Ein Aargauer als Kompromiss-Finder

Ein Aargauer als Kompromiss-Finder

  • Zürich feiert 2019 Refor­ma­tion­sju­biläum. Im Aar­gau ist es erst in zehn Jahren so weit: In Brem­garten wurde 1529 durch die Pfin­gst­predigt von Hein­rich Bullinger die Ref­or­ma­tion einge­führt.
  • Der in der öffentlichen Wahrnehmung wenig präsente Hein­rich Bullinger war Nach­fol­ger Zwinglis in Zürich und einigte die ver­schiede­nen Schweiz­er Refor­ma­tions­be­we­gun­gen.
 Wenn man über Hein­rich Bullinger liest, fragt man sich automa­tisch, wie viel Platz seine gesam­melten Schriften ein­genom­men haben müssen; wie viel Tinte, Perga­ment und Fed­erkiel er in seinem Leben wohl ver­schliessen haben mag. Ein ungewöhn­lich­es Aus­mass habe allein seine Kor­re­spon­denz: 12 000 über­lieferte Schreiben bilden einen der aus­führlich­sten Gelehrten- und Refor­ma­tions­briefwech­sel des 16. Jahrhun­derts betont das His­torische Lexikon der Schweiz. Sein Net­zw­erk erstreck­te sich über den deutschsprachi­gen Raum bis nach Eng­land und auch Polen.

Geburtsort Bremgarten

Bullinger ist als Refor­ma­tor weit weniger bekan­nt als Zwingli in Zürich oder Calvin, der in Genf der Ref­or­ma­tion seinen Stem­pel auf­drück­te. Eine Sil­ber­münze, die 2017 zum 500-Jahr-Jubiläum der Ref­or­ma­tion geprägt wurde, zeigt Zwingli und Calvin. Von Bullinger keine Spur. Es erin­nert an das mod­erne Klis­chee, der Aar­gau sei Durch­schnitt und vor allem zum Durchreisen gut. Wer den Aar­gau ken­nt, weiss, dass es anders ist. Bullingers Geburt­sort Brem­garten beispiel­sweise, erstaunt Nicht-Aar­gauer regelmäs­sig mit sein­er Schön­heit, «wenn ich vorher gewusst hätte, wie schön es hier ist, wäre ich schon früher gekom­men», heisst es oft.Vor zehn Jahren feierte die Reformierte Kirchge­meinde Brem­garten-Mutschellen ihren Refor­ma­tor: Sein Porträt wurde auf einen Wagen der BDWM-Bahn, die Dietikon via Brem­garten mit Wohlen verbindet, gek­lebt; in Brem­garten wurde ein Bullinger-Weg eingewei­ht. Man kann spezielle Stadtrundgänge buchen, die in die Geschichte des Aar­gauer Refor­ma­tors ein­führen. Man darf ges­pan­nt sein, was sich die Reformierte Lan­deskirche und die Pfar­rge­meinde vor Ort für das Jahr 2029 ein­fall­en lassen wird. Dann zieht der Aar­gau mit dem Refor­ma­tion­sju­biläum nach, während die Zürcher 2019 feiern.

Nachfolger Zwinglis

1529 wurde die Ref­or­ma­tion im Kan­ton durch die Pfin­gst­predigt Bullingers in Brem­garten einge­führt. Doch bere­its zwei Jahre später, 1531 nach dem zweit­en Kap­pel­er Krieg und dem Tod Zwinglis, musste Brem­garten wieder katholisch wer­den und Bullinger ging ins Zürcher Exil. Dort kam der Aar­gauer zur Nach­folge Zwinglis. Ihm gelang es nicht nur, die Ref­or­ma­tion in Zürich zu sta­bil­isieren, schlussendlich klärte er die Abendmahls­frage zwis­chen Calvin­is­ten und Zwinglian­ern und einigte so die ver­schiede­nen Schweiz­er Refor­ma­tions­be­we­gun­gen. Ein Aar­gauer als Kom­pro­miss-Find­er. Â«Auss­er sein­er Zürcher Bibel hat Zwingli nicht viel geschaf­fen»In einem Inter­view mit Charles Mar­tig, Direk­tor des Katholis­chen Medien­zen­trums kath.ch äusserte sich der emer­i­tierte Chur­er Wei­h­bischof Peter Henri­ci in wohltuen­der Klarheit in weni­gen Sätzen, was er von der Zürcher Ref­or­ma­tion hält.Wie ste­hen Sie als gross­er Ver­fechter der Ökumene zu Zwingli? Henri­ci: Zwingli war kein gross­er Öku­meniker. Mein reformiert­er Fre­und und Kirchen­rat­spräsi­dent Rue­di Reich hat immer gesagt, Bullinger sei viel wichtiger als Zwingli.Wieso hat er Bullinger so sehr geschätzt? Henri­ci: Hein­rich Bullinger war ein gross­er The­ologe. Er hat die Zürcher Ref­or­ma­tion in die Welt hin­aus­ge­tra­gen. Zwingli hat im Kleinen poli­tisch etwas bewirkt. Auss­er sein­er Zürcher Bibel hat er nicht viel geschaf­fen. Bullinger war hinge­gen der Pro­mot­er, der als reformiert­er The­ologe sehr lange gewirkt hat. Die reformierte Kirche hat Bullinger mehr zu ver­danken als Zwingli, der nur den Anstoss gegeben hat.
Anne Burgmer
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