Bettag: Grussbotschaft der Aargauer Regierung

Bettag: Grussbotschaft der Aargauer Regierung

  • Der Regierungsrat und die Lan­deskirchen des Kan­tons Aar­gau geben jedes Jahr zum Eid­genös­sis­chen Bet­tag abwech­sel­nd einen Aufruf an die Aar­gauer Bevölkerung her­aus.
  • Die Aar­gauer Regierung macht im diesjähri­gen Bet­tags­man­dat Mut, sich der Ver­ant­wor­tung für den Wan­del zu stellen.
 Die einzige Gewis­sheit ist der Wan­del: Wir leben heute in ein­er sich ras­ant wan­del­nden Welt, in der kaum jemand dieses Sprich­wort bestre­it­en dürfte. Wan­del find­et über­all statt. In der Natur, im Lauf der Jahreszeit­en, im Men­schen­leben von der Wiege zur Bahre, in der Tech­nolo­gie, in der Wirtschaft, am Arbeit­splatz, in der Poli­tik oder auch in den Kirchen und ihren Insti­tu­tio­nen. Kli­mawan­del, Dig­i­tal­isierung von Arbeitswelt und Pri­vatleben, neue For­men des Zusam­men­lebens und des Fam­i­lien­be­griffs sind ein paar wenige von sehr vie­len aktuellen Beispie­len für rasche und fun­da­men­tale Entwick­lun­gen und Verän­derun­gen.

Wandel: Zwischen Chance und Bedrohung

Neben dem Wan­del selb­st ist eine weit­ere Gewis­sheit, dass wir Men­schen auf grosse Verän­derun­gen unter­schiedlich reagieren. Die einen von uns sehen vor allem Chan­cen und Möglichkeit­en und freuen sich grund­sät­zlich, Neues, Span­nen­des und Bere­ich­ern­des erleben und mit­gestal­ten zu dür­fen. Für sie bedeutet Wan­del vornehm­lich Fortschritt, Verbesserung und Inno­va­tion.Andere trauern um Bewährtes, Liebge­wonnenes und fürcht­en das Unbekan­nte und Ungewisse, das auf sie zukom­men kön­nte. Sie empfind­en Wan­del, beson­ders das immer schnellere Tem­po der Verän­derun­gen, in erster Lin­ie als Belas­tung und Bedro­hung.Und Dritte nehmen Wan­del gelassen und Verän­derun­gen schick­salsergeben hin, als unabän­der­liche, kaum gross bee­in­fluss­bare Tat­sachen.

Staat und Kirche sind gefordert

Wie wir auch immer zum The­ma ste­hen: Ignori­eren kann man Wan­del und Verän­derun­gen nicht, sie find­en so oder so statt. Neb­st der Frage, wie wir als Indi­viduen, als Men­schen dem steti­gen Wan­del begeg­nen, ist auch wichtig, wie der Staat und die Kirchen mit den Auswirkun­gen gross­er Entwick­lun­gen umge­hen.Der Staat und die Kirche, eigentlich alle Insti­tu­tio­nen, sind her­aus­ge­fordert, ihre Grundtätigkeit­en, Auf­gabe, Ange­bote und Dien­stleis­tun­gen zu über­prüfen, ob sie den sich verän­dern­den Bedürfnis­sen und Anforderun­gen noch entsprechen oder angepasst wer­den müssen. Daraus kön­nen zum Beispiel Pri­or­itäten­ver­schiebun­gen, Reor­gan­i­sa­tio­nen, Geset­ze­san­pas­sun­gen, neue Auf­gaben resul­tieren.

Damit die Seele mitreisen kann

Genau­so wichtig ist es aber, die von Verän­derun­gen und Wan­del betrof­fe­nen Men­schen emo­tion­al abzu­holen und zu begleit­en. Ihre Äng­ste und Bedenken, aber auch ihre Hoff­nun­gen ernst zu nehmen, aufzunehmen und ihnen dafür Gestal­tungsräume zu bieten. Dies im Sinne der Anek­dote vom alten Indi­an­er-Medi­z­in­mann, der bei sein­er ersten Zug­fahrt um einen Zwis­chen­halt bat, damit seine Seele nachreisen könne.Es ist wichtig, dass auch wir uns diese Zeit nehmen, um darüber nachzu­denken, was Verän­derun­gen und Wan­del für das gesellschaftliche Zusam­men­leben, die soziale Sol­i­dar­ität und Gerechtigkeit bedeuten. Neue Wel­ten kön­nen auf die Dauer nur beste­hen, wenn in ihnen bewährte Werte wie Sol­i­dar­ität, Anteil­nahme, Rück­sicht­nahme oder Tol­er­anz nicht ihre Kraft ver­lieren.

Demokratie ermöglicht, den Wandel mitzugestalten

In unserem Lande sind wir dank der direk­ten Demokratie in der priv­i­legierten Lage, in der Poli­tik, aber auch in vie­len Lebens- und Gesellschafts­bere­ichen, Verän­derun­gen und Wan­del mitbes­tim­men, mit­gestal­ten zu kön­nen. Auch die Kirchen ken­nen viele Möglichkeit­en, ihre Gemein­demit­glieder in diese Prozesse einzubeziehen.Aus diesem Priv­i­leg ergibt sich jedoch auch eine per­sön­liche Pflicht, eine Eigen­ver­ant­wor­tung für jeden einzel­nen von uns. Zum Beispiel ist mit unser­er Umwelt, Natur oder Ressourcen so umzuge­hen, dass auch vie­len näch­sten Gen­er­a­tio­nen ein lebenswertes Leben möglich ist. Dazu braucht es die Bere­itschaft, sein per­sön­lich­es Ver­hal­ten zu über­denken und anzu­passen, den eige­nen Wertekom­pass nachzuricht­en, und gegebe­nen­falls Verän­derun­gen vorzunehmen, auch wenn diese per­sön­lich unan­genehm, ein­schränk­end und anstren­gend sind.

Bettag steht für die friedliche Co-Existenz der Konfessionen

Der Eid­genös­sis­che Dank‑, Bus- und Bet­tag ist ein Tag der Besin­nung und somit eine gute Gele­gen­heit, über unseren Umgang mit Verän­derun­gen und der damit ein­herge­hen­den Ver­ant­wor­tung nach- zudenken. Nicht zulet­zt, weil er selb­st als Gedenk- und Feiertag über Jahrhun­derte hin­weg Wan­del erfahren hat. Heute ste­ht der Eid­genös­sis­che Dank‑, Bus- und Bet­tag für die friedliche und tol­er­ante Co-Exis­tenz von Kon­fes­sio­nen, für Reli­gions­frei­heit und für Reli­gions­frieden, aber auch für intak­te Beziehun­gen zwis­chen Kirche und Staat.Bis es so weit war, brauchte es seine Zeit – und Entwick­lun­gen, welche die Men­schen über Jahrhun­derte hin­weg min­destens so forderten und belasteten wie die Umwälzun­gen der heuti­gen Zeit. Das hier Erre­ichte sollte uns Mut geben, sich pos­i­tiv und ver­ant­wor­tungs­be­wusst auf die Entwick­lun­gen und Verän­derun­gen von Mor­gen einzu­lassen. Auch im Bewusst­sein der Erken­nt­nis des ehe­ma­li­gen deutschen Bun­de­spräsi­den­ten Gus­tav Heine­mann: «Wer nichts verän­dern will, wird auch das ver­lieren, was er bewahren möchte.»
 
Andreas C. Müller
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