Kirchliche Organisationen fürchten um Menschenrechte

Kirchliche Organisationen fürchten um Menschenrechte

Am 25. November stimmt die Schweiz über die Selbstbestimmungsinitiative der SVP ab

Mit der Volksini­tia­tive «Schweiz­er Recht statt fremde Richter» will die SVP das Schweiz­er Ver­fas­sungsrecht über das Völk­er­recht stellen. Kirch­liche Kreise sehen in der Selb­st­bes­tim­mungsini­tia­tive einen Angriff auf die Europäis­che Men­schen­recht­skon­ven­tion. Die Selb­st­bes­tim­mungsini­tia­tive bringe nicht mehr Selb­st­bes­tim­mung, son­dern beschnei­de unsere Rechte, argu­men­tieren die Geg­n­er, die sich als «Allianz der Zivilge­sellschaft» formiert haben. In der Allianz sind auch kirch­liche Kreise vertreten, mit dabei sind Car­i­tas, Fas­tenopfer und der Schweiz­erische Katholis­che Frauen­bund. Für sie ste­hen die Men­schen­rechte im Zen­trum. Die Initia­tive ziele darauf, die Europäis­che Men­schen­recht­skon­ven­tion (EMRK) auss­er Kraft zu set­zen, heisst es auf der Plat­tform www.sbi-nein.ch.Auch nach einem Ja zur Ini­tia­tive wären Kla­gen am Europäis­chen Gericht­shof für Men­schen­rechte in Strass­burg noch möglich, aber dessen Urteile wären nicht mehr in jedem Fall verbindlich, weil das Bun­des­gericht bei einem Kon­flikt mit dem Lan­desrecht die EMRK nicht mehr anwen­den dürfte. Die EMRK würde so wirkungs­los und auch ohne Kündi­gung als Rück­ver­sicherung für unsere Grun­drechte weg­fall­en, machen die Geg­n­er gel­tend.«Der Europäis­che Gericht­shof für Men­schen­rechte ist oft die let­zte Hoff­nung für Men­schen, deren Rechte ver­let­zt wur­den», hält der Schweiz­erische Katholis­che Frauen­bund in ein­er Stel­lung­nahme im Mai 2018 fest. «Diesel­ben poli­tis­chen Kräfte, die sich in den 80er-Jahren gegen das neue Eherecht und in den 90er-Jahren gegen das Gle­ich­stel­lungs­ge­setz engagierten, wollen uns nun die EMRK als Rück­ver­sicherung für unsere Grun­drechte weg­nehmen. Diese Ini­tia­tive wider­spricht den christlichen Werten von Gle­ich­heit, Frei­heit und Ver­ant­wor­tung.»«Die EMRK bildet den zen­tralen Rah­men ein­er europäis­chen Grundw­ertege­mein­schaft, zu deren Werten sich die Schweiz beken­nt», hält Car­i­tas in einem im Sep­tem­ber 2016 pub­lizierten Posi­tion­spa­pi­er fest. «Sie garantiert grundle­gende Rechte, wie sie in der All­ge­meinen Erk­lärung der Men­schen­rechte aufge­führt sind.» Die Gen­er­alver­samm­lung der UNO legte 1948 mit deren Ver­ab­schiedung den Grund­stein für einen uni­versellen Men­schen­rechts­stan­dard. Die Erfahrun­gen des Zweit­en Weltkriegs hat­ten gezeigt, dass es inter­na­tionale Garantien braucht, damit Grun­drechte auch dann Bestand haben, wenn der inner­staatliche Schutz ver­sagt.Zur Bedeu­tung der Men­schen­rechte äussert sich auch der Schweiz­erische Evan­ge­lis­che Kirchen­bund, der nicht der «Allianz der Zivilge­sellschaft» ange­hört. Die Men­schen­rechte seien der men­schlich begren­zte Ver­such, den Geist der Geschwis­ter­lichkeit in der Kirche auf poli­tis­che Ver­hält­nisse zu über­tra­gen. «Wer sich auf die christliche Tra­di­tion und ihre Werte beruft, erken­nt in den Men­schen­recht­en – trotz aller men­schlichen Schwächen und in aller Vor­läu­figkeit – das Anliegen, mit diesen Zuge­hörigkeitssinn über alle Gren­zen und Unter­schiede hin­weg Ernst zu machen», heisst es in ein­er Botschaft zur Selb­st­bes­tim­mungsini­tia­tive (www.kirchenbund.ch).Reg­u­la Vogt-Kohler
Redaktion Lichtblick
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