Die reformierten Zehn Gebote

Die reformierten Zehn Gebote

  • Was verbindet die Mit­glieder der reformierten Kirche? Was macht diese Kirche aus? Eine Antwort gibt die Schrift «Reformiert durch zehn Gebote» der reformierten Lan­deskirche des Kan­tons Zürich.
  • Im Aar­gau ist die Broschüre mit den reformierten Zehn Geboten erst punk­tuell aus­ge­hängt.
  • Die Pub­lika­tion sei jedoch ein wertvoller Beitrag, um kün­ftig über Wesen und Pro­fil der reformierten Kirche zu disku­tieren, find­et Frank Worbs, Leit­er Kom­mu­nika­tion bei der reformierten Lan­deskirche Aar­gau.
 In Wit­ten­berg war es 1517 Mar­tin Luther, der die Pflichtvergessen­heit der Kirche anprangerte und eine Umgestal­tung zu bewirken ver­suchte. Fast zeit­gle­ich mit Luther forderte in Zürich der Pfar­rer Ulrich Zwingli mit ähn­lichen Argu­menten die Erneuerung von Kirche und Gesellschaft. Am 1. Jan­u­ar 1519 trat er sein Amt am Gross­mün­ster an. Zwingli predigte nicht mehr lateinisch, son­dern in der Sprache des Volkes. Die Men­schen soll­ten die Botschaft der Bibel sel­ber ver­ste­hen und sich nach ihr aus­richt­en. Damit kam die Ref­or­ma­tion in Zürich ins Rollen und die gel­tende Ord­nung ins Wanken.

Künftiges Reformationspotenzial

Dieses Jahr bege­ht die reformierte Lan­deskirche des Kan­tons Zürich den Beginn der Ref­or­ma­tion vor 500 Jahren. Das Jubiläum sei auch Anlass, sich mit der Auf­gabe und Rolle der reformierten Kirche der Gegen­wart und ihres Refor­ma­tionspoten­zials für die Zukun­ft auseinan­derzuset­zen, schreibt die Lan­deskirche.

Aus Jux wurde ein Titel

Matthias Krieg, Pfar­rer, The­ologe und tätig auf der Stab­sstelle The­olo­gie der evan­ge­lisch-reformierten Lan­deskirche des Kan­tons Zürich, bekam im Vor­feld des Jubiläums den Auf­trag, «etwas all­ge­mein Ver­ständlich­es zum Refor­ma­tion­sju­biläum» zu ver­fassen. Er erin­nert sich: «Bei der Arbeit habe ich meine Entwürfe aus Jux mit ‚10 Gebote’ über­schrieben. Das fan­den die Kol­legin­nen und Kol­le­gen gut und wir haben den Titel beibehal­ten.»

Kirche, in der man nichts muss

«Reformiert durch Zehn Gebote» heisst das Heft, das aus der Denk- und Schreibar­beit von Matthias Krieg ent­standen ist. Die zehn Leit­sprüche sollen keine Ver­bote oder Zwänge sein, son­dern vielmehr helfen, die reformierte Kirche pos­i­tiv zu definieren. Denn, so schreibt der reformierte Zürcher Kirchen­rat­spräsi­dent Michel Müller, «Die reformierte Kirche gilt gemein­hin als eine Kirche, in der man nichts muss. […] Was aber, wenn sich diese Kirche sel­ber bauen und begrün­den muss? Wozu sollte sie gut sein? Was verbindet ihre Mit­glieder pos­i­tiv? Deshalb: Neue Verpflich­tun­gen, neue Gebote braucht die Kirche, ger­ade und genau die reformierte.» Diese Ansicht teilt Matthias Krieg. Bere­its bei der Arbeit an einem früheren Buch über reformierte Iden­tität hat­te er erkan­nt, dass die meis­ten Reformierten nur noch sagen kon­nten, was sie NICHT sind.

Wertvoller Diskussionsbeitrag

Die reformierte Kirchge­meinde Gränichen hat­te als eine der weni­gen im Aar­gau die neu geschaf­fe­nen zehn Gebote im Kirchge­mein­de­haus aus­ge­hängt und zwei Diskus­sion­s­abende zum The­ma organ­isiert. Einen grossen Pub­likum­sauf­marsch habe es da nicht gegeben, erin­nert sich Pfar­rer Simon Pfeif­fer. Doch es hät­ten sich dur­chaus einige Leute dafür inter­essiert. Und er habe auch wahrgenom­men, dass die Broschüre bei den Mitar­bei­t­en­den der Kirchge­meinde auf pos­i­tives Inter­esse gestossen sei. Die reformierte Lan­deskirche Aar­gau hat zwar die Broschüre nicht aktiv pro­motet, der Kom­mu­nika­tionsver­ant­wortliche Frank Worbs betra­chtet die Zehn Gebote aber als wertvollen Diskus­sions­beitrag. «Die Pub­lika­tion beruht auf pro­fun­dem Wis­sen und kann als hil­fre­iche Quelle für kün­ftige Diskus­sio­nen über das Wesen und Pro­fil der reformierten Kirche her­beige­zo­gen wer­den.»

Gedächtnistrick

Matthias Krieg bejaht, dass man die «reformierten Zehn Gebote» als kle­in­sten gemein­samen Nen­ner der Reformierten beze­ich­nen kön­nte: «Wenn man diese zehn Punk­te ver­standen hat, ist man den Reformierten gut auf der Spur.» Die Zahl Zehn eigne sich auch gedächt­nis­tech­nisch gut: «Das ist ein alter Trick, wir haben zehn Fin­ger und zehn Zehen. Zehn Dinge kön­nen wir uns meist merken. Ich habe ver­sucht, die einzel­nen Gebote zu kurz wie möglich zu machen.»

Gebot, Interpretation und Beispiel

Zu jedem Gebot enthält die Broschüre zwei Texte. Die Texte auf der linken Seite, die Gebote, seien aus der Arbeit am Buch «Die Reformierten. Such­bilder ein­er Iden­tität» aus dem Jahr 2002 her­aus gewach­sen, erk­lärt der Autor Matthias Krieg. Im Text rechts find­et er zu jedem Punkt einkonkretes Beispiel, welch­es das Gebot ver­an­schaulicht. So stellt er dem ersten Gebot «Lies die Bibel selb­st und ganz» die Entste­hungs­geschichte der Zürcher Bibel gegenüber. Matthias Krieg erk­lärt: Die einen Gebote kamen mir schnell in den Sinn, zum Beispiel die Num­mer 6 ‚Misch Dich ein und beteilige Andere am Gemein­samen’ bei anderen musste ich länger über­legen. Und natür­lich sind die Gebote diskutabel.» Wer sich ver­tieft mit den neuen Zehn Geboten beschäfti­gen will, find­et im Heft zu jedem Gebot weit­er­führende Lit­er­atur, Musik oder eine Web­seite-Empfehlung.

Reformiert durch Zehn Gebote

1. Lies die Bibel selb­st und ganz. / 2. Erkenne Deinen Gott und so Dich selb­st. / 3. Achte Gottes All­macht, und mis­straue den Mächti­gen. / 4. Gedenke beim Abendmahl Dein­er Befreiung. / 5. Tritt dankbar ein für die Frei­heit Dein­er Näch­sten. / 6. Misch dich ein, und beteilige Andere am Gemein­samen. / 7. Schliess einen Bund für Gerechtigkeit. / 8. Sei Gast­ge­ber des Frem­den, als wäre er ein Engel. / 9. Lass dich begeis­tern, und begeis­tere deine Mitwelt. / 10. Leb als Geschöpf des uner­schöpflichen Schöpfers. Bestellen kön­nen Sie die Broschüre «Reformiert durch 10 Gebote» per Post, tele­fonisch oder per Mail bei: Evan­ge­lisch-reformierte Lan­deskirche des Kan­tons Zürich, Hirschen­graben 50, Post­fach, 8024 Zürich. T 044 258 91 11 /

  
Marie-Christine Andres Schürch
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