
Bild: © Marie-Christine Andres
Grüne Kirchenoase in Aarau
Die Schöpfungszeit 2024 rückt die Biodiversität in den Fokus
Die Schöpfung bewahren – das ist ein hehres Ziel. Doch was heisst das konkret? Die Pfarrei Peter und Paul in Aarau etwa gestaltet 1000 Quadratmeter Fläche in naturnahe Umgebung um.
Immer mehr «Grüne Güggel» im Aargau
Wenn vom 1. September bis zum 4. Oktober die Schweizer Landeskirchen die «Schöpfungszeit» feiern, können sich noch längst nicht alle Kirchgemeinden mit dem diesjährigen Motto «Biodiversität – Heilige Vielfalt» brüsten. Doch die Römisch-Katholische Kirche im Aargau gehört zu jenen Landeskirchen, die sich seit Jahren für Nachhaltigkeitsthemen einsetzen. Laut der Fachstelle «Oeku – Kirchen für die Umwelt» gehört die Aargauer Landeskirche neben dem Kanton Thurgau und den reformierten Kirchen im Kanton Zürich zu den Spitzenreitern in punkto Nachhaltigkeit. «Oeku – Kirchen für die Umwelt» setzt jedes Jahr die Themen für die «Schöpfungszeit» und arbeitet daran, in möglichst vielen Kirchgemeinden das Umweltmanagementsystem «Grüner Güggel» zu etablieren. Im Aargau tragen bereits zehn Kirchgemeinden oder Pfarreien, darunter eine reformierte, sowie die Verwaltung der Römisch-Katholischen Landeskirche den «Grünen Güggel». Die Landeskirche begleitet Kirchgemeinden in sogenannten «Konvois» auf dem Weg zur Zertifizierung. So profitieren sie von fachlicher und finanzieller Unterstützung durch die Landeskirche und den Verein «Oeku – Kirchen für die Umwelt».



Theologisch, aber auch praktisch
Der Umweltbeauftragte der Römisch-Katholischen Landeskirche Alois Metz findet, dass sich die Kirche unbedingt in Umweltthemen einbringen muss. Mit Verweis auf Papst Franziskus’ Enzyklika «Laudato sì» sagt er: «Unser Chef will, dass sich etwas ändert. Mit unseren 1,38 Milliarden Mitgliedern haben wir als Kirche Gewicht.»
«Das Thema Artenvielfalt betrifft die Kirche auf verschiedenen Ebenen», sagt Kurt Zaugg-Ott, Co-Leiter der Fachstelle Oeku. Zunächst theologisch: «Im Buch Genesis ist Biodiversität ein zentrales Thema.» Dann auch ganz praktisch: «Die meisten Kirchen stehen mitten in Siedlungen und verfügen über grosse Grünflächen. Sie könnten darum gut zur Bewahrung der Schöpfung beitragen mit naturnahen Anlagen, die Lebensräume untereinander verbinden.»
Eine der Pfarreien, deren Kirche und Pfarrhaus mitten im urbanen Raum stehen, ist Peter und Paul in Aarau. Seit März 2024 ist die Pfarrei mit dem «Grünen Güggel» zertifiziert. Die kirchliche Sozialarbeiterin Heidi Emmenegger kümmert sich in der Pfarrei um die Förderung der Biodiversität. Sie bringt einiges an Wissen und ein grosses Interesse am Thema mit. Zusammen mit Viktor Schmid, einem Ehrenamtlichen aus der Gemeinde mit Naturschutzprojekt-Erfahrung, leitet sie die Umgestaltung von 1000 Quadratmetern Fläche in eine naturnahe Umgebung.
Sichtbarkeit als Multiplikationsfaktor
Das Konzept liess sich die Pfarrei vom Museum «Naturama» erarbeiten. Das für die Umsetzung benötigte Geld kommt, zusätzlich zu den Beiträgen der Gemeinde, von der Stiftung «Lebensraum Aargau», vom Ökofonds der Landeskirche und vom Kanton. Seit Beginn der Arbeiten im Jahr 2020 hat die Pfarrei schon mehr als die Hälfte der vorgesehenen Veränderungen umgesetzt. In der Rabatte zwischen Poststrasse und Kirche blüht und summt es, Stauden und Gräser wachsen dem Himmel entgegen und ein Wurzelstock bietet Käfern Unterschlupf. Auf einer weiteren Freifläche hat die Pfarrei eine Wildblumenwiese angesät. Auf dem Areal wurden mehrere Bäumen gepflanzt. «Oft loben Gemeindemitglieder und Passanten unsere naturnahen Flächen», sagt Heidi Emmenegger. Viele Menschen nehmen die Pfarrei als grüne Oase neben dem Aarauer Bahnhof wahr und lassen sich hoffentlich davon inspirieren. Diese «Multiplikatorfunktion» hat die Pfarrei bewusst genutzt, indem sie Passanten mit Plakaten über die Umgestaltung informierte.
Für die Pflege braucht es Freiwillige
Die Arbeiten und die Pflege bewältigen Heidi Emmenegger und Viktor Schmid, dem Abwart, Freiwilligen und gelegentlichen Einsätzen der pfarreilichen Jugendverbände. «Als Sozialarbeiterin bringe ich wenn möglich auch das Diakonische in die Umgestaltung ein. Anpflanzen und Unkraut jäten, überhaupt das Arbeiten in der Natur, eignen sich sehr gut für den Einsatz von Freiwilligen», weiss sie aus Erfahrung. «Das Projekt bereitet allen Freude.» Distelfink, Hummeln und Wildbienen hat Emmenegger auf den neu bepflanzten Flächen schon beobachtet. Sie sagt: «Ich fühle mich inzwischen unwohl, wenn ich leblosen Rasen und Schotterplätze sehe.»
Der Grüne Güggel
Das Umweltmanagementsystem (UMS) Grüner Güggel hilft Kirchgemeinden bei der Verbesserung ihrer Umweltleistung. Es dient der Optimierung des Ressourcenverbrauchs, spart Betriebskosten und wirkt langfristig und motivierend über die Gemeindegrenzen hinaus.
Der Weg zum Grünen Güggel erfolgt in zehn Schritten: Eine Umweltgruppe erarbeitet in einem Umweltprogramm die wichtigsten Massnahmen, sei es beim Energiesparen, bei der Büroökologie oder bei der Umgebungsgestaltung. Schöpfungsleitlinien halten die wichtigsten Grundsätze für das umweltgerechte Gemeindeleben fest. Klare Abläufe und Verantwortlichkeiten stellen sicher, dass Umweltfragen regelmässig bearbeitet werden. Alle weiteren Infos gibt es auf der Website www.oeku.ch



