Gottsuche im World Wide Web
Screenshot Minecraft Gottesdienst Weihnachten 2022
Bild: © Youtube/Ecclesia Digitale

Gottsuche im World Wide Web

Fast alles, was es im realen Leben gibt, spiegelt sich in ​der digitalen Welt. So verhält es sich auch mit religiösen ​Angeboten, wie die folgenden vier Beispiele zeigen.


Die Online-Über­tra­gun­gen der Gottes­di­en­ste halfen während der Coro­n­a­pan­demie ein min­i­males religiös­es Ange­bot aufrecht zu erhal­ten. Die Pfar­reien und Kirchge­mein­den rüsteten sich tech­nisch auf und erfuhren dadurch einen Dig­i­tal­isierungss­chub. Religiöse Ange­bote im Netz wur­den sei­ther stetig aus­ge­baut. Längst kön­nen Gläu­bige nicht nur den Pfar­rer oder die Seel­sorg­erin am Altar beobacht­en, son­dern auch an inter­ak­tiv­en Ange­boten teil­nehmen.

Das Team von «Brot und Liebe» beim gemein­samen Segen © Screen­shot Youtube brot-liebe.net

Geschichten, Brot und Wein teilen

Etwa beim For­mat «Brot und Liebe», einem dig­i­tal­en öku­menis­chen Gottes­di­enst, der zweimal pro Monat am Son­ntagabend stat­tfind­et. Teil­nehmende tre­f­fen sich in ein­er online Videokon­ferenz. Im Zen­trum ste­hen drei Geschicht­en: eine bib­lis­che Geschichte und zwei per­sön­liche Geschicht­en. Diese ver­hallen nicht in den Weit­en des Net­zes, son­dern wer­den von den Teil­nehmenden im Chat kom­men­tiert. Gemein­sam eine Kerze anzün­den, Gebete und ein Segen sind weit­ere Ele­mente von «Brot und Liebe». Ausser­dem teilen die Net­z­gottes­di­enst-Besuchen­den Brot und Wein. Bis zum näch­sten Online-Gottes­di­enst bleiben die Teil­nehmenden über Insta­gram ver­bun­den.

Glauben und gamen

Im Minecraft-Gottes­di­enst tre­f­fen sich die meist jugendlichen Teil­nehmenden, vertreten durch ihre Spielfig­uren, inner­halb eines Videospiels. Minecraft gibt es seit 2009 und führt die Hitliste bei den zwölf- bis 17-Jähri­gen bis heute an. Die Spielerin­nen und Spiel­er erschaf­fen mit Blöck­en – Legosteinen ähn­lich – dig­i­tale Wel­ten und erleben darin Aben­teuer. Die Minecraft-Gottes­di­en­ste find­en in ein­er aus Blöck­en gebaut­en Kirche statt. In der Liturgie find­en sich dur­chaus klas­sis­che Ele­mente: Segen, Gebete, Lieder, Für­bit­ten. Von der Predigt allerd­ings wer­den die Jugendlichen ver­schont. Das Evan­geli­um wird spielerisch erkun­det in zuvor passend zum The­ma gebaut­en Land­schaften. Da schlüpfen die Spie­len­den in Rollen bib­lis­ch­er Fig­uren. In der Wei­h­nachts­geschichte etwa kön­nen sie dem Jesuskind gle­ich selb­st ein Geschenk vor­beib­rin­gen. Das Ange­bot des Minecraft-Gottes­di­en­stes stammt vom Berlin­er Bibella­bor, das aus der 1710 gegrün­de­ten Canstein­schen Bibelanstalt gewach­sen ist.

Alle medi­tieren zusam­men im Net­zk­loster, gle­ichzeit­ig aber an ver­schiede­nen Orten. © Screen­shot netzkloster.ch

Virtuelles Kloster

Im Net­zk­loster kom­men Men­schen auf ihre Kosten, die nicht Spiel, son­dern Kon­tem­pla­tion suchen. Das Net­zk­loster beste­ht seit 2021 und gehört zum Ange­bot der evan­ge­lisch-methodis­tis­chen Kirche. Es richtet sich aber nach eige­nen Angaben an alle «Sucherin­nen und Such­er». Im Zen­trum der religiösen Prax­is ste­ht die Med­i­ta­tion des Herzens­ge­bets, die in der christlichen Mys­tik ver­ankert ist und mehrmals pro Woche gemein­sam online geübt wird. In einem zwölfwöchi­gen Lehrgang wer­den die Grund­la­gen für die regelmäs­sige Teil­nahme ver­mit­telt. Physisch wer­den lediglich «Stil­letage in der Natur» ange­boten. Die Ange­bote sind kostenpflichtig.

Soziale Medien statt Kanzel

In den Sozialen Medi­en fall­en die religiösen Influ­encerin­nen auf, wie etwa die katholis­che The­olo­gin Jacque­line Straub oder die reformierte The­olo­gin Eve­lyne Baum­berg­er. In Videos, Bildern und Tex­ten erre­ichen sie Tausende von Fol­low­erin­nen und Fol­low­ern. Nicht nur am Son­ntag im Gottes­di­enst, son­dern zu jed­er Zeit im All­t­ag teilen sie ihre Gedanken – oft aus­ge­hend von ihrer per­sön­lichen Befind­lichkeit. Die Sin­n­flu­encerin­nen, wie sie auch genan­nt wer­den, kom­men­tieren die Welt und zeigen dabei exem­plar­isch auf, wie der Glaube ihnen hil­ft, sich in ihr zurecht zu find­en. Die Fol­low­erin­nen und Fol­low­er reagieren darauf mit Kom­mentaren und Likes.

Eva Meienberg
mehr zum Autor
nach
soben