Mit Recht­schreib­feh­ler nach St. Gallen

Am 2. Mai 2016 war es soweit: Das Pil­ger­pro­jekt «Kir­che mit* den Frau­en» star­te­te in St. Gal­len mit einem fest­li­chen Got­tes­dienst. Mit dabei auch zahl­rei­che Aar­gaue­rin­nen und Aar­gau­er. Ein Bericht in Wort und Bild.Nach kur­zem Sprint im Zür­cher Haupt­bahn­hof dann gros­ses Geläch­ter im Zug nach St. Gal­len: «Unse­re Plät­ze wären am Ende vom Zug und der Recht­schreib­feh­ler ist mit­ge­kom­men», sagt Susan­ne Andrea Bir­ke, Theo­lo­gin und Erwach­se­nen­bild­ne­rin von Bil­dung und Prop­stei. Gros­se Erhei­te­rung bei den Frau­en rings­um. Bereits im Inter­Re­gio von Brugg nach Zürich hat­te die falsch geschrie­be­ne Reser­vie­rung «Kil­che­mit» zu amü­sier­tem Schmun­zeln geführt. «Die SBB-Ange­stell­te konn­te sich wohl nichts dar­un­ter vor­stel­len», erklärt Susan­ne Andrea Bir­ke.

Wir leben, was wir wünschen

Die Frau­en, die in Brugg, Baden und spä­ter in St. Gal­len die Aar­gau­er Pil­ger­grup­pe ste­tig ver­grös­sern, for­mu­lie­ren, war­um sie mit dabei sind, wenn das Pro­jekt «Kir­che mit* den Frau­en» star­tet. «Gleich­be­rech­ti­gung ist mir ein Anlie­gen, seit ich jung bin. Ich wäre auch mit­ge­fah­ren, wenn ich nicht Mit­glied im Aar­gau­er Katho­li­schen Frau­en­bund AKF wäre», sagt bei­spiels­wei­se Agnes Oesch­ger, pen­sio­nier­te Seel­sor­ge­rin aus Win­disch. Den­noch: Vie­le der Frau­en, die mit­fah­ren, sind im AKF enga­giert. «Wir haben Wer­bung für das Pro­jekt gemacht und sind des­halb dabei, weil es ein Anlie­gen des AKF ist. Doch wir wol­len auch zei­gen, dass wir sel­ber leben, was wir uns von den Frau­en wün­schen», erklärt Meri­ce Rüfe­nacht aus Wet­tin­gen. Sie läuft nicht nur die erste Strecke von St. Gal­len nach Teu­fen mit, son­dern will auch am 2. Juli 2016 in Rom sein, wenn die Pil­ger­grup­pe dort ankommt. «Wir haben stark Wer­bung für die Rei­se des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des SKF nach Rom gemacht und konn­ten auch Frau­en aus­ser­halb der Schweiz moti­vie­ren, im Juli mit­zu­fah­ren», sagt Vro­ni Peter­hans, ehe­ma­li­ge Vor­sit­zen­de des AKF und mitt­ler­wei­le im Job-Sha­ring Prä­si­den­tin von ANDANTE, dem euro­päi­schen Dach­ver­band der Frau­en­ver­bän­de.

Bischof und Lan­des­kir­che unterstützen 

In Rom wer­den die­je­ni­gen Pil­ger, die die gesam­ten 1 000 km oder die  letz­te Etap­pe zurück­ge­legt haben, von den Bischö­fen der Bis­tü­mer St. Gal­len und Basel, Mar­kus Büchel und Felix Gmür, begrüsst wer­den. Sie unter­stüt­zen das Anlie­gen. «Für mich ist es klar, dass die Kir­che nicht ohne die Frau­en sein kann, sie gehö­ren dazu, auch in Ent­schei­dungs­pro­zes­sen», for­mu­lier­te Felix Gmür in einem Inter­view mit kath.ch.  Aus dem Aar­gau gibt es auch finan­zi­el­le Unter­stüt­zung für das Pro­jekt. 3 500 Fran­ken zahlt der Kir­chen­rat der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau. Schön, ist mit Clau­dia Cha­puis auch ein Kir­chen­rats­mit­glied der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau mit an Bord des Zuges. Sie sagt ohne Schnör­kel: «Ich will ein Zei­chen set­zen. Es ist ein wich­ti­ges Anlie­gen».

Beein­drucken­de Schwe­stern aus Fahr 

Beson­ders ange­tan sind vie­le davon, dass die Teil­neh­mer am Pro­jekt nicht mit einem For­de­rungs­ka­ta­log nach Rom gehen, son­dern ohne Erwar­tun­gen und mit einer offe­nen Hal­tung für den Dia­log, der sich erge­ben mag. «Die­se Ein­stel­lung des Pro­jekt-Kern­teams ist mir sym­pa­thisch gewe­sen. Es erin­nert mich an das Bild vom ste­ten Trop­fen, der den Stein höhlt», erklärt Eli­sa­beth Mut­ert-Her­tampf, Pfle­ge­fach­frau aus Wet­tin­gen. Die­ser Geist ist es, der sogar die Schwe­stern aus dem Fahr fast geschlos­sen nach St. Gal­len führt. Bereits im Vor­feld war Ire­ne Gas­smann, Prio­rin des Klo­sters Fahr und Mit­glied der Kern­grup­pe, in Baden in einem Got­tes­dienst gewe­sen, um über das Anlie­gen zu berich­ten. Nor­ma­ler­wei­se, so sag­te sie, gehe sie nicht «raus».Es macht den fast tau­send Got­tes­dienst­be­su­chern in St. Gal­len Ein­druck, dass die Schwe­stern gekom­men sind. Sie sam­meln denn auch die Für­bitt-Zet­tel im Got­tes­dienst ein und brin­gen sie zum Altar. Vor die­sem lie­gen die Ruck­säcke der Pil­ger­grup­pe. Als Zei­chen dafür, dass es nicht nur ein lan­ger Weg bis nach Rom ist, son­dern auch ein lan­ger Weg hin zu einer Kir­che, in der die Män­ner nicht mehr ohne die Frau­en Dis­kus­sio­nen füh­ren und Ent­schei­dun­gen tref­fen. Und wer weiss – viel­leicht erfüllt sich die Hoff­nung der Pil­ge­rin­nen und Pil­ger, ihr Anlie­gen Papst Fran­zis­kus per­sön­lich über­ge­ben zu kön­nen. Denn dass sich der Blick auf die Frau­en ver­än­dern muss, ist zen­tra­ler Inhalt eines Vide­os, wel­ches just einen Tag nach dem Pro­jekt­start in St. Gal­len in den Sozia­len Medi­en her­um­ge­reicht wird. Grund­la­ge: ein Gebets­an­lie­gen von Papst Fran­zis­kus im Monat Mai 2016.Pro­jekt­home­page: www.kirche-mit.ch
Anne Burgmer
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