Spätantike Tradition und Moderne Kunst

Spätantike Tradition und Moderne Kunst

Spätantike Tradition und Moderne Kunst

Zwei Welten in der römisch-katholischen Kirche Oberwil

Das Pro­jekt theos «Theolo­gisch bedeut­same Orte der Schweiz» verbindet mit den sogen­nan­ten theos-Beiträ­gen zu spez­i­fis­chen Orten die Vielfalt der Per­spek­tiv­en auf die religiöse Land­schaft der Schweiz. Der ganze Beitrag zur römisch-katholis­chen Kirche St. Peter und Paul in Oberwil wurde im Feb­ru­ar 2023 auf www.theos.unibe.ch pub­liziert.Gestal­tet wurde die Kirche in Ober­wil vom weltweit bekan­nten Kün­stler Hans Arp (1886–1966). Seine Werke sind in den wichtig­sten Kun­st­museen rund um den Globus vom Cen­tre Pom­pi­dou in Paris bis zum MoMa in New York vertreten. Arp gilt als ein­er der Begrün­der der Kun­st­form Dada, die 1916 als kün­st­lerische und lit­er­arische Bewe­gung in Zürich gegrün­det wurde. Arp beze­ich­net sie als einen «Protest gegen die Ratio­nal­isierung des Men­schen.» Der Kün­stler, der sich in den 1940er-Jahren dem römisch-katholis­chen Glauben zuwandte, stiess mit seinem Kun­stschaf­fen in dieser Zeit jedoch nur bei weni­gen Kirchenoberen auf Ver­ständ­nis. In Ober­wil ver­hielt sich dies anders, was auch mit sein­er Bekan­ntschaft zum Architek­ten Hans Peter Baur (1922—2017) zusam­men­hän­gen mag, der mit der Ren­o­va­tion der Kirche in Ober­wil beauf­tragt wurde.Betritt man die Kirche, erre­icht man – am Seit­en­schiff ent­lang gehend – den einzi­gar­ti­gen Tauf­brun­nen. Er ist aus Solothurn­er Kalk­stein gefer­tigt und fasziniert durch seine gerun­dete For­men­sprache. Aus einem kleinen kanti­gen Fels­brock­en entspringt fliessendes Wass­er. Links davon ste­ht der mas­siv gebaute Ambo, der sich aus einem markan­ten Stück Eichen­holz und zwei der Buch­form angepassten Kalk­stein­quadern formt. Vor dem Ambo ist eine Intar­sie mit ein­er den Heili­gen Geist sym­bol­isieren­den Taube ein­ge­lassen. Rechts neben dem Altar, der von zwei Kalk­stein­wän­den getra­gen wird, befind­et sich auf einem Sock­el der Taber­nakel. Er wird von weit­eren Stein­in­tar­sien ger­ahmt. Die Kunst­werke heben den litur­gis­chen Raum entschei­dend von anderen Kirchen­räu­men aus jen­er Zeit in der Schweiz ab und lassen ihn zeit­los erscheinen.Die Men­schen in Ober­wil haben schon gegen Anfang des 7. Jahrhun­derts das erste Gotte­shaus auf dem heuti­gen Kirch­hügel errichtet. Anlässlich der Innen­ren­o­va­tion der Kirche von 1964/65 wurde eine wis­senschaftliche Grabung durchge­führt, die vor allem archäol­o­gis­che Zeug­nisse aus dieser Zeit her­vor­brachte. Die ältesten Anla­gen, die sich unter dem Kirchen­schiff und dem Chor befind­en, sind zugänglich und unter Denkmalschutz gestellt. Ein Aus­druck des Ein­tauchens in die Tra­di­tion dieses beson­deren Ortes sind die monatlich abge­hal­te­nen Gottes­di­en­ste in der öffentlich zugänglichen Aus­grabungsstätte.Die zeit­lose Kon­ti­nu­ität kommt durch die Aus­gestal­tung des Kirchen­raumes von Hans Arp zum Aus­druck, der sich in sein­er schlicht­en For­men­sprache auf die wesentlichen und die litur­gis­chen Tra­di­tio­nen tra­gende Zeichen­sprache bezieht.Jonas Engel­er
Leonie Wollensack
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