Geflüchtete und Einheimische zusammen am Herd

Geflüchtete und Einheimische zusammen am Herd

  • Unter dem Mot­to «gren­zen­los geniessen» kocht­en am Son­ntag, 16. Sep­tem­ber, in Stein Men­schen aus Eritrea, Syrien, Afghanistan, Pak­istan und weit­eren Län­dern zusam­men mit Ein­heimis­chen.
  • Die Organ­i­sa­tion «JASS» unter­stützt mit solchen Anlässen die Inte­gra­tion von Min­der­heit­en in unsere Gesellschaft.
  • Dabei set­zt der 2015 gegrün­dete Vere­in auf Infor­ma­tion und Begeg­nung zum Abbau von Vorurteilen.
 Zakiy hat den unan­genehm­sten Job erwis­cht. Er lässt Teigtaschen von der Kelle ins siedende Öl gleit­en. Sein Griff um den Pfan­nen­stiel ist fest, mit kreisenden Bewe­gun­gen frit­tiert er den teigi­gen Halb­mond. Und immer mal wieder trifft ihn ein Spritzer heiss­es Öl. Schnell springt er einen Schritt zurück, um seine Arbeit gle­ich wieder aufzunehmen. Unter­dessen wallt Sami Teigkreise aus, sein Neben­mann stre­icht die Fül­lung aus Lauch und Kartof­feln auf eine Hälfte. Zwei junge Män­ner mustern skep­tisch den Reis in der Pfanne und geben dann bekan­nt, dass er in sieben Minuten bere­it sei. Während Zakiy und seine Kol­le­gen das Menü fer­tigkochen, hil­ft Andrea den Tisch deck­en, Fit­sum holt Stüh­le und Seline richtet das Buf­fet ein.

Anfängliches Chaos ist gewollt

Es sind die let­zten Minuten ein­er dreistündi­gen Koch­phase. Punkt siebzehn Uhr wird das Essen serviert. Zubere­it­et haben die ver­schiede­nen Speisen Men­schen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Pak­istan, Tai­wan und weit­eren Län­dern zusam­men mit Ein­heimis­chen. «Gren­zen­los geniessen» heisst der Anlass, den der Vere­in «JASS» am Son­nta­gnach­mit­tag, 16. Sep­tem­ber, im Saal­bau in Stein organ­isiert hat. Die Kochnach­mit­tage find­en seit län­gerem in ver­schiede­nen Gemein­den im Kan­ton Zürich und seit diesem Jahr auch im Aar­gau statt. Diesen Herb­st kocht JASS in Baden, Mägen­wil, Stein, Wohlen und Würen­los. So kom­men zuge­wan­derte, geflüchtete und in der Schweiz behei­matete Men­schen am Kochherd und am Esstisch zusam­men. Dabei ergibt sich anfangs jew­eils ein Chaos. Das ist gewollt. Die Leute sollen sich selb­ständig organ­isieren. Nach einiger Zeit gelingt es den unter­schiedlichen Men­schen, gemein­sam die Zutat­en auszuwählen, die Auf­gaben zu verteilen und eine feine Speise zu kochen. Auf Hochdeutsch und Englisch, gestikulierend und einan­der über­set­zend, schaf­fen es die Teams immer irgend­wie, sich zu ver­ste­hen. Ist das Essen dann auf dem Tisch, ist bere­its eine Basis für den tief­er­en Aus­tausch geschaf­fen.

«Es ist nur ein Kopftuch»

Der Vere­in JASS set­zt auf Infor­ma­tion und Begeg­nung, um die Inte­gra­tion von Min­der­heit­en in unsere Gesellschaft zu unter­stützen. Auf der Suche nach einem Rezept, um Vorurteilen, Ras­sis­mus und Diskri­m­inierung zu begeg­nen, grün­dete die Sozialar­bei­t­erin Judith Büh­ler im Herb­st 2015 diese Organ­i­sa­tion. In einem früheren Presse­bericht hielt sie fest: «Wir woll­ten Sol­i­dar­ität dem Hass gegenüber­stellen». Der Vere­in­sname leit­et sich von der Abkürzung für den englis­chen Satz «just a sim­ple scarf» ab. Auf Deutsch: «Nur ein ein­fach­es Tuch». Das ging Judith Büh­ler durch den Kopf, als sie wieder ein­mal einen Bericht über das Reizthe­ma Kopf­tuch las. JASS bringt zum Aus­druck, dass wir im Umgang mit Geflüchteten nicht die Unter­schiede, son­dern die Gemein­samkeit­en in den Vorder­grund stellen sollen.

Aufsuchende Arbeit im Vorfeld

Inzwis­chen arbeit­en neun Frauen und Män­ner in Teilzeit­pensen für die Geschäftsstelle von Jass. Dazu kom­men ein dreiköp­figer Vor­stand sowie viele ehre­namtliche Mitar­bei­t­ende. Ana Lagu­na arbeit­et unge­fähr 20 Prozent als Per­son­allei­t­erin für den Vere­in. Sie hat für den Kochan­lass in Stein zusam­men mit dem frei­willi­gen Mitar­beit­er Ebnomer Taha die Leitung über­nom­men. Einem solchen Kochevent gehe eine län­gere Vorar­beit voraus, erk­lärt sie. Dazu gehört die auf­suchende Arbeit. Für den aktuellen Anlass in Stein hat Seline Keller von der Koor­di­na­tion­sstelle für Frei­willi­ge­nar­beit im Asyl­bere­ich die Auf­gabe über­nom­men, Men­schen in Asylzen­tren und Deutschkursen zu besuchen und zum Anlass einzu­laden. Die Koor­di­na­tion­sstelle «mit.dabei-Fricktal» und die Gemeinde Stein unter­stützten JASS, der als Vere­in primär in Zürich behei­matet und auf lokale Part­ner angewiesen ist. Entschei­dend ist aber auch, dass Ein­heimis­che die Kochan­lässe besuchen. Denn ohne Mit­glieder der «Auf­nah­mege­sellschaft», wie Ana Lagu­na sagt, funk­tion­iert die Inte­gra­tion nicht.

Es braucht auch die Einheimischen

Das ist ein Punkt, den auch Andrea Porriciel­lo her­vorhebt. Sie ist im Gemein­der­at von Stein für das Ressort Gesund­heit und Soziales ver­ant­wortlich und half mit ihrer Fam­i­lie am Son­ntag beim Kochen. «Es ist ein toller Anlass und die Idee überzeugt mich», sagt sie. Ein wenig schade sei, dass nur wenige Schweiz­erin­nen und Schweiz­er gekom­men seien. Andrea Porriciel­lo sagt: «Das näch­ste Mal werde ich die Leute in meinem Umfeld per­sön­lich ansprechen und ein­laden». Die näch­sten Kochan­lässe «gren­zen­los geniessen» im Aar­gau:Sam­stag, 22. Sep­tem­ber, Würen­losSon­ntag, 23. Sep­tem­ber, Mägen­wilSon­ntag, 17. Novem­ber, WohlenInfos und Anmel­dung unter www.jass-mit.ch  
Marie-Christine Andres Schürch
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