Auf dem Weg in die letzte Stelle: Kurt Grüter, Wohlen

Auf dem Weg in die letzte Stelle: Kurt Grüter, Wohlen

  • In unregelmäs­si­gen Abstän­den porträtiert Hor­i­zonte Priester und Diakone, die im Aar­gau tätig sind.
  • Kurt Grüter, zulet­zt in Wohlen, zieht es nach seinem Dienst an ver­schiede­nen Orten im Bis­tum Basel wieder in die Region sein­er Jugend.
 Fast ver­steckt zwis­chen Papi­er und Akten­stapeln ste­ht auf dem Schreibtisch in Kurt Grüters Büro im ersten Stock im Pfar­rhaus in Wohlen ein kleines Gestell. Darin liegen vier Pfeifen. Rot-weiss geringelte Pfeifen­reiniger guck­en aus den Mund­stück­en, sor­gen dafür, dass die Pfeifen gründlich trock­nen.

Kleine Überraschung?

Kurt Grüter, hochgewach­sen, schmales schwarzes Bril­lengestell und kurzes sil­briges Haar, wirkt gle­ichzeit­ig amüsiert und ver­legen, als er von sein­er Lei­den­schaft für das Pfeifen­rauchen spricht. «Ich rauche nur in mein­er Woh­nung, in meinem Büro und wenn ich weg­fahre. An offiziellen Anlässen oder auf der Strasse rauche ich nicht. Es kön­nte also sein, dass es bei manchen Pfar­reim­it­gliedern grosse Augen gibt, weil viele das gar nicht wis­sen», sagt er.Kurt Grüter war acht Jahre Priester in St. Leon­hard Wohlen und zulet­zt Pas­toral­raump­far­rer des Pas­toral­raums Unteres Freiamt. Er ist auf dem Absprung: «Da ich auf das Rentenal­ter zuge­he, wün­sche ich mir grössere Nähe zur Gegend, in der ich aufgewach­sen bin. Ich bin rund acht Jahre in Wohlen und habe den Pas­toral­raum miter­richtet. Es ist ein guter Zeit­punkt, um in die let­zte Stelle zu wech­seln». Kann er gut loslassen? «Ja. Auf jeden Fall. Ich werde Wohlen sich­er ver­mis­sen, denn es war eine gute Zeit hier. Doch wenn ein Priester die Stelle wech­selt, muss er ganz gehen, für sich und für seinen Nach­fol­ger», sagt Kurt Grüter bes­timmt.

Interessierter Architekt

1954 wurde Kurt Grüter geboren. In Bern. Doch nach­dem sein Vater sehr früh bei einem Unfall ums Leben kam, ging seine Mut­ter – nun allein­erziehend mit zwei Söh­nen – zurück ins luzernische Sure­tal. Er wuchs mit ein­er authen­tisch katholis­chen Mut­ter auf, so for­muliert er es. «Sie redete nicht gross, son­dern lebte das katholisch sein. Das hat mich geprägt. Anson­sten war ich nor­mal engagiert: Ich war bei den Min­is­tran­ten und der Jung­wacht. Aber nie Lek­tor oder Kom­mu­nion­helfer», erin­nert sich Kurt Grüter.Mit 16 Jahren begann er die Aus­bil­dung zum Hochbauze­ich­n­er, studierte anschliessend am ehe­ma­li­gen Tech­nikum Luzern (heutige Hochschule Luzern) Architek­tur und schloss das Voll­studi­um 1978 mit dem Diplom ab. «Ab dann arbeit­ete ich in ver­schiede­nen Architek­tur­büros. Ich wollte Erfahrung sam­meln und mich verbessern. Beson­ders inter­essierten mich Büros, die die Architek­tur als Dia­log zwis­chen dem Ver­gan­genen und dem Zeug­nis heutiger Zeit ver­standen», erk­lärt Kurt Grüter. Neben der prak­tis­chen Arbeit bei den unter­schiedlichen Architek­ten war er 50 Prozent als Assis­tent an der Architek­turabteilung der ETH Eid­genös­sisch Tech­nis­chen Hochschule in Zürich tätig, um die The­o­rie nicht aus den Augen zu ver­lieren.

Kein besonderes Berufungserlebnis

Mit der Zeit erwachte bei Kurt Grüter das Inter­esse für die The­olo­gie. Er begann, Buch um Buch zu lesen. Er habe nicht ein spezielles oder beson­deres Beru­fungser­leb­nis gehabt, auch Ehe und Fam­i­lie seien eine Option gewe­sen; er habe Fre­undin­nen gehabt. Kurt Grüter präzisiert mit bedächtig gewählten Worten: «Es war eher so, dass die Beschäf­ti­gung mit der Frage nach dem Sinn des Lebens und des Glaubens einen immer grösseren Raum ein­nahm. Mit 39 Jahren stand dann der Entschluss fest, The­olo­gie zu studieren. Doch wohin mich das Studi­um genau führt, war auch da noch offen. Ich habe gesucht, dabei auch Klöster besucht und in Orden mit teil­weise stren­gen Regeln hineingeschaut. Schlussendlich habe ich mich für das Welt­priester­tum und damit für die Arbeit mit Men­schen in ihrem Leben und in der Gesellschaft entsch­ieden».1998 begann er nach dem 5‑jährigen Studi­um in Fri­bourg die Beruf­se­in­führung in Sins im Aar­gau. 1999 fol­gte die Wei­he zum Diakon, 2000 die zum Priester. In Sins blieb er noch zwei Jahre und wech­selte dann nach Inter­lak­en in die Dias­po­ra. Eine span­nende Zeit sei das gewe­sen, sagt Kurt Grüter, die allerd­ings über­raschend schnell wieder geen­det habe.

Zwischenstopp in Solothurn

«Der dama­lige Bischof, Kurt Koch, rief mich an und bat mich zum Gespräch nach Solothurn», sagt Kurt Grüter. Das Ergeb­nis des Gesprächs und ein­er Zeit gründlichen Nach­denkens: Der spät berufene doch recht frisch gewei­hte Priester wird Bischofsvikar in Solothurn und Domherr für den Kan­ton Luzern. «Die Mis­sio für die Auf­gabe ist für fünf Jahre. Das war eine span­nende Zeit. Aber mich hat es doch irgend­wann in die Pfar­rei zurück­ge­zo­gen. Das habe ich Kurt Koch, der meine Amt­szeit ver­längern wollte, bei einem Spazier­gang nach viere­in­halb Jahren gesagt». Aus prag­ma­tis­chen Grün­den blieb Kurt Grüter noch ein Jahr länger, es hätte son­st zu viele Wech­sel in der Bis­tum­sleitung gegeben. Per Zufall hörten sowohl Kurt Koch als auch Kurt Grüter am sel­ben Tag in Solothurn auf. Am 1. Okto­ber 2010 begann Kurt Grüter schliesslich, in Wohlen als Pfar­rer zu arbeit­en. Nach­dem Felix Gmür als Bischof einge­set­zt war, wurde Kurt Grüter nicht resi­dieren­der Domherr für den Kan­ton Aar­gau.

Der Blick auf die Selbstsorge

Kurt Grüter ist zwar im Ver­hält­nis zu seinem Alter nicht lange Priester, sieht aber den­noch, wie sich der Beruf des Priesters in den let­zten Jahren verän­dert hat. Es sei viel admin­is­tra­tive Arbeit dazugekom­men – beson­ders wegen der Pas­toral­räume, so gut und sin­nvoll diese seien. «Wir müssen ja seit einiger Zeit unsere Arbeit­szeit erfassen und da sehe ich, wie viel ich wirk­lich arbeite. Die Tage sind meist lang. Ich habe zwei halbe Tage pro Woche, an denen ich ver­suche, eine Auszeit von der Pfar­rei zu nehmen. Ich merke, nach­dem ich für Gott und für die Men­schen da war, möchte ich jet­zt langsam auch den Aspekt der Selb­st­sorge beacht­en», sagt Kurt Grüter nach­den­klich.Der Fre­un­deskreis, sein älter­er Brud­er, mit dem er in die Ferien fährt, Luzern mit seinem Kul­tur­ange­bot – all das ist näher an sein­er neuen Stelle und man sieht dem Mod­ern-Jazz-Lieb­haber an, dass er sich darauf freut. Gefragt, welche drei Dinge er auf eine ein­same Insel mit­nehmen würde, denkt er kurz nach und lis­tet auf: «Eine Bibel, das Stun­den­buch und Fre­unde». Dann hält er inne und kor­rigiert sich schmun­zel­nd: «Nun, vielle­icht doch eher eine gute Flasche Wein, als das Stun­den­buch, weil diese Texte auch in der Bibel zu find­en sind».
Anne Burgmer
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