Politisierter Weltgebetstag

Politisierter Weltgebetstag

  • Am Fre­itag, 1. März find­et der Welt­ge­bet­stag in über 170 Län­dern statt.
  • Dieses Jahr stammt die Liturgie von Palästi­nenserin­nen und wird seit dem Aus­bruch des Kriegs in Israel kri­tisiert.
  • Vroni Peter­hans, die Präsi­dentin des Welt­ge­bet­stags Schweiz, hofft, dass die Gebete für alle, die unter dem Krieg lei­den, gehört wer­den.

Seit bald 100 Jahren wird am ersten Fre­itag im März der Welt­ge­bet­stag gefeiert. In über 170 Län­dern und Regio­nen bere­it­en Frauen aus vie­len christlichen Tra­di­tio­nen den gemein­samen Gebet­stag vor. In ihrer Erk­lärung von Sam­bia aus dem Jahr 1978 bezeu­gen sie, dass das Teilen von Glaubenser­fahrun­gen, das gemein­same Gebet und der Dienst für die Gesellschaft sie stärke. Dass Glauben und Han­deln ver­bun­den seien und deren Wirkung einen grossen Ein­fluss in der Welt habe.

Liturgie von Palästinenserinnen

Die Liturgie für den Welt­ge­bet­stag stammt jedes Jahr aus einem anderen Land. Die inter­na­tionale Welt­ge­bet­stags-Kon­ferenz bes­timmt diese Län­der demokratisch. 2017 wurde an der Kon­ferenz in Brasilien Palästi­na für die Vor­bere­itung der Liturgie für das Jahr 2024 bes­timmt. Unter dem Mot­to: «…durch das Band des Friedens» haben die Palästi­nenserin­nen ihre Liturgie vor­bere­it­et, die bere­its 2022 vor­lag.

[esf_wordpressimage id=48509 aspectratio=“1375:1940” width=half float=right][/esf_wordpressimage]

Krieg in Israel polarisiert

Nach dem Über­fall der islamistis­chen Hamas am 7. Okto­ber 2023 herrscht wieder Krieg in Israel. Die öffentliche Mei­n­ung über den Kon­flikt ist weltweit polar­isiert. Auch der Welt­ge­bet­stag ste­ht in der Kri­tik. In Deutsch­land wur­den die palästi­nen­sis­chen Ver­fasserin­nen der Liturgie von der Gesellschaft für Christlich-Jüdis­che Zusam­me­nar­beit bezichtigt, anti­semi­tis­ches Mate­r­i­al zur Ver­fü­gung zu stellen. Ausser­dem wurde die Kün­st­lerin Hal­i­ma Aziz, die das Plakat für den Welt­ge­bet­stag gestal­tet hat, beschuldigt, sich mit der Hamas sol­i­darisiert zu haben. Der Vor­stand des Welt­ge­bet­stags der Frauen in Deutsch­land stoppte daraufhin im ver­gan­genen Novem­ber den Ver­sand des Mate­ri­als für die Liturgie. Nach der Über­ar­beitung durch das deutsche Komi­tee wur­den im Jan­u­ar neue Unter­la­gen ver­schickt.

[esf_wordpressimage id=48514 width=half float=left][/esf_wordpressimage]

Antiisraelische Passagen

In der Schweiz, wo man eng mit dem deutschen und öster­re­ichis­chen Komi­tee zusam­me­nar­beit­et, sah man von ein­er eige­nen Über­ar­beitung der Liturgie ab, obwohl es auch hierzu­lande Kri­tik an der palästi­nen­sis­chen Vor­lage gibt. Vroni Peter­hans, die Präsi­dentin des Welt­ge­bet­stags Schweiz, hält das Mate­r­i­al der Palästi­nenserin­nen nicht für anti­semi­tisch, in eini­gen Pas­sagen jedoch für anti­is­raelisch, etwa in den per­sön­lichen Erfahrungs­bericht­en von palästi­nen­sis­chen Frauen, wie sie gegenüber kath.ch sagte. Sie hät­ten im Vor­stand jedoch das Ver­trauen, dass in der Schweiz die Frauen an der Basis, diese Berichte richtig einzuschätzen wis­sen. – «als ein per­sön­lich­es Erzählen über erlebtes Leid».

Zusätzliches Gebet für die Liturgie 2024

Wir beten für die Frauen,
die ger­ade jet­zt Kinder und Ange­hörige ver­lieren.
Wir beten, dass sie mit ihrer Stärke
ein Zeichen der Stand­haftigkeit set­zen
und sie die Lei­den und Schmerzen mit Würde ertra­gen:
Gott, gib ihnen den Mut, die Schwierigkeit­en zu über­winden.
Wir bit­ten darum, dass ihr Bemühen
um Frieden und Woh­lerge­hen
inmit­ten dieser Not ein Licht­blick zu sein ver­mag.

In dieser Zeit des Krieges beten wir
um die Heilung der Herzen und die Rück­kehr des Friedens:
Möge das Mit­ge­fühl über den Hass siegen,
und möge das Leid all der­er gelin­dert wer­den,
die durch den Krieg zu Schaden gekom­men sind.
Gott, ver­lei­he ihnen Kraft, Trost und Hoff­nung
auf eine glück­lichere und gerechtere Zukun­ft.

Wir beten für alle Fam­i­lien, die Ange­hörige ver­loren haben,
für die Ver­schleppten, die Ver­mis­sten
und alle, die noch unter den Trüm­mern liegen:
Möge der Geist Gottes ihnen Geduld und Kraft schenken,
solange sie darauf warten, wieder vere­int zu wer­den.
Jesus, wir beten für das Ende aller Kriege,
beson­ders in dem Land, das du Heimat genan­nt hast.
Du bist unser Erlös­er,
der uns die wahre Bedeu­tung des Friedens gelehrt hat.
Leite uns und gib uns die Kraft,
den Frieden in unserem täglichen Leben zu üben.

Amen.

Handreichungen von der Evangelisch-reformierten Kirche

Die Evan­ge­lisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) hat auf eigene Ini­tia­tive eine Han­dre­ichung zur Liturgie des Welt­ge­bet­stag pub­liziert. Darin weist sie auf einige heik­le Aspek­te hin. In der Han­dre­ichung emp­fiehlt die EKS auf den Begriff «Nak­ba» zu verzicht­en, der poli­tisch aufge­laden, mehrdeutig und missver­ständlich sei. Ausser­dem emp­fiehlt die EKS auf das Sym­bol des Schlüs­sels zu verzicht­en. Der Schlüs­sel sym­bol­isiere die Rück­forderung des palästi­nen­sis­chen Lan­des und damit sei die Idee ver­bun­den, den israelis­chen Staat grund­sät­zlich abzulehnen und die israelis­che Bevölkerung eli­m­inieren zu wollen. Ausser­dem wer­den in der Han­dre­ichung Anpas­sun­gen an den Für­bit­ten vorgeschla­gen, damit das Gebet für die einen, nicht als Gebet gegen die anderen inter­pretiert werde.

Ergänzungen aus Palästina

Unter­dessen sind bei Vroni Peter­hans die ver­sproch­enen Ergänzun­gen zur Liturgie vom palästi­nen­sis­chen Komi­tee eingetrof­fen, die nun den Vor­bere­itungs­grup­pen des Welt­ge­bet­tages zur Ver­fü­gung ste­hen. Vroni Peter­hans wün­scht sich, dass am Welt­ge­bet­stag für den Frieden in Nahost gebetet wird und dass die Stim­men der Palästi­nenserin­nen gehört wer­den, ohne sie zu beurteilen und ohne sich auf eine Seite zu schla­gen. Sie ver­traue darauf, dass die Gebete für alle, die unter dem Krieg lei­den, gehört wer­den.

Während die einen Vor­bere­itung­steams, die Liturgie mit Ergänzun­gen oder Anpas­sun­gen ver­wen­den, verzicht­en andere Teams auf die Liturgie. Das öku­menis­che Welt­ge­bet­stags-Team in Brugg etwa hat sich dazu entschlossen, mit einem Gebetsweg ein Zeichen zu set­zen. So sollen sich Men­schen am 1. März mit Kerzen begleit­et von Glock­en­geläut gemein­sam auf den Weg machen. Damit ver­bun­den sei die sehn­suchts- und hoff­nungsvolle Bitte, dass Frieden weltweit und auch in Israel und Palästi­na keine Utopie bleibe, son­dern Wirk­lichkeit werde.

Den Weltgebetstag in Ihrer Nähe finden Sie unter diesem Link.

Eva Meienberg
mehr zum Autor
nach
soben