
Bild: © Roberto Conciatori
Ein Herz für die Kinder von Bethlehem
Mit Schoggiherzen Hoffnung spenden
Seit über 50 Jahren organisiert eine Gruppe aus Sursee in der Adventszeit die schweizweite Aktion «Ein Herz für die Kinder von Bethlehem». Auch Pfarreien im Aargau und im Baselbiet machen mit.
Eine Gruppe Frauen steht in einem Raum des Kapuzinerklosters um einen Tisch und packt. Auf dem Tisch stapeln sich Schachteln von Schokoladeherzen. 1300 davon hat die Gruppe für die Adventsaktion Sursee, wie der Schokoladenverkauf heisst, dieses Jahr bestellt, 45 Stück enthält jede Schachtel, macht also 58 500 Herzen oder fast eine Tonne Schokolade. Die Gruppe in Sursee bestellt die Schokoladenherzen jeweils im Sommer, auf eigenes Risiko. Die 350 Pakete gelangen in alle Kantone, ausgenommen das Tessin. An 180 Adressen hätten sie die Herzen in diesem Jahr verschickt, erklärt Brigitte Käch. Die Herzli seien relativ rasch ausverkauft gewesen, obwohl sie teurer geworden seien. Einige Schachteln sind auch ins «Lichtblick»-Gebiet gelangt. Zum Beispiel in die Pfarrei Münchenstein und in die Pfarrei Frick, die sich seit Jahren an der Adventsaktion beteiligen.
Geld reicht für eine Woche
Voraussichtlich werden auch dieses Jahr mindestens 70 000 Franken Reinerlös zusammenkommen, die dem Kinderspital Bethlehem überwiesen werden können. «Uns wurde einmal gesagt, mit diesem Geld könne das Spital eine Woche lang betrieben werden», sagt Klara Aerne, eine der zehn Freiwilligen. Das motiviere sie. Für Brigitte Käch ist das Mithelfen schlicht «ein Engagement für Menschen, die es nicht so gut haben wie wir». Die 75-jährige Martha Troxler, die Dienstälteste unter den Freiwilligen der Adventsaktion, war schon 1969 dabei, als der damalige Blauringpräses die Aktion nach Sursee holte. Seither ist diese einerseits im Blauring verankert – mit zwei Ausnahmen sind die derzeitigen Freiwilligen alles ehemalige Blauringleiterinnen. Andererseits trägt Sursee selbst am meisten zum Erfolg bei und setzt um die 10 000 Schokoladenherzen ab. Abwechselnd sind Jungwacht, Blauring und Pfadi für den Hausverkauf verantwortlich. Sie tun dies ebenfalls freiwillig, ohne einen Anteil am Erlös zu erhalten. Am Chlausmärt stehen die Adventsaktions-Frauen selbst am Stand, die Papeterie von Matt bietet die Herzen an der Kasse an.
Blick in die Geschichte
Das heutige Kinderspital Bethlehem, 1978 eröffnet als Caritas Baby Hospital, geht auf die Zeit nach der Staatsgründung Israels 1948 zurück. Der Verein Kinderhilfe Bethlehem in Luzern, 1963 gegründet, betreibt es. Das Spital arbeitet unabhängig von der Caritas, ist aber geschichtlich mit ihr verbunden. 1951 wurden erstmals Schokoladenengel für das Kinderspital verkauft, was bald der Blauring Schweiz organisierte. Als 1969 die Caritas eine Dezembersammlung ins Leben rief und einen Teil des Erlöses dem Verein Kinderhilfe Bethlehem zukommen liess, stellte sie den Schokoladenverkauf ein. Der Surseer Priester Andreas Hofer (1910–1985), im Vorstand des Vereins und Präses des Blauring Sursee, holte die Aktion darauf in seine Pfarrei, wo sie seither von Freiwilligen organisiert wird.
Bethlehem liegt im Westjordanland und gehört zu den Palästinensischen Autonomiegebieten, die Stadt liegt nur etwa nur etwa 10 Kilometer südlich von Jerusalem. Die Geburtskirche in Bethlehem, die auf der Titelseite dieser Ausgabe abgebildet ist, ist wegen des Kriegs in Gaza in den letzten zwei Jahren nur spärlich besucht worden, der Tourismus im Westjordanland ist komplett eingebrochen. Die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung ist stark eingeschränkt; viele Menschen, die zum Arbeiten nach Israel fuhren, haben ihren Job verloren. Die wirtschaftliche Lage ist prekär. Die Unsicherheit, wie es im Gazastreifen weitergeht, belastet auch die Menschen im Westjordanland. Dieses Jahr hat die Stadt Bethlehem beschlossen, wieder einen Weihnachtsbaum aufzustellen. Es gibt die vorsichtige Hoffnung, dass sich die Lage zwischen Israeli und Palästinensern stabilisiert.
Am Päckli oder am Christbaum
Die Schokoladenherzen, die von der Firma Maestrani extra für die Adventsaktion produziert werden, kann man nicht im Laden kaufen. Die Pfarreien und die vielen Freiwilligen bringen sie aber auf viele Arten unter die Leute. Sie liegen an Freiwilligen-Essen neben dem Teller, werden an Rorategottesdiensten abgegeben, von Firmen dem Weihnachtsbrief beigelegt und von vielen Leuten an Päckli oder Christbaum geknüpft. In der Pfarrei Münchenstein stehen in der Adventszeit nach dem Gottesdienst die Ministrantinnen und Ministranten an der Kirchentür und verkaufen die Schoggiherzli.
Von Sursee ins Fricktal
In Frick verkaufen die Kinder der 5. und 6. Klasse mit ihrer Katechetin Daniela Grether die Schoggiherzen am Weihnachtsmarkt. Der frühere Fricker Seelsorger Thomas Sidler stammte aus Sursee und brachte die Aktion ins Fricktal. Bisher hat Daniela Grether jeweils zehn Schachteln Herzli bestellt, 450 Stück. Ab diesem Jahr kostet ein Herz neu zwei Franken, weil Schokolade und Porto teurer geworden sind. Deswegen hat Daniela Grether dieses Jahr nur sechs Schachteln bestellt. Eine davon wird an der Adventsfeier der Seniorinnen und Senioren verschenkt, die anderen Herzli verkaufen die Schülerinnen und Schüler.
Kinder wissen, wofür sie sammeln
In den letzten Jahren sind so jeweils etwa 600 Franken für die Kinderhilfe Bethlehem zusammengekommen. Daniela Grether sagt: «Die Kinder sind mit Freude beim Verkaufen dabei und wissen, wohin das Geld geht, weil sie im Religionsunterricht einen Film über das Kinderspital Bethlehem schauen.»
Riesige Solidarität
Der Krieg, der vor zwei Jahren erneut und heftiger als je zuvor ausbrach, hat den Erlös nicht etwa gemindert. Im Gegenteil. Martha Troxler spricht von einer «riesigen Solidarität». Die Menschen im Heiligen Land müssten weiterhin unterstützt werden, ungeachtet ihrer Herkunft und Religion.