­nes Herz für die Men­schen.Für die Schu­le zum Katho­li­zis­mus konvertiert«Natür­lich hat­te ich 1999 bestimm­te Vor­stel­lun­gen, als mich mein Ordens­obe­rer von Nige­ria nach Kana­da schick­te. Schnee zum Bei­spiel, das kann­te ich nicht. Die Kul­tu­ren in ver­schie­de­nen Län­dern unter­schei­den sich. Doch letzt­lich geht es um die Men­schen», sagt Uche Ihe­ke. Ihnen will der Mis­si­ons­prie­ster die­nen: «Ich will am Reich Got­tes bau­en. Und das kann ich nicht allei­ne, son­dern nur mit den Men­schen gemein­sam». 1971 wur­de Uche God­win Ihe­ke in Nige­ria gebo­ren und wuchs als Älte­stes von vier Kin­dern auf. Sei­ne Eltern sind Leh­rer. «Als es dann dar­um ging, wel­che Schu­le ich besu­chen soll, wur­de ein nahe gele­ge­nes Inter­nat emp­foh­len. Doch für die­se Schu­le muss­te man katho­lisch sein, da die Schü­ler von dort oft in die Aus­bil­dung zum Prie­ster gin­gen. Ich bin evan­ge­lisch getauft und kon­ver­tier­te. Ich hät­te nach der Schu­le wie­der evan­ge­lisch wer­den kön­nen. Doch der Schul­lei­ter über­zeug­te mich und ich blieb katho­lisch», erin­nert sich Uche Ihe­ke.Deal mit kana­di­schen Jugendlichen Mit 17, im Prin­zip unfass­bar früh, trat Uche Ihe­ke in den Orden der Söh­ne Mari­ens, Mut­ter der Barm­her­zig­keit (SMMM nach dem eng­li­schen Ordens­na­men), einen Mis­si­ons­or­den ein. Doch erst nach vier Jah­ren Ordens­le­ben ent­schied er sich 1992 zum Theo­lo­gie­stu­di­um. Sei­ne Prie­ster­wei­he emp­fing er 1998, ein Jahr, bevor er in Kana­da Schnee sehen und sich mutig auf Ski­er stel­len wür­de. «Ich mach­te Jun­gend­ar­beit. Die Jugend­li­chen und ich hat­ten eine Tausch­ver­ein­ba­rung: ‚Ich gehe mit euch mit zu dem, was euch wich­tig ist. Ski­fah­ren und Schlitt­schuh­lau­fen. Das könn­te gefähr­lich wer­den für mich. Ihr besucht mich dafür mal bei mei­ner Auf­ga­be‘», beschreibt Uche Ihe­ke den Deal mit den kana­di­schen Jugend­li­chen und lacht bei der Erin­ne­rung dar­an.Von Land zu Land geschicktWohin einer der rund 150 Mis­si­ons­prie­ster der SMMM-Kon­gre­ga­ti­on geschickt wird, hängt davon ab, wel­che Diö­ze­sen welt­weit Bedarf nach Prie­stern haben. Die Lei­tung der Diö­ze­se fra­ge beim Ordens­obe­ren an. Der prü­fe, wel­chen sei­ner Prie­ster er für ein Land für geeig­net hält. Für eini­ge Jah­re bleibt der Mis­sio­nar dann im Land – wie lan­ge, das hängt auch mit der jewei­li­gen natio­na­len Gesetz­ge­bung zusam­men. Nach Kana­da war Uche Ihe­ke von 2003 bis 2007 in Deutsch­land, danach für elf Jah­re als Mili­tär­seel­sor­ger in den USA im Ein­satz; er hat die US-ame­ri­ka­ni­sche Staats­bür­ger­schaft. «Mein Ordens­obe­rer hat­te mich schon vor eini­gen Jah­ren gebe­ten in die Schweiz zu gehen, doch im Gespräch konn­te ich ihm deut­lich machen, dass mei­ne Auf­ga­be als Seel­sor­ger in der US-Armee noch nicht been­det ist», erzählt Uche Ihe­ke.Vor dem Ein­satz ver­sam­meln sich die Sol­da­ten um den Priester Die Fra­ge nach sei­ner Arbeit im Kriegs­ge­biet lässt Uche Ihe­ke minu­ten­lang ver­stum­men; ab und zu sagt er lei­se „oh my god“. Als er sich wie­der gefasst hat, sagt er: «The­re are no athe­ists in a fox­ho­le». Das heisst so viel wie: Wenn es hart auf hart geht, ver­sam­meln sich die Sol­da­ten kurz vor dem Ein­satz um den Prie­ster; es gebe kei­nen, der im Ange­sicht des Todes nicht doch an eine höhe­re Macht glau­be. «Das Uner­träg­lich­ste war das War­ten auf ihre Rück­kehr. Ich habe jedes Mal Glück gehabt und alle kamen von den Ein­sät­zen lebend wie­der», sagt der Prie­ster mit nach­denk­li­cher Stim­me. Ob er in sol­chen Momen­ten an Gott gezwei­felt habe? «Nein, an Gott nicht. Wenn etwas Schlim­mes – zum Bei­spiel der Selbst­mord eines sehr jun­gen Sol­da­ten – gesche­hen ist, habe ich vor allem mich sel­ber gefragt, ob ich etwas über­se­hen habe», ant­wor­tet Uche Ihe­ke.Wunsch nach FeedbackUche Ihe­ke weiss, dass er in der Schweiz und in Brem­gar­ten erst ein­mal ankom­men muss: In einer ganz ande­ren Umge­bung, einer ande­ren Kul­tur, einer ande­ren Auf­ga­be, einer ganz ande­ren Alters­ver­tei­lung der Kir­chen­mit­glie­der und mit dem dua­len System in einer grund­sätz­lich ande­ren kirch­li­chen Struk­tur. «Mir ist wich­tig, dass ich die Men­schen ken­nen­ler­ne und sie mich. Denn für sie bin ich da und um gemein­sam mit ihnen am Reich Got­tes zu bau­en», sagt der Prie­ster und ergänzt: «Ich wün­sche mir, dass die Men­schen mir sagen, wenn ich etwas anders oder bes­ser machen kann. Fair gege­be­nes Feed­back ist wert­voll. Ich bemü­he mich zum Bei­spiel deut­lich zu spre­chen, doch mein Deutsch kann noch bes­ser wer­den». Uche Ihe­ke lacht, als er nach einem Hob­by gefragt wird: «Ich lie­be das Aben­teu­er». Eine wert­vol­le Vor­aus­set­zung für einen Mis­si­ons­prie­ster, der von Land zu Land geschickt wird. 
Anne Burgmer
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