
So entwickeln wir eine Vision
In dieser Serie geht es um Menschen, die Visionen für die Kirche haben. Aber wie entwickelt man eigentlich eine Vision? Welche Schritte und Methoden braucht es? Die Römisch-Katholische Kirche Basel-Stadt hat vor zwei Jahren einen Visionsprozess gestartet. Sarah Biotti ist Mitglied der Projektgruppe und teilt hier ihre Erfahrungen mit uns.
Der richtige Zeitpunkt
Irgendwann beschleicht uns das Gefühl: Auf lange Sicht kann es so nicht weiter gehen. Vielleicht müssen wir nicht jetzt direkt handeln, das Haus steht noch nicht in Flammen, aber es ist abzusehen, dass sich etwas ändern muss. Es ist daher eine gute Idee, die Dinge proaktiv anzugehen, nicht auf den allerletzten Moment zu warten, in dem wir nur noch reagieren können. Proaktiv sein heisst, Zeit zu haben, um die Zukunft zu gestalten. Daher der Rat: Frühzeitig anfangen, einen Horizont stecken, wo man hinmöchte.
Leere aushalten und in den Moment hineinfühlen
Vielleicht sind da am Anfang noch keine Bilder oder Ideen, vielleicht ist da einfach erstmal Leere. Wir müssen Mut haben, diese Leere auszuhalten. Denn in der Leere und Langeweile kann Kreativität entstehen. Es geht darum, offen zu sein, für das, was uns begegnet. Das kann beispielweise ein Mensch sein, mit dem wir auf unserer Zugfahrt ins Gespräch kommen, oder etwas, das wir in Filmen sehen oder in Büchern lesen. Diese Eindrücke dürfen einfach gesammelt werden.
Wenn schon Bilder da sind, dann stellen wir uns vor, unsere Vision wäre schon Wirklichkeit. Wie fühlen wir uns? Wie stehen wir morgens auf, wie trinken wir unseren Kaffee? Sind wir voller Elan? So holen wir die Zukunft bereits näher.
Nicht alles über den Haufen werfen
Bevor die Vision Gestalt annimmt, wird eine Bestandsaufnahme gemacht. Und ganz wichtig: Es wird geschaut, was nicht gut lief, was gefehlt hat. Aber es muss auch geschaut werden: Was lief bisher gut, worauf sind wir stolz, was haben wir erreicht? Und was davon wollen wir mit in die Zukunft nehmen? Eine Diagnose soll in die Zukunft weisen. Und dafür ist es wichtig, das weniger Gute und das Gute anzuschauen. Dabei hilft oft ein Blickwinkel- oder Perspektivenwechsel.
Schritt für Schritt, aber nicht allein
Am Horizont steht nun unsere Vision. Jetzt gehen wir Schritt für Schritt auf sie zu und fragen uns: Was steht heute an? Um was kümmern wir uns in einer Woche? Was machen wir in einem Monat? Was haben wir in einem Jahr auf dem Plan?
Wenn die Vision nicht im Privaten, sondern im grösseren Rahmen entworfen wird, ist es wichtig, alle Betroffenen einzuladen, am Prozess teilzunehmen, Räume zu öffnen, ins Gespräch zu kommen.
Eine externe Begleitung ist im gesamten Prozess sehr wertvoll. Sie hält den Rahmen zusammen und ist gleichzeitig ein Resonanzraum, indem die Ideen klingen dürfen und mit einem Blick von aussen zurückgeworfen werden.


