Sich selbst zurück­stel­len kann beglücken

Sich selbst zurück­stel­len kann beglücken

2. Korin­ther­brief 4,5–7aWir ver­kün­den nicht uns selbst, son­dern Jesus Chri­stus als den Herrn, uns aber als eure Knech­te um Jesu wil­len. Denn Gott, der sprach: Aus Fin­ster­nis soll Licht auf­leuch­ten!, er ist in unse­ren Her­zen auf­ge­leuch­tet, damit auf­strahlt die Erkennt­nis des gött­li­chen Glan­zes auf dem Ant­litz Chri­sti. Die­sen Schatz tra­gen wir in zer­brech­li­chen Gefässen.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Sich selbst zurück­stel­len kann beglücken

Im Gespräch mit einem älte­ren Mann, Herrn A., damals im Spi­tal, erfuhr ich fol­gen­de Geschich­te: Mit sei­ner Frau bewohn­te er seit Jahr­zehn­ten ein selbst­ge­plan­tes Haus, sein Zuhau­se. Frü­her leb­ten auch sei­ne Kin­der hier, aber die waren schon seit eini­ger Zeit aus­ge­zo­gen. Nun geriet die Fami­lie sei­ner Toch­ter in Not. Herr A. beriet sich aus­führ­lich mit sei­ner Frau, und gemein­sam beschlos­sen sie, in eine Miet­woh­nung umzu­zie­hen, um der jün­ge­ren Fami­lie das Haus zu über­las­sen. Die­ser Ent­schluss tue ihm weh, bekann­te Herr A., aber den­noch sei er über­zeugt, rich­tig ent­schie­den zu haben. Alle Ach­tung!Herr A. hat­te Vor­gän­ger für sei­nen Schritt. Der hei­li­ge Wolf­gang ist wohl der, der am häu­fig­sten in der Schar aller Hei­li­gen unter­geht. Sei­ne Per­son ist ja auch schon seit über 1000 Jah­ren Ver­gan­gen­heit. Den­noch ist sein Name durch­aus nicht sel­ten anzu­tref­fen, zu Recht. Sei­ne Glaub­wür­dig­keit und sei­ne Klug­heit sind auch heu­te noch bemer­kens­wert. Als Bischof von Regens­burg liess er zu, dass sich Böh­men von sei­ner gros­sen Diö­ze­se abspal­te­te und mit Prag einen eige­nen Bischofs­sitz bekam. Die Ent­schei­dung war klug, auch wenn sie damals nicht allen gefal­len haben wird. Etli­che mit­tel­al­ter­li­che Kir­chen­für­sten muss­ten dadurch auf einen Teil ihrer Macht ver­zich­ten. Für Wolf­gang war der Frie­de wich­ti­ger als die eige­ne Beliebt­heit. Par­al­le­len zu die­sem Vor­gang in der heu­ti­gen kirch­li­chen und poli­ti­schen Lage zu fin­den, über­las­se ich Ihnen, lie­be Lese­rin­nen und Leser, aber lesen Sie den Pau­lus-Text aus dem Korin­ther­brief.Pau­lus beant­wor­tet die Fra­ge: War­um machst du das? Er ant­wor­tet in sei­ner typi­schen unbe­schei­de­nen Offen­heit: Ich tue das alles nicht für mich, son­dern für Jesus Chri­stus. Unaus­ge­spro­chen ver­bin­det er damit die Mah­nung an die Gemein­de von Korinth: Macht es mir nach! Die Fra­ge nach unse­rer ehr­li­chen Moti­va­ti­on, nach unse­ren per­sön­li­chen Zie­len ist stets auch an unser Han­deln gestellt: Haben wir einen Hori­zont, der über uns selbst hin­aus­weist, oder schüt­zen wir nur unse­re eige­nen Inter­es­sen, unse­ren Stolz, unse­ren Ehr­geiz, unse­ren Ein­fluss: Haupt­sa­che ich? Pau­lus gibt für sich zwei Kri­te­ri­en vor: In dem, was er tut, muss Chri­stus ver­kün­det wer­den, und es muss hel­ler wer­den bei den Men­schen, die ihm begeg­nen.Für den hei­li­gen Wolf­gang war die Suche nach Frie­den ziel­füh­rend. Die Gross­el­tern A. hat­ten die Ent­fal­tung der näch­sten Gene­ra­ti­on im Blick. Bei­de brauch­ten für ihre Schrit­te eine gehö­ri­ge Por­ti­on Demut. Es wird nie leicht, zurück­zu­tre­ten zugun­sten wich­ti­ge­rer Zie­le. Aber man wird zufrie­den sein, hell und glück­lich, wenn man es schafft.Immer wie­der muss neu über­prüft wer­den, ob wir wirk­lich die­nen (Knech­te sind) oder nur so tun. Das weiss auch Pau­lus, der uns in wei­ser Selbst­er­kennt­nis mit­teilt: Die­sen Schatz tra­gen wir in zer­brech­li­chen Gefäs­sen.Lud­wig Hes­se, Theo­lo­ge und Autor, war bis zu sei­ner Pen­sio­nie­rung Spi­tal­seel­sor­ger im Kan­ton Baselland
Regula Vogt-Kohler
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