«Du bist uns allen zum Segen geworden»
Priorin Irene Gassmann mit Bundespräsidentin Viola Amherd.
Bild: © Roger Wehrli

«Du bist uns allen zum Segen geworden»

Der AKF-Frauenpreis 2024 geht an Priorin Irene Gassmann, deren spirituelles und kirchenpolitisches Engagement weit über die Klostermauern hinaus geht.

Der Vorstand des Aargauischen Katholischen Frauenbunds AKF überreichte am Sonntag, 10. November, den diesjährigen Frauenpreis an die Benediktinerin Irene Gassmann, Priorin im Kloster Fahr. Bundespräsidentin Viola Amherd war an der Feier zu Gast und brachte im Grusswort ihre Wertschätzung für Priorin Irenes Wirken zum Ausdruck.

Pri­or­in Irene Gassmann ist eine begabte Net­zw­erk­erin. Dank ihrem echt­en Inter­esse an Men­schen und dem überzeugten Ein­ste­hen für spir­ituelle und kirchen­poli­tis­che Anliegen knüpft sie Beziehun­gen über die Kloster­mauern hin­aus. Im Kloster Fahr laufen deshalb viele Fäden zusam­men.

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Die Preisträgerin 2024, Pri­or­in Irene Gassmann. | Bild: Roger Wehrli

Verwandte, Freundinnen und Prominenz aus Kirche und Politik

Das zeigte sich in der gut gefüll­ten Klosterkirche am Son­ntagabend, wo zur Preisver­lei­hung viele Wegge­fährtin­nen und ‑gefährten von Pri­or­in Irene und der Schwest­ernge­mein­schaft erschienen waren. Anwe­send waren Vertreterin­nen und Vertreter der Poli­tik und der Kirche wie die Aar­gauer Gross­rat­spräsi­dentin Mir­jam Kosch und der Würen­los­er Gemein­deam­mann Anton Möck­el; Rena­ta Asal-Ste­ger, bis vor kurzem Präsi­dentin der Römisch-Katholis­chen Zen­tralkon­ferenz, Simone Cureau, Präsi­dentin des Schweiz­erischen Katholis­chen Frauen­bunds oder Hele­na Jeppe­sen-Spuh­ler, die kür­zlich als Syn­odale an der Welt­syn­ode in Rom teilgenom­men hat.

Eine Verbindung geknüpft hat Pri­or­in Irene Gassmann auch zu Bun­desrätin Vio­la Amherd. Sie hat­te sich trotz des Amts als Bun­de­spräsi­dentin Zeit genom­men, ins Kloster Fahr zu kom­men.

Sie versetzte den Stab der Schweizer Armee in nachdenkliches Schweigen

«Pri­or­in Irene und ich haben uns in Rom an der Verei­di­gung der Schweiz­er­garde ken­nen­gel­ernt. Wir kamen ins Gespräch. Und ich freue mich, dass wir das Gespräch heute fort­set­zen kön­nen», sagte Bun­de­spräsi­dentin Vio­la Amherd in ihrem Gruss­wort zur ver­sam­melten Fest­ge­meinde in der Klosterkirche. Pri­or­in Irene hat­te damals an einem Gottes­di­enst im Vatikan zum The­ma «Stille» gepredigt und Amherd hat­te sie danach gefragt: «Pri­or­in Irene, kann man dich buchen?»

Die Vorste­herin des Vertei­di­gungs­de­parte­ments erzählte, dass sie die Pri­or­in nach dem Tre­f­fen in Rom ange­fragt habe, eine Ansprache vor dem Stab des Schweiz­er Mil­itärs zu hal­ten. Als die Pri­or­in dann diesen Früh­ling vor etwa 800 Armeeange­höri­gen auf dem Flug­platz Pay­erne ges­tanden sei, habe das schon bei eini­gen für Stirn­run­zeln gesorgt. «Doch Pri­or­in Irene ver­set­zte den gesamten Stab der Schweiz­er Armee in ein nach­den­klich­es Schweigen», berichtete Vio­la Amherd. Und fügte augen­zwinkernd an: «Das wün­schte ich mir auch ein­mal im Nation­al­rat.»

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Bun­de­spräsi­dentin Vio­la Amherd bei ihrem Gruss­wort. | Bild: Roger Wehrli

Weder Furcht noch übertriebene Ehrfurcht

Was die Kirche und das Mil­itär gemein­sam haben, fasste Amherd so zusam­men: «Auswüchse in der Hier­ar­chie und eine starke Unter­vertre­tung von Frauen.» Umso mehr freue es sie, dass für Pri­or­in Irene Gassmann der Glaube nie Anlass gewe­sen sei, unkri­tisch an Autoritäten zu glauben, in Furcht zu ger­at­en oder in Ehrfurcht zu erstar­ren. «Pri­or­in Irene und ihr Engage­ment hin­ter­lassen nach­halti­gen Ein­druck.» Die Bun­de­spräsi­dentin schloss ihre kurze Rede mit dem Slo­gan des Schweiz­erischen Katholis­chen Frauen­bunds: «Gle­ich­berech­ti­gung. Punkt. Amen.»

Veränderungen kreativ anstossen

«Beten heisst, für möglich hal­ten, dass es anders wird.» Mit diesem Zitat von Dorothee Sölle eröffnete Vroni Peter­hans, Präsi­dentin der Frauen­preiskom­mis­sion des AKF, die Lau­da­tio auf die Preisträgerin. Sie wolle weniger «lau­dare» als vielmehr «benedicere», kündigte Peter­hans zu Beginn ihrer Rede an, das passe bess­er zu ein­er Benedik­tiner­in. «Benedicere» bedeutet Gutes sprechen, preisen, aber auch seg­nen oder wei­hen. Über Pri­or­in Irene Gassmann gebe es viel Gutes zu sagen, zum Beispiel, dass sowohl das Bewusst­sein für Tra­di­tio­nen, aber auch der Mut zum Auf­bruch ihre Spir­i­tu­al­ität prä­gen. Die Pri­or­in wäh­le kreative For­men wie das «Gebet am Don­ner­stag», um Verän­derung voranzubrin­gen, sagte Peter­hans. Sie zeich­nete die Sta­tio­nen von Pri­or­in Irenes Ein­satz für Gle­ich­berech­ti­gung in der Kirche nach: von der Ini­tialzün­dung bei der Pil­ger­reise «Kirche mit* den Frauen» bis zum «Dank am Don­ner­stag». Vroni Peter­hans schloss mit den Worten: «Liebe Pri­or­in Irene, lass uns zusam­men dran­bleiben. Du bist uns allen zum Segen gewor­den.»

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Preisüber­gabe an Pri­or­in Irene durch Vroni Peter­hans, Frauen­preiskom­mis­sion AKF (links) und Pia Viel, Präsi­dentin AKF.

Ein neues Lesepult…

Sichtlich bewegt nahm Pri­or­in Irene Gassmann den Preis ent­ge­gen. Sie sei erfüllt von gross­er Dankbarkeit, sagte sie. «Dankbarkeit für meine Mitschwest­ern und Dankbarkeit für die Möglichkeit­en, die sich mir im Leben eröffnet haben.» Einen Teil des Preis­geldes von 20’000 Franken hat die Pri­or­in für ein neues Lesepult in der Klosterkirche vorge­se­hen. «Das wird gut sicht­bar in der Kirche ste­hen und alle haben etwas davon.»

…und eine Schifffahrt

«Habt ihr auch einen Wun­sch?», habe sie ihre Mitschwest­ern gefragt, berichtet Pri­or­in Irene. Rasch seien sich die Schwest­ern einig gewe­sen, dass sie eine Schiff­fahrt unternehmen wollen. So wer­den die Fahrer Schwest­ern im kom­menden Früh­ling oder Som­mer eine Fahrt auf dem Hall­wiler- oder dem Zürich­see unternehmen.

Der Apéro in den Räu­men des Klosters gab Raum für leb­haften Aus­tausch unter den Gästen. Auch Bun­de­spräsi­dentin Vio­la Amherd plaud­erte angeregt mit den Anwe­senden und umarmte die Pri­or­in zum Abschied her­zlich.

Der AKF-Frauen­preis

Der Frauen­preis des Aar­gauis­chen Katholis­chen Frauen­bun­des AKF wird jährlich ver­liehen und ist mit 20’000 Franken dotiert.

Der AKF-Frauen­preis würdigt Frauen, die sich in beson­der­er Weise für die Belange von Frauen und für gesellschaftlich­es Engage­ment ein­set­zen. Mit dieser Ausze­ich­nung ehrt der Aar­gauis­chen Katholis­chen Frauen­bun­des AKF Frauen, die durch ihre Arbeit und ihr Wirken einen bedeu­ten­den Beitrag zu ein­er gerechteren Gesellschaft leis­ten.

Irene Gassmann engagiert sich seit 20 Jahren als Pri­or­in des Klosters Fahr für die Klosterge­mein­schaft und set­zt sich gle­ichzeit­ig für wesentliche Verän­derun­gen in der Kirche ein. Sie äussert sich zur Rolle der Frau in der katholis­chen Kirche sowohl in spir­itueller als auch in kirchen­poli­tis­ch­er Hin­sicht. Ihr Ziel ist eine gle­ich­berechtigte Kirche, in der Beru­fun­gen und Charis­men von Frauen einen eben­bür­ti­gen Platz haben. Die Preisträgerin wirk­te mass­ge­blich an Pro­jek­ten wie «Für eine Kirche mit* den Frauen», «Gebet am Don­ner­stag» und dem «Lauda­to si Garten» mit.

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Die Schwest­ern des Klosters Fahr mit Vroni Peter­hans von der Frauen­preiskomis­sion, Bun­de­spräsi­dentin Vio­la Amherd, Pri­or­in Irene und AKF-Präsi­­dentin Pia Viel (von links). © Roger Wehrli

https://youtu.be/OV9u6ASt1XQ
Marie-Christine Andres Schürch
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