Rückblick auf das erste Jahr «Gebet am Donnerstag»

Rückblick auf das erste Jahr «Gebet am Donnerstag»

  • Pri­or­in Irene Gassmann vom Kloster Fahr blickt im Hor­i­zonte-Inter­view zurück auf das erste Jahr «Gebet am Don­ner­stag». Eine stille Aktion, die aber grosse Wellen wirft.
  • Am 14. Feb­ru­ar 2019 wurde im Rah­men der Kom­plet zum ersten Mal das Gebet «Schritt für Schritt» für Verän­derun­gen in der katholis­chen Kirche gebetet — und sei­ther jeden Don­ner­stagabend mit immer wieder neuen Teil­nehmern.
  • Das Gebet­snetz bewegt viele; es wächst und zieht grosse Kreise, weit über die Lan­des­gren­zen hin­aus. Heute Don­ner­stag, 13. Feb­ru­ar, wird um 19.30 Uhr in der Klosterkirche wieder gebetet und gefeiert.
 Pri­or­in Irene, vor einem Jahr haben Sie das «Gebet am Don­ner­stag» im Rah­men der Kom­plet zum ersten Mal durchge­führt. Sei­ther wird der Gebet­s­text «Schritt für Schritt» jeden Don­ner­stagabend um 19.30 Uhr im Kloster Fahr gebetet. Was hat dieses Beten bish­er bewirkt? Pri­or­in Irene: Das Gebet «Schritt für Schritt» verbindet, bewegt und stärkt. In den ver­gan­genen Monat­en ist Bewe­gung in die katholis­che Kirche gekom­men. So ent­stand im Mai 2019 in Deutsch­land die Ini­tia­tive «Maria 2.0». Engagierte Katho­likin­nen haben zu einem Kirchen­streik aufgerufen und fordern struk­turelle Verän­derun­gen in der Kirche. Ver­schiedene Grup­pen von «Maria 2.0» laden inzwis­chen don­ner­stags zum Gebet ein. Und im Novem­ber 2019 grün­de­ten Frauen­ver­bände und Ordens­frauen das inter­na­tionale katholis­che Frauen­net­zw­erk «CWC — Catholic Women’s Coun­cil».Wieviele Men­schen beten regelmäs­sig mit Ihnen und Ihren Mitschwest­ern am Don­ner­stagabend im Fahr? Inzwis­chen hat sich eine Gruppe von Beterin­nen und Betern gebildet, die regelmäs­sig kom­men. Jeden Don­ner­stag sind min­destens zehn Per­so­n­en hier, die zusam­men mit der Klosterge­mein­schaft beten. Andere kom­men unregelmäs­sig, aber immer wieder mal. Manch­mal kom­men Grup­pen aus Pfar­reien oder Pas­toral­räu­men. Es gibt auch welche, die von wei­ther anreisen, teil­weise aus dem Aus­land, und ihren Gas­taufen­thalt im Kloster so leg­en, dass sie am Don­ner­stagge­bet teil­nehmen kön­nen.Haben Sie eine unge­fähre Vorstel­lung, wieviele es im Ganzen sind, die sich dem Gebet am Don­ner­stag angeschlossen haben? Nein, diese Über­sicht fehlt mir. Es ist auch nicht wichtig, hier eine Sta­tis­tik zu führen.  Rund 70 Orte und Grup­pen haben uns ihre Gebetsver­bun­den­heit mit­geteilt und sind auf der Web­seite aufge­führt.Auf Ihrer Web­site sind aktuell 37 Pfar­reien, Klöster und andere Insti­tu­tio­nen aus der Schweiz aufge­führt, die das Gebet am Don­ner­stag durch­führen. Ausser­dem wird «Schritt für Schritt» auch in Deutsch­land und Lux­em­burg gebetet. Erhal­ten Sie auch Rück­mel­dun­gen von den ver­schiede­nen Orten, die sich Ihrem Gebet angeschlossen haben? Mit einzel­nen bin ich in Kon­takt. Sie schick­en die Auss­chrei­bun­gen oder neue Pläne ihrer Gottes­di­en­ste. Manch­mal pla­nen Pfar­reien oder Grup­pen einen Besuch im Kloster Fahr in Verbindung mit dem Gebet am Don­ner­stag. Immer wieder bedanken sich die Men­schen für diese Ini­tia­tive und Ermu­ti­gung.Entspricht der bish­erige Erfolg dieser Gebet­sak­tion dem, was Sie erwartet hat­ten? Oder hät­ten Sie sich das ganz anders vorgestellt? Beim Start vor einem Jahr hat­te ich keine Erwartun­gen, son­dern spürte ein­fach das Bedürf­nis, mit einem Gebet diese Zeit der Verän­derung mitzugestal­ten. Es berührt mich immer wieder, wie viele Men­schen jeden Don­ner­stag zum Gebet kom­men. Auch das Engage­ment mein­er Mitschwest­ern, jeden Don­ner­stag diesen beson­deren Gottes­di­enst zu gestal­ten und mit Freude zu feiern, berührt mich eben­falls. Über­rascht bin ich, wie viele Grup­pen in Deutsch­land durch die Ini­tia­tive «Maria 2.0» dieses Gebet aufgenom­men haben. Schwieriger gestal­tet sich die Ver­bre­itung des Gebets über die Sprach­gren­zen hin­aus zum Beispiel in der Westschweiz, im Tessin oder auch in ander­ssprachi­gen Län­dern. Obwohl das Gebet in ver­schiede­nen Sprachen ver­füg­bar ist.Viele der soge­nan­nt kirchen­fer­nen Men­schen neigen ja dazu, betende Leute zu belächeln, weil sie sich nicht vorstellen kön­nen, dass Gebete etwas in dieser Welt verän­dern kön­nen. Was sagen Sie diesen Men­schen? Das Gebet verän­dert zuerst die Betenden. Beim «Gebet am Don­ner­stag» zeigt sich das darin, dass die Men­schen gestärkt und ermutigt wieder nach Hause gehen. Beten verbindet und schafft Gemein­schaft. Auch das stärkt.«Schritt für Schritt» macht deut­lich, dass in der Kirche Macht­miss­brauch stattge­fun­den hat und immer noch stat­tfind­et. Das Gebet ruft nach der Gle­ich­be­hand­lung aller Getauften und nach dem gle­ich­berechtigten Miteinan­der von Män­nern und Frauen in allen Dien­sten und Ämtern. Glauben Sie, dass dieses Gebet auch die mächti­gen Mauern des Vatikans durch­drin­gen kann? Ja, ich glaube an die Kraft des Gebetes. Ich lasse mich über­raschen, welche Ritzen und Wege das Gebet find­en wird…Sie sprechen in «Schritt für Schritt» eine für The­olo­gen unge­wohnt deut­liche Sprache. Fürcht­en Sie nicht, dass diese klaren Worte Ihnen oder Ihrer Gemein­schaft schaden kön­nten? Was kön­nte uns passieren? Im Gebet brin­gen wir das zur Sprache, was uns bewegt und in unseren Herzen bren­nt und schmerzt. So lehren uns schon die Beterin­nen und Beter der Psalmen: Sie nehmen kein Blatt vor den Mund und for­mulieren ihre Not ungeschminkt.Bischof Felix hat Sie in Ihrem Vorhaben «Gebet am Don­ner­stag» ermutigt. Wer von den männlichen Wür­den­trägern unser­er Kirche ste­ht ausser­dem noch hin­ter dieser Aktion? Ich bin sehr dankbar, dass Bischof Felix sowie Wei­h­bischof Denis und auch Gen­er­alvikar Markus Thürig diese Gebetsini­tia­tive unter­stützen. Es freut mich, dass Abt Chris­t­ian Mey­er und die Benedik­tin­er im Kloster Engel­berg das Gebet eben­falls wöchentlich beten.Papst Benedikt XVI. scheint Mühe zu bekun­den mit den zaghaften Ver­suchen von Papst Franziskus, neue Wege zu beschre­it­en. Wie schätzen Sie den Ein­fluss des emer­i­tierten Pap­stes auf die Geschicke der Kirche ein? Müssen ihn reformwillige Geis­ter fürcht­en? «Furcht» ist kein guter Rat­ge­ber. Ich bewun­dere Papst Franziskus, wie gelassen, klug und klar er mit diesen «Angrif­f­en» umge­ht. Ich hoffe und bete, dass er weit­er­hin die Kraft und Unter­stützung hat, den Weg für eine erneuerte Kirche voranzutreiben.Was ist Ihrer Ansicht nach der erste und wichtig­ste Schritt, den die Kirche tun muss, um sich erfol­gre­ich erneuern zu kön­nen, wie es im Gebet ste­ht? Eine wichtige Voraus­set­zung ist die Bere­itschaft, sich gemein­sam auf einen Erneuerung­sprozess einzu­lassen. Die näch­sten Schritte wer­den sich zeigen.Woher nehmen Sie selb­st immer wieder von neuem Ihre «Kraft und Zuver­sicht», um die in «Schritt für Schritt» gebeten wird? Ich sel­ber schöpfe ganz viel Kraft aus dem Gebet. Auch all die vie­len Frauen und Män­ner, welche die Kirche lieben und  mit ihr lei­den: Diese Gemein­schaft gibt mir eben­falls Kraft und Zuver­sicht.Wie geht es weit­er mit dem «Gebet am Don­ner­stag»? Wir bleiben dran, Woche für Woche, Schritt für Schritt und freuen uns, wenn das Gebet­snetz weit­er wächst.
Christian Breitschmid
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