Kein Aufbruch für alle

Kein Aufbruch für alle

In nur zwei Jahren hat Pfar­rer Georges Schwick­erath den Pas­toral­raum «Muri AG und Umge­bung» gez­im­mert. Am 24. Jan­u­ar 2016 feiert das fün­fköp­fige Seel­sorge-Team mit der Bevölkerung. Kein Anlass zur Freude ist diese Entwick­lung für die kirchen­treuen Alten. Sie haben ein Stück Beheimatung ver­loren.Die Stim­mung am Neu­jahrstag in der frisch ren­ovierten Kirche zu Bünzen ist feier­lich: Das ganze Seel­sor­geteam samt 14 Min­istri­eren­den zele­bri­ert die Messe: Pater Jerzy Chlope­niuk hat den Lead, Richard Strass­mann und der desig­nierte Leit­er des kün­fti­gen Pas­toral­raums «Muri AG und Umge­bung», Georges Schwick­erath, begleit­en. Der Neu­jahrs­gottes­di­enst wird bere­its als Pas­toral­raum­gottes­di­enst gefeiert, zu dem Pas­toralas­sis­tent Francesco Mar­ra die Men­schen aus allen dazuge­höri­gen sechs Pfar­reien begrüsst.Konzen­tra­tion des Ange­bots Man merke schon, dass zu Pas­toral­raum­gottes­di­en­sten mehr Leute in die Kirche kämen, meint Frau M. aus Bünzen nach der Mess­feier im Gespräch mit anderen Kirchgängern. «Beson­ders wenn an Feierta­gen nur noch ein oder zwei Gottes­di­en­ste im ganzen Pas­toral­raum stat­tfind­en», ergänzt ein Gottes­di­en­st­be­such­er. Die Anwe­senden haben den Rank gefun­den mit den ver­schiede­nen Neuerun­gen, welche die Restruk­turierung des seel­sorg­erischen Ange­bots mit sich bringt. Innert zwei Jahren hat Georges Schwick­erath den Pas­toral­raum «Muri AG und Umge­bung» aufge­baut. In Bern hat­te der ursprünglich aus Lux­em­burg stam­mende Seel­sorg­er bere­its Pas­toral­raumprozesse begleit­et. In Muri, so der Wun­sch von Bischof Felix Gmür, sollte Georges Schwick­erath von Beginn weg darauf hin­s­teuern, die freiämter Pfar­reien rund um die berühmte Benedik­tin­er­a­btei in einem Pas­toral­raum zusam­men­zuführen. «Ich begann von Grund auf. Vorgegeben war lediglich die Struk­tur (Ergänzung der Redak­tion: Typ B = Ein Seel­sorge-Team küm­mert sich um alle Pfar­reien), darauf hat­te sich mein Vorgänger mit der Bis­tum­sre­gion­alleitung fest­gelegt», erin­nert sich Georges Schwick­erath.Effiziente Umset­zung Zusam­men mit Pater Jerzy Chlope­niuk und drei pas­toralen Assis­tenzmi­tar­bei­t­en­den wird Goerges Schwick­erath kün­ftig den Pas­toral­raum «Muri AG und Umge­bung» leit­en. Am 24. Jan­u­ar 2016 wird dieser im Bei­sein von Bischof Felix feier­lich errichtet. Sechs Pfar­reien, 11 poli­tis­che Gemein­den, unge­fähr 10 000 Gläu­bige: Eine Seel­sorge-Ein­heit mit­tlerer Grösse. Nach Mutschellen, Brem­garten, Lenzburg und Aarau fol­gt somit mit Muri der fün­fte Aar­gauer Pas­toral­raum. Zum Ver­gle­ich: In Aarau braucht­en die Ver­ant­wortlichen sat­te 6 sechs Jahre Vor­bere­itungszeit – und dies, obschon bed­ingt durch gewählten «Typ A» den Pfar­reien ihre Pfar­reileitun­gen belassen wur­den. Dafür umfasst «Region Aarau» allerd­ings über 20 000 Gläu­bige. In der deut­lich weniger bevölkerungsre­ichen Region Brem­garten, wo man den Pfar­reien eben­falls ihre Leitun­gen beliess, dauerte der Reor­gan­i­sa­tion­sprozess zwei Jahre und drei Monate. Schneller als Muri war einzig Lenzburg, das seinen drei Pfar­reien umfassenden Seel­sorge­ver­band ohne grössere Ein­schnitte in einen Pas­toral­raum über­führen kon­nte. Ergeb­nis: Feier­lich­er Pro­jek­tab­schluss nach einem Jahr. Eine der­art kurze Anlaufzeit ist allerd­ings die Aus­nahme. Umso mehr über­rascht, dass Georges Schwick­erath schon nach zwei Jahren die Ergeb­nisse sein­er Arbeit vom Bischof abseg­nen lassen kann.Kein demokratis­ch­er Prozess Als Aus­gangspunkt fand Georges Schwick­erath die Pfar­reien Muri, Aris­tau und Bein­wil bere­its in einem Seel­sorge­ver­band verknüpft. «Das war mit Sicher­heit eine Erle­ichterung», erin­nert sich der gebür­tige Lux­em­burg­er. Weit­er gelang es dem elo­quenten The­olo­gen rasch, das Ver­trauen sein­er wichtig­sten Part­ner, der Kirchenpfle­gen, zu gewin­nen. Unter dem Mot­to «die Kirche bleibt im Dorf» habe man rel­a­tiv rasch ein Ein­vernehmen gefun­den, erk­lärt der desig­nierte Pas­toral­raum­leit­er. Auf gross angelegte Hear­ings und Spur­grup­pe­nar­beit hat Georges Schwick­erath bei der Umset­zung seines Auf­trags verzichtet. «Mir war der effiziente Weg wichtig. In Bern habe ich den demokratis­chen Weg miter­lebt. Eine Entwick­lung, die sich über fünf Jahre hinge­zo­gen hat», so der ehe­ma­lige Banker. Es beste­he die Gefahr, dass irgend­wann die Luft draussen sei, wenn sich das Pro­jekt zu lange hinziehe. Und sowieso: «Du kriegst eh nie alle ins Boot.»Kirchen­treue Alte sind die Ver­lier­er Als Knack­nuss erwiesen sich einige «wesentliche Ein­schnitte», die der desig­nierte Pas­toral­raum­leit­er Schwick­erath bere­its zu Beginn sein­er Arbeit in Muri ein­führte. So gibt es in jed­er Pfar­rei am Woch­enende nur noch einen Gottes­di­enst – die Zeit vari­iert. Das Seel­sorge-Team wech­selt sich in den Pfar­reien ab. «Wir haben unter­schiedliche Reak­tio­nen erhal­ten», erk­lärt Pas­toralas­sis­tentin Ursu­la Kloth. «Ein­er­seits haben die meis­ten Men­schen Ver­ständ­nis und sehen, dass weniger Men­schen in die Kirche kom­men und wir weniger Seel­sorgeper­son­al haben.» So wür­den im Pas­toral­raum auch Chan­cen im Aus­tausch über mehrere Pfar­reien gese­hen. Auf der anderen Seite, so die Pas­toralas­sis­tentin, stün­den Senioren, die nicht mehr so flex­i­bel seien und von den Ein­schnit­ten stark betrof­fen sind. In Alter­sheimen wur­den Gottes­di­en­ste gestrichen, das Ange­bot zu den kleinen Hochfesten eben­falls aus­gedün­nt. «Das nimmt diesen Men­schen ihre Beheimatung und tut weh», weiss Ursu­la Kloth. Es han­dle sich zwar bei den Betrof­fe­nen um eine Min­der­heit, doch um Men­schen, die sehr kirchen­treu seien.Gegen­s­teuer mit Fahr­di­enst Den Kirchgängern am Neu­jahrstag sind diese Prob­leme dur­chaus bewusst. Es gebe noch einige Baustellen, die mit der Über­tra­gung viel­er Leitungsauf­gaben von den Pfar­reien an ein über­ge­ord­netes Pas­toral­raumteam ent­standen seien. So zum Beispiel auch der Bere­ich Kirchen­musik, wie ein­er der Anwe­senden bemerkt. Dass ältere Men­schen im Zuge der Restruk­turierung zunehmen keinen Zugang mehr zum aktiv zele­bri­erten Glaubensleben haben, bewegt auch die Gottes­di­en­st­be­such­er an jen­em Neu­jahrstag. Sie habe ver­sucht, mit Fahr­di­en­sten in ihrer Pfar­rei ein Ange­bot zu schaf­fen, so Frau H. Doch Res­o­nanz sei aus­ge­blieben. Vielle­icht müsse man da jet­zt einen neuen Anlauf nehmen, glaubt Frau H. Auch Pas­toral­raump­far­rer Georges Schwick­erath ist es ein Anliegen, dass sein betagtes Stamm­pub­likum nicht aussen vor bleibt. Einen Fahr­di­enst kann auch er sich vorstellen. Gemein­sam feiern — Pas­toral­raumer­rich­tung mit Bischof Felix Geplant ist am Son­ntag, 24. Jan­u­ar 2016 zur feier­lichen Errich­tung des Pas­toral­raums «Muri AG und Umge­bung» am Mor­gen ein litur­gis­ch­er Teil mit Bischof Felix Gmür. Mit von der Par­tie sind alle Kirchenchöre und Min­is­tran­ten des Pas­toral­raums. Die Botschaft: «Wir sind gemein­sam unter­wegs.» Anschliessend geht es um Begeg­nung und Aus­tausch: Im Pfar­reisaal Muri wird Risot­to für alle aufgetis­cht.
Andreas C. Müller
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