Kein Pokémon an der Krippe

Kein Pokémon an der Krippe

  • Im Jahr 2016 lern­ten inter­essierte Kat­e­chetinnen und Kat­e­cheten in der Weit­er­bil­dung «Bib­lis­ches Krip­pen­spiel» die Botschaft stärk­er zu gewicht­en als die Wei­h­nachts­seligkeit.
  • Die Kat­e­chetinnen Judith Näf und Clau­dia Graf erzählten Hor­i­zonte von ihren Erfahrun­gen und Gedanken bei der Umset­zung dieses Ansatzes.
  • Es gibt eine Neuau­flage des Kurs­es: Nach dem Fokus auf der Wei­h­nachts­geschichte im Luka­se­van­geli­um, konzen­tri­ert sich das Ref­er­enten­team im Jahr 2018 auf das Matthäu­se­van­geli­um (Infor­ma­tio­nen am Ende des Beitrages).
 Sie dis­putieren mit Feuer: Die Kat­e­chetinnen Judith Näf und Clau­dia Graf. «Die Wirt­sleute kom­men strenggenom­men nicht im Text vor», sagt Clau­dia Graf mit blitzen­den Augen. Judith Näf nickt und lächelt. In der Stunde vor der Diskus­sion hat Judith Näf gemein­sam mit 12 Kindern im Kirchen­zen­trum Paulus in Lup­fig einen ersten Blick auf die bib­lis­che Geschichte und die Rol­len­verteilung gewor­fen. Clau­dia Graf ist zu Gast.

Den Text neu lesen lernen

Den anderen Umgang mit dem Text, das sagen Judith Näf und Clau­dia Graf, haben sie in der Fort­bil­dung «Bib­lis­ches Krip­pen­spiel» gel­ernt. 2016 wurde der Kurs erst­mals von der Reformierten Lan­deskirche und der Römisch-Katholis­chen Kirche im Aar­gau ange­boten. Der katholis­che The­ologe Detlef Heck­ing und die reformierte Kat­e­chetin Regi­na Mau­r­er boten als Ref­er­enten­team Hand, die Kind­heit­serzäh­lung im Luka­se­van­geli­um neu für das (vor)weihnachtliche Krip­pen­spiel in der Pfar­rge­meinde frucht­bar zu machen. Judith Näf ver­sucht nun, diesen neuen Zugang umzuset­zen: «Detlef und Regi­na haben mir mit ihrem Kurs die Augen geöffnet. Ich wurde dazu ange­hal­ten, genauer in der Bibel zu lesen und zu ver­ste­hen, wieso die Geburt von Jesus genau­so in der Bibel ste­ht, wie sie eben da ste­ht».

Sozialkritik an Weihnachten

Krip­pen­spiele näh­men teils merk­würdi­ge For­men an, erzählen die bei­den Katechetinnen.«Es sollte nicht sein, dass in einem Krip­pen­spiel Prinzessin Lil­lifee oder ein Poké­mon als Fig­ur auf­taucht», sagt Clau­dia Graf. Die Botschaft, dass Gott in einem schwachen Kind Men­sch wird, weiche zunehmend der reinen Wei­h­nachts­seligkeit. Dage­gen sei grund­sät­zlich nichts einzuwen­den. Doch die Wei­h­nachts-Botschaft nach Lukas habe mehr zu bieten, sie habe Poten­zial zur Sozialkri­tik.Detlef Heck­ing, Leit­er der Bibel­pas­toralen Arbeitsstelle SBK erk­lärte im Vor­feld zur Weit­er­bil­dung 2016, der Evan­ge­list habe sein Evan­geli­um unter ein ganz bes­timmtes Vorze­ichen gestellt. Es gehe Lukas um die Option für die Armen und Bedürfti­gen. Warum solle dieser Aspekt nicht in einem Krip­pen­spiel durch­scheinen? Das könne man den Zuschauerin­nen und Zuschauern dur­chaus zumuten. Seine Co-Ref­er­entin Regi­na Mau­r­er betonte, dass sowohl die Kinder als auch die Gäste später in der Kirche gut einge­führt wer­den müssten.

Kinder schauen auch spontan vorbei

Diese Ein­führung begin­nt bei Judith Näf in Lup­fig. Nach­dem die Kat­e­chetin den Kindern den Text vorge­le­sen hat, über­legen alle gemein­sam, wer denn über­haupt in der Geschichte auftritt. Fin­ger reck­en sich in die Höhe, immer mehr gelbe Zettel liegen in der Mitte des Stuh­lkreis­es auf dem Boden. Maria, Hirten, Gott – die Kinder schla­gen zahlre­iche Rollen vor. Von der ersten bis zur vierten Pri­marstufe reicht die Alterss­panne, eine Fün­ftk­läss­lerin kommt spon­tan vor­bei, sie könne Flöte spie­len. Judith Näf freut sich. «Let­ztes Jahr waren es zwar mehr Kinder, doch ich bin zuver­sichtlich, dass das gut kommt», sagt Judith Näf. Lebendig ist es im Saal des Kirchen­zen­trums. Eltern, kleine Geschwis­ter, sog­ar Enkel warten und beobacht­en das erste Tre­f­fen der Krip­pen­spiel­truppe. Es krabbelt, ren­nt und zap­pelt, doch «an Heili­ga­bend sind sog­ar die zap­pelig­sten Kinder ganz fokussiert und konzen­tri­ert», erin­nert sich Judith Näf.

Text, nicht Tradition

Ob sich der Ver­such des neuen Blicks auch für die Besuch­er des diesjähri­gen Krip­pen­spiels erschliesst, ver­mag Judith Näf zum jet­zi­gen Zeit­punkt nicht zu sagen. «Die Botschaft soll sein, dass die Erlö­sung  nicht an Macht und Geld gekop­pelt ist. Das wirk­lich Grosse liegt in ein­er Krippe und ist wehr­los. Man unter­schätzt oft die Macht der Liebe. Es ist nur die Liebe, die ein Kind  über­lebens­fähig macht. Es kann also auch nur die Liebe sein, die die Botschaft  ins Leben trägt und am Leben erhält und die uns die Kraft gibt, uns auf die Seite der Armen zu stellen. Diese Liebe sollte man im Krip­pen­spiel erspüren kön­nen. Ob das gelingt, kann ich nur hof­fen», sagt Judith Näf. Clau­dia Graf weist auf einen anderen Aspekt hin: «Ger­ade an Wei­h­nacht­en wird oft auf der Tra­di­tion gepocht. Doch das ist eine zweis­chnei­di­ge Sache. Denn was wir als Tra­di­tion ver­ste­hen, ste­ht so gar nicht in der Bibel».

Vielleicht sind immer Engel unterwegs

Clau­dia Graf organ­isierte 2016 unter dem Ein­druck der Weit­er­bil­dung ein Krip­pen­spiel, in dem sie in drei Szenen Begeg­nun­gen mit den Engeln the­ma­tisierte. Der Erzäh­ler, Zacharias, kom­men­tiert und erzählt, was ihm im Tem­pel wieder­fahren ist: Eine Engel­begeg­nung und Stummheit, als er die Ver­heis­sung eines Kindes an ihn und Elis­a­beth nicht glauben mag. Dann wird er zum Rah­menkom­men­ta­tor des Engelbe­such­es bei Maria und dem Zusam­men­tr­e­f­fen der Engel mit dem Hirten, der nicht glauben kann, dass er und seine Hirtenkol­le­gen Zeu­gen der Fro­hen Botschaft sind.«Es sind wohl eher die Ver­achteten und nicht die Armen, die in meinem let­ztjähri­gen Krip­pen­spiel ange­sprochen wur­den», über­legt Clau­dia Graf. Das Schlussfaz­it von Zacharias im Krip­pen­spiel von Clau­dia Graf zeigt, worauf es dem neuen Blick auf den Text ankommt: Die Botschaft für das Heute frucht­bar machen. Denn Zacharias fragt sich, ob vielle­icht immer so viele Engel unter­wegs seien: «Viel­licht gsehnd mer sie ja nid, aber der­für redets direkt id Herze vo de Men­sche? Ja, das frag ich mich». Weit­er­bil­dung «Bib­lis­ches Krip­pen­spiel» 2018 Nach Lukas fol­gt Matthäus. Detlef Heck­ing und Regi­na Mau­r­er bieten auch im 2018 eine Weit­er­bil­dung «Bib­lis­ches Krip­pen­spiel» an. An fünf Ter­mi­nen entwick­eln die Teil­nehmenden prozesshaft ein indi­vidu­elles Krip­pen­spiel zum Matthäu­se­van­geli­um für ihre Prax­is vor Ort. Die Weit­er­bil­dung find­et statt im Katholis­chen Pfar­reizen­trum Herz Jesu, Bahn­hof­s­trasse 23, Lenzburg. Anmel­dung bis Mo, 19. Feb­ru­ar 2018. Dat­en und weit­ere Infor­ma­tio­nen. 
Anne Burgmer
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