Corona: Polizei-Einsatz statt Kirchgemeindeversammlung in Gebenstorf-Turgi
- Die für heute anberaumte Kirchgemeindeversammlung in Gebenstorf-Turgi ist abgesagt worden.
- Der Absage vorangegangen waren laut Kirchenpflegepräsident Daniel Ric schwere Vorwürfe von Seiten der Opposition sowie ein Einsatz der Polizei in der Kirche. Letztgenannte hat aber keinen Verstoss gegen die Corona-Auflagen feststellen können.
Landeskirche kündet Pater Adam
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Der in Gebenstorf-Turgi (und bis vor wenigen Wochen) in Birmenstorf angestellte Salvatorianerpater Adam Serafin rief das Rekursgericht der Landeskirche gegen die gegen ihn erlassene Kündigung in Birmenstorf an. In seinem Beschluss hat der Kirchenrat nun seinerseits auch das Arbeitsverhältnis in Gebenstorf-Turgi gekündigt. Der Kirchenrat begründet seinen Entscheid, sich aufsichtsrechtlich über die Kirchgemeinde hinwegzusetzen, mit der Feststellung, dass die Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi gegen Landeskirchenrecht verstosse, weil sie Pater Adam aufgrund der faktisch annullierten Missio auf Ende Jahr hin nicht gekündigt habe. In einem Dekret (Horizonte berichtete), hob das Bistum Basel die Missio von Pater Adam auf Ende Jahr hin auf. Daniel Ric plant gemäss eigener Aussage nun eine Aufsichtsanzeige gegen die Landeskirche und Pater Adam Rekurs gegen diese Kündigung.
«Der Teufel war am vergangenen Samstag nicht in der Hölle, sondern in Turgi», predigte gestern Dienstag Pater Françis King in Gebenstorf. Einer habe beobachtet, dass am vergangenen Samstagabend viele Menschen in Turgi in die Kirche gekommen seien. «Als dieser Mann sah, dass die Kirche nicht leer war, sondern viele Menschen in die Kirche kamen, rief er die Polizei, weil er glaubte, dass mehr als 50 Menschen in der Kirche waren.» Der Prediger sprach von einer «Schande», von «Heuchelei» und «Philistertum». Zwei Einsatzfahrzeuge mit vier Polizisten seien vorgefahren. Auf Nachfrage bei der zuständigen Polizeistelle erklärte der stellvertretende Kommandant Hermann Blaser, dass es beim fraglichen Einsatz in Turgi nichts zu beanstanden gegeben habe und das Schutzkonzept eingehalten worden sei.
80 Personen in der Kirche
Kirchenpflegepräsident Daniel Ric räumt ein: 80 Personen seien zur Messe am vergangenen Samstag erschienen. Aus diesem Grund habe man beschlossen, die versammelten Gläubigen aufzuteilen. Pater Adam habe mit etwa 30 Personen im Kirchensaal Eucharistie gefeiert, Pater Françis mit 50 in der Kirche. «Wir hatten ja zwei Priester und konnten diese Lösung umsetzen.» Die Polizei habe dann auch festgestellt, dass alle Regeln eingehalten worden seien.
Beat Bühlmann hingegen zeichnet in einer schriftlichen Stellungnahme ein anderes Bild von den Vorgängen und erhebt schwere Vorwürfe: «Niemand schaut, dass die 50er-Regel eingehalten wird. Niemand zählt. Der Gottesdienst wäre in der Kirche mit über 70 Leuten mir nichts dir nichts durchgeführt worden», hätte er nicht auf die Nicht-Einhaltung der BAG-Vorgaben hingewiesen. Zudem gäbe es kein Zählsystem, es sei an jenem Samstag wohl das erste Mal gewesen, dass gezählt worden sei. Es stimme, dass schlussendlich durch Aufteilung der Menschen die Regeln eingehalten wurden, so Beat Bühlmann. «Dies aber erst auf meine Intervention hin.
«Unverantwortlich und menschenverachtend»
Angesicht der beschriebenen Vorfälle gerät fast schon in den Hintergrund, dass die Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi die für heute Mittwoch anberaumte Kirchgemeindeversammlung abgesagt hat. «Der Druck von Seiten der oppositionellen Initiativgruppe war einfach zu gross», erklärt Kirchenpflegepräsident Daniel Ric. Die Versammlung durchzuführen, sei «unverantwortlich» und «menschenverachtend», zitiert der Kirchenpflegepräsident aus Mails, die er erhalten haben will.
Argumentiert worden sei mit dem Alter der stimmberechtigten Mitglieder der Initiativgruppe und dem hohen gesundheitlichen Risiko. «Unter diesem Druck war für uns in der Kirchenpflege klar, dass alle Beschlüsse rechtlich angefochten werden würden, wenn wir die Versammlung durchführen würden», führt Daniel Ric weiter aus.
«Wir akzeptieren keine Urnenabstimmung»
Einzelne Mitglieder der Gruppe haben bereits klargestellt, dass man eine Urnenabstimmung nicht akzeptieren wolle. Darauf angesprochen erklärt Hilde Seibert von der «Gruppe der 88»: Sie selber habe mit dem engeren Kreis alles für die Versammlung vorbereitet. Von einem Druck aus der Oppositionsgruppe heraus wisse sie nichts. Aber sie habe natürlich nicht die Kontrolle darüber, was einzelne Mitglieder der Gruppe der Kirchenpflege schrieben.
Die Kirchgemeindeversammlung soll nun an der Urne stattfinden, erklärt die Kirchenpflege. Wie das genau geschehen soll, werde heute an einer Sitzung geklärt. Hilde Seibert von der oppositionellen «Gruppe der 88» befürchtet jedoch, dass bei einem derartigen Vorgehen gar keine Diskussionen mehr stattfinden können: «Wie soll das gehen, wenn wir keine Anliegen mehr einbringen und besprechen können?»