Ein goldiger Segen

Ein goldiger Segen

Wer sel­ber keinen grü­nen Dau­men hat, staunt oft­mals, wie wun­der­schön Gärten sein kön­nen. Bere­its zum acht­en Mal gibt es 2017 die Aktion «Offen­er Garten». In deren Rah­men gab und gibt es Garten­perlen zu bestaunen, die man son­st nicht sieht, so auch im Kloster Fahr.Elf Men­schen jeden Alters ver­sam­melten sich am Son­ntag, 18. Juni 2017, bei blauem Him­mel und angenehmer Tem­per­atur im Innen­hof des Klosters. Schwest­er Beat­rice läuft in hell­blauem Arbeit­shabit und mit Som­mer­stro­hhut gegen die glänzende Sonne geschützt über Kieswege, die einen der vier Gärten des Kloster Fahr in vier Vier­tel unterteilt.

Heilende Wirkung

Grün­er Dau­men hin oder her: Es zeigt sich, dass der Men­sch nur begren­zten Ein­fluss auf Wach­sen und Gedei­hen aller Pflanzen hat. «Ich hätte nicht geglaubt, dass wir nach dem Frost so eine gute Ernte erwarten dür­fen», sagt Schwest­er Beat­rice mit Blick auf die Hei­del­beeren. «Es ist ein goldiger Segen», schliesst sie noch an. Dass es von mehr als dem Men­schen abhängt, machen auch die Insek­ten­ho­tels an den Wän­den der Mauern deut­lich. Alles hängt mit allem zusam­men.Dann wan­dert Schwest­er Beat­rice weit­er, die Besucherin­nen und Besuch­er dicht auf den Fersen. Die Benedik­tiner­in bleibt immer wieder ste­hen und beschreibt die Wirkungsweise oder Ver­wen­dungsart ein­er Pflanze. Die Fette Henne, vie­len als unver­wüstliche Topf­pflanze bekan­nt, enthält Aloe. Nimmt man die dünne Aussen­haut weg, kann sie als Pflaster auf kleine Wun­den gelegt, Lin­derung schenken. Ein Beet weit­er, pflückt sie die Blüte ein­er Spargelerb­se. Es ist eine alte Erb­sen­sorte, die prak­tisch direkt und ohne müh­sames Rüsten auf den Teller kann. «Ich freue mich immer ab der kleinen Blüte», sagt Schwest­er Beat­rice, die blut­stropfen­roten Blättchen zwis­chen den Fin­gern.

Pflanzen nach dem Sonnenlauf

Seit rund zwanzig Jahren betreut und begleit­et Schwest­er Beat­rice den Garten, gab ihr Wis­sen auch an der mit­tler­weile geschlosse­nen Bäuerin­nen­schule weit­er. Vor dem Gebäude, das bis 2013 jene Schule beherbergte, erk­lärt die Benedik­tiner­in die Kräuter­spi­rale: «Die Kräuter sind dort geset­zt, wo sie das passende Licht bekom­men. Manche Pflanzen brauchen die Mor­gen­sonne, andere Schat­ten», sagt Schwest­er Beat­rice.Ob hin­ter allem auch Hilde­gard von Bin­gen, die kräuterkundi­ge Benedik­tiner­in und Uni­ver­sal­gelehrte aus dem 11. Jahrhun­dert ste­he? Schwest­er Beat­rice lächelt. Sie habe auch Hilde­gard-Kräuter in ihrem Garten, natür­lich. Und auch wenn das Wis­sen um die Kräuter nicht mehr allein in den Klöstern behei­matet sei, jedes Kloster habe natür­lich seine Spezial­itäten, die es weit­ergebe. Sie sel­ber beschäftige sich seit rund zwei Jahren mit Kom­bi­na­tio­nen aus Kräutern und Salz.

Verborgener Garten im Innenhof

Duf­tende Verveine, würziger Schoten­ret­tich — im Garten zwis­chen Pforte, Mauer und Anna-Kapelle geht es inter­ak­tiv zu und her: man tauscht sich aus. Der eigene Garten, lästiger Schädlings­be­fall, der Umgang mit ein- bis mehrjähri­gen Pflanzen, Samen­zucht oder Hin­weise zur guten Mis­chung von Nutz- und Zierpflanzen: Geduldig beant­wortet Schwest­er Beat­rice die ver­schiede­nen Fra­gen, gibt wertvolle Hin­weise.Ganz anders sieht es einige Minuten später aus. Im inneren Hof des Klosters – umrahmt von der Kirche und den drei Trak­ten des Klosterge­bäudes – liegt ein Garten, den man nicht aller Tage sieht. Mehr als zwanzig, von Buchs­baumheck­en umfasste Beete, liegen dort. Auch hier wird geern­tet – Tees, die im Kloster getrunk­en wer­den. Doch der Garten dient vor allem der Besin­nung, manch­er Schwest­er, die in der Weberei arbeit­et, auch als Aus­gle­ich. Vom Fen­ster im ersten Stock­w­erk ist ein  guter Überblick gewährleis­tet. Blühende Rosen fall­en beson­ders ins Auge. Ruhe und Stille klin­gen ins Ohr.Home­page der Aktion Offen­er Garten 
Anne Burgmer
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