So entwickeln wir eine Vision
Bild: © Marie-Christine Andres

So entwickeln wir eine Vision

In dieser Serie geht es um Men­schen, die Visio­nen für die Kirche haben. Aber wie entwick­elt man eigentlich eine Vision? Welche Schritte und Meth­o­d­en braucht es? Die Römisch-Katholis­che Kirche Basel-Stadt hat vor zwei Jahren einen Vision­sprozess ges­tartet. Sarah Biot­ti ist Mit­glied der Pro­jek­t­gruppe und teilt hier ihre Erfahrun­gen mit uns.

Der richtige Zeitpunkt

Irgend­wann beschle­icht uns das Gefühl: Auf lange Sicht kann es so nicht weit­er gehen. Vielle­icht müssen wir nicht jet­zt direkt han­deln, das Haus ste­ht noch nicht in Flam­men, aber es ist abzuse­hen, dass sich etwas ändern muss. Es ist daher eine gute Idee, die Dinge proak­tiv anzuge­hen, nicht auf den aller­let­zten Moment zu warten, in dem wir nur noch reagieren kön­nen. Proak­tiv sein heisst, Zeit zu haben, um die Zukun­ft zu gestal­ten. Daher der Rat: Frühzeit­ig anfan­gen, einen Hor­i­zont steck­en, wo man hin­möchte.

Leere aushalten und in den Moment hineinfühlen

Vielle­icht sind da am Anfang noch keine Bilder oder Ideen, vielle­icht ist da ein­fach erst­mal Leere. Wir müssen Mut haben, diese Leere auszuhal­ten. Denn in der Leere und Langeweile kann Kreativ­ität entste­hen. Es geht darum, offen zu sein, für das, was uns begeg­net. Das kann beispiel­weise ein Men­sch sein, mit dem wir auf unser­er Zug­fahrt ins Gespräch kom­men, oder etwas, das wir in Fil­men sehen oder in Büch­ern lesen. Diese Ein­drücke dür­fen ein­fach gesam­melt wer­den.
Wenn schon Bilder da sind, dann stellen wir uns vor, unsere Vision wäre schon Wirk­lichkeit. Wie fühlen wir uns? Wie ste­hen wir mor­gens auf, wie trinken wir unseren Kaf­fee? Sind wir voller Elan? So holen wir die Zukun­ft bere­its näher.

Nicht alles über den Haufen werfen

Bevor die Vision Gestalt annimmt, wird eine Bestand­sauf­nahme gemacht. Und ganz wichtig: Es wird geschaut, was nicht gut lief, was gefehlt hat. Aber es muss auch geschaut wer­den: Was lief bish­er gut, worauf sind wir stolz, was haben wir erre­icht? Und was davon wollen wir mit in die Zukun­ft nehmen? Eine Diag­nose soll in die Zukun­ft weisen. Und dafür ist es wichtig, das weniger Gute und das Gute anzuschauen. Dabei hil­ft oft ein Blick­winkel- oder Per­spek­tiven­wech­sel.

Schritt für Schritt, aber nicht allein

Am Hor­i­zont ste­ht nun unsere Vision. Jet­zt gehen wir Schritt für Schritt auf sie zu und fra­gen uns: Was ste­ht heute an? Um was küm­mern wir uns in ein­er Woche? Was machen wir in einem Monat? Was haben wir in einem Jahr auf dem Plan?
Wenn die Vision nicht im Pri­vat­en, son­dern im grösseren Rah­men ent­wor­fen wird, ist es wichtig, alle Betrof­fe­nen einzu­laden, am Prozess teilzunehmen, Räume zu öff­nen, ins Gespräch zu kom­men.
Eine externe Begleitung ist im gesamten Prozess sehr wertvoll. Sie hält den Rah­men zusam­men und ist gle­ichzeit­ig ein Res­o­nanzraum, indem die Ideen klin­gen dür­fen und mit einem Blick von aussen zurück­ge­wor­fen wer­den.

Leonie Wollensack
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