Bettagsmandat 2018

  • Der Regierungsrat und die drei Lan­deskirchen des Kan­tons Aar­gau geben abwech­sel­nd jedes Jahr zum Eid­genös­sis­chen Dank‑, Buss- und Bet­tag einen Aufruf an die Aar­gauer Bevölkerung her­aus.
  • In diesem Jahr wird der Text des Bet­tags­man­dats von den drei Aar­gauer Lan­deskirchen ver­ant­wortet. Sie appel­lieren in diesem Jahr an die Ver­lässlichkeit.
In jed­er Kirche wird im Gottes­di­enst mehrmals das Wort «Amen» an promi­nen­ter Stelle gesprochen. «Amen» bedeutet Zus­tim­mung von ganzem Herzen: «Ja, genau: So ist es!», mehr noch: «So soll es sein». Für glaubende Men­schen bedeutet es auch: «Gott hält, was er ver­spricht. Gott ist treu, auf ihn ist Ver­lass.»

Alles in manipulierbar.…

So sich­er wie das «Amen» in der Kirche» sind nicht viele Dinge in unserem Leben. Schon gar nicht einzelne Berichte, Tonaufze­ich­nun­gen oder Videos, die im Inter­net kur­sieren. Ganz im Gegen­teil: Alles ist manip­ulier­bar. Mei­n­un­gen wer­den als Fak­ten aus­gegeben und Fak­ten als blosse Mei­n­un­gen verunglimpft. Unter dem Titel der Mei­n­ungs­frei­heit wer­den oft Unwahrheit­en ver­bre­it­et. Was ist Lüge, und was ist Wahrheit? Die Beant­wor­tung dieser Frage ist im Zeital­ter von Social Media und Inter­net nicht ein­fach­er gewor­den.Als Bürg­erin­nen und Bürg­er und als Mit­glieder ver­schieden­ster Gemein­schaften sind wir darauf angewiesen, dass Infor­ma­tio­nen, die wir zur Mei­n­ungs­bil­dung brauchen, ver­lässlich sind. Nicht nur das, auch die Wer­te­ba­sis ein­er Gemein­schaft von Men­schen sollte grund­sät­zlich tragfähig sein. Man muss zwar nicht immer und zu allem «Ja und Amen» sagen kön­nen. Aber in ein­er Part­ner­schaft oder in ein­er Fam­i­lie zum Beispiel soll­ten alle Beteiligten unge­fähr die gle­ichen Vorstel­lun­gen eines gelin­gen­den Zusam­men­lebens haben. Und auf das, was wir zueinan­der und übere­inan­der sagen, sollte Ver­lass sein. Das trifft auch auf unser Land, unseren Kan­ton, unsere Gemein­den und auf unsere Kirchen und Reli­gion­s­ge­mein­schaften zu.

…gerade darum brauchen wir Verlässlichkeit

Die Werte ein­er offe­nen und frei­heitlichen Gesellschaft sind für uns grundle­gend. Auf sie sollte Ver­lass sein. Sie soll­ten nicht als «Fake News» oder als disku­tier­bare Mei­n­un­gen abge­tan wer­den. Zu diesen Werten gehört nicht zulet­zt die Reli­gions­frei­heit; also die freie Entschei­dung, ob man zu ein­er Reli­gion­s­ge­mein­schaft gehören will oder nicht. Da sind auch die Werte der Demokratie und des Rechtsstaats, der Schutz der Men­schen­würde und der Men­schen­rechte: alle Men­schen – unab­hängig von Herkun­ft, Geschlecht, sex­ueller Ori­en­tierung, Haut­farbe, Alter, Reli­gion – haben Anrecht auf den Schutz ihrer indi­vidu­ellen Rechte.Obwohl diese Werte durch Ver­fas­sung und Geset­ze geschützt sind, sind sie alles andere als selb­stver­ständlich. Und in ein­er Zeit, in der gar welt­poli­tis­che Entschei­dun­gen wie per­sön­liche Mei­n­ungsäusserun­gen schnellschnell über Twit­ter ver­bre­it­et wer­den, da wird unklar, worauf man sich noch ver­lassen kann. Wenn einzelne Men­schen auf Social Media plöt­zlich am Pranger ste­hen, wenn Min­der­heit­en unter Pauschalver­dacht gestellt wer­den, wenn schutz­suchende Men­schen auf wack­li­gen Booten vor der Küste abgewiesen wer­den, dann sind die Werte, die unsere Gesellschaft zusam­men­hal­ten, in Gefahr.

Verlässlichkeit fängt bei jedem einzelnen an

Der Eid­genös­sis­che Dank‑, Buss- und Bet­tag gibt uns Gele­gen­heit, uns auf das zu besin­nen, was in unser­er vielfälti­gen Gesellschaft ver­lässlich sein und Zusam­men­halt stiften soll. Jesus mah­nte seine Zuhörerin­nen und Zuhör­er in der Berg­predigt: «Euer Ja sei ein Ja, und euer Nein sei ein Nein». Ver­lässlichkeit fängt beim einzel­nen Men­schen an: Bei Men­schen, die meinen und auch tun, was sie sagen. Bei Men­schen, die anderen Men­schen die gle­ichen Werte zugeste­hen, die sie für sich selb­st in Anspruch nehmen.Bei Men­schen, auf deren Wort man zählen kann. Sie bilden eine tragfähige Gemein­schaft, in der zwar nicht jede und jed­er zu allem «Ja und Amen» sagen muss. Aber eine Gemein­schaft, zu der sie sagen kön­nen: «ja, so soll es sein» — selb­st, wenn heute nichts mehr so sich­er ist «wie das ‘Amen‘ in der Kirche»..   
Andreas C. Müller
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