Mit Maria von Magdala zu Tisch
Wein, Wasser und Brot teilen im Altarraum bei der Maria von Magdala-Feier.
Bild / Foto: © Roger Wehrli

Mit Maria von Magdala zu Tisch

Die «Feiern vor der Kirchentür» haben ein neues Format

Was aussieht wie ein Apéro in der Kirche, ist eine Feier, die den Kern des Christseins und die Würde aller Getauften in den Mittelpunkt stellt.

Der 22. Juli ist der Fest­tag von Maria von Mag­dala. Maria Mag­dale­na fol­gte Jesus als Jün­gerin und war die erste Zeu­g­in der Aufer­ste­hung. Im Aar­gau wird ihr Fest­tag seit fünf Jahren regelmäs­sig began­gen: Seit Juli 2019 fan­den an jedem 22. des Monats Gottes­di­en­ste vor der Tür ein­er Aar­gauer Kirche statt. Eine eigentliche Protest­be­we­gung unter dem Mot­to «Maria von Mag­dala – Gle­ich­berech­ti­gung. Punkt. Amen.». Clau­dia Men­nen, Lei­t­erin der Fach­stelle Bil­dung und Prop­stei, hat diese Feiern ini­ti­iert: «Dass wir vor der Kirchen­tür feiern, ist ein Akt der Sol­i­dar­ität und des Wider­stands. Sol­i­dar­ität mit den Men­schen, die aus unser­er Kirche noch immer aus­geschlossen sind: wiederver­heiratete Geschiedene, gle­ichgeschlechtlich Liebende oder Frauen, die sich in ein Wei­heamt berufen fühlen.»

In der katholis­chen Kirche in Kling­nau fand im April 2024 eine Feier unter dem Mot­to «Mit Maria von Mag­dala zu Tisch» statt. Am Mikro­fon Alois Metz von der Aar­gauer Fach­stelle Bil­dung und Prop­stei. | Foto: Roger Wehrli

Schritt über die Schwelle

Nach fünf Jahren und ins­ge­samt 54 Gottes­di­en­sten vor der Kirchen­tür wagen die Feiern nun den Schritt über die Türschwelle. Fach­stel­len­mi­tar­beit­er Alois Metz sagt: «Leute, die regelmäs­sig draussen mit­ge­feiert haben, sagten, sie möcht­en doch auch in der Kirche feiern. Mit der Zeit kam das natür­liche Bedürf­nis, hineinzuge­hen und sich den Platz zurück­zu­holen.»

Zeichen gegen physische und psychische Gewalt

Das Team der Fach­stelle Bil­dung und Prop­stei hat das Konzept weit­er­en­twick­elt. «Mit Maria von Mag­dala zu Tisch» heisst das neue Mot­to. Die Mit­feiern­den leben ihre eigene Segen­skom­pe­tenz, indem sie die Speisen auf dem Altar seg­nen und teilen – als Zeichen für eine neue «Abendmahls­ge­mein­schaft» gle­ich­er Würde. Zugle­ich set­zen die Feiern­den ein Zeichen gegen Macht­miss­brauch und gegen psy­chis­che und physis­che Gewalt durch kirch­liche Ver­ant­wor­tungsträger oder Struk­turen.

Die Fach­stelle Bil­dung und Prop­stei sucht für die Gestal­tung der Feiern die Zusam­me­nar­beit mit den Pfar­reien. Im Pas­toral­raum Aare-Rhein fiel das Anliegen auf frucht­baren Boden. Der Kling­nauer Pfar­reiseel­sorg­er Peter Zürn erk­lärt: «Ich erlebe die Zusam­me­nar­beit hier im Pas­toral­raum als gle­ich­berechtigt und part­ner­schaftlich. Dass Män­ner und Frauen in der katholis­chen Kirche trotz­dem grund­sät­zlich nicht gle­ich­berechtigt sind, kann hier nie­mand mehr nachvol­lziehen.»

Würdig und recht

Im Vor­feld der Feier liess sich das Vor­bere­itung­steam auf die Geschichte und die bib­lis­chen Erzäh­lun­gen zu Maria von Mag­dala ein. «Im Mit­telpunkt der Vor­bere­itung stand diese Frau, die im Ver­lauf der Jahrhun­derte his­torisch unter­drückt und weggel­o­gen wurde», sagt Alois Metz. Das vierköp­fige Vor­bere­itung­steam entwick­elte Ideen, wie die Mit­feiern­den ihre dreifache Würde als Getaufte erleben kön­nen. Alle Getauften und Gefirmten haben die Würde zu verkündi­gen, die Würde, heil­sam zu wirken, und die Würde, Ein­fluss zu nehmen und zu gestal­ten. «Ein gemein­sames Teilen von Brot und Wein, sinnlich und men­schlich», benen­nt Alois Metz den Kern der Feier. Es geht um Par­tizipa­tion, Syn­odal­ität und die Bere­itschaft, Ver­ant­wor­tung zu teilen. Es geht darum, sich Raum zu nehmen inner­halb der Kirche.

Die Feier in Kling­nau begann den­noch draussen vor der Kirche. Dann zogen die Feiern­den in die Kirche ein. Sie durch­schrit­ten den ganzen Kirchen­raum, stiegen hin­auf zum Altar und gin­gen dann weit­er in den Chor­raum. Peter Zürn sagt: «Wir haben uns den Kirchen­raum zu eigen gemacht, den Raum genützt für das, wozu er ein­lädt. Das hat sich gut ange­fühlt. Man kön­nte sagen, es war ‹würdig und recht›.»

Marie-Christine Andres Schürch
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