Wir trauen uns

Wir trauen uns

«Wir waren ja noch nie zusam­men in ein­er Kirche – warum sollen wir dort heirat­en?», fragte der junge Mann rhetorisch seine Fre­undin. Sie dachte nach. Und dann beschlossen die bei­den, an ihrem Hochzeit­stag etwas in den Mit­telpunkt zu stellen, das sie verbindet: Sie feierten die Trau­ung mit ein­er Velo­tour, begleit­et von all ihren Fre­un­den. Eine stim­mige und stim­mungsvolle «Zer­e­monie».Stim­mungsvoll soll sie sein, die Trau­ung. Da sind sich heiratswillige Paare einig. Nicht immer ist die Frage nach der Form der Feier aber so rasch gek­lärt. «Warum wollen wir zusam­men eine Part­ner­schaft?» und «Warum wollen wir das kirch­lich feiern?», das sind die Fra­gen, die Kurt Adler-Sach­er im Ehevor­bere­itungskurs von Bil­dung Mobil den Liebe­spaaren stellt. In der Prop­stei Wis­likofen sollen sie sich vor der Trau­ung noch ein­mal einen Tag schenken, frei vom Stress der Hochzeitsvor­bere­itun­gen. Und sich dabei ganz grund­sät­zliche Gedanken machen.Auf Tra­di­tio­nen besin­nen Die Paare, die sich in Wis­likofen zur Ehevor­bere­itung tre­f­fen, haben sich alle schon entsch­ieden, kirch­lich zu heirat­en — katholisch, reformiert oder öku­menisch. Die Gründe für den Entschluss sind vielfältig, weisen aber eine entschei­dende Gemein­samkeit auf: Geht es daran zu heirat­en, scheinen sich die Men­schen auf Tra­di­tio­nen zurück zu besin­nen. «Ich habe zwar keinen allzu engen Bezug zu meinem katholis­chen Glauben, beim Heirat­en gehört für mich aber die Trau­ung in der Kirche – mit Pfar­rer, weis­sem Kleid, Blu­men und Musik – ein­fach zur Tra­di­tion.», erk­lärt eine junge Frau. Ihr Part­ner, der zwar reformiert ist, sich aber als «nicht gläu­big» beze­ich­net, stimmt ein­er katholis­chen kirch­lichen Trau­ung zu: «Das Wichtig­ste ist für mich unsere Beziehung. Wenn mein­er Fre­undin das Kirch­liche wichtig ist, bin ich selb­stver­ständlich dabei.»Periph­ere Berührungspunk­te Wie dieses junge Paar entschei­den viele. Hat wenig­stens ein­er von bei­den irgen­deinen Bezug zur Kirche, gibt das oft den Auss­chlag für eine kirch­liche Trau­ung. Denn auch für so genan­nte «Dis­tanzierte», die sich kaum mit ihrem Glauben auseinan­der­set­zen, gehören Heirat­en und Kirche zusam­men. Die Berührungspunk­te mit dem Religiösen kön­nen dabei auch eher periph­er sein: «Ich kan­nte die Kirche von mein­er Schulzeit her und sie gefällt mir», sagt etwa eine ehe­ma­lige Schü­lerin der Kan­ton­ss­chule Wet­tin­gen, die sich in der Klosterkirche trauen liess. Auch Bekan­nte, die inner­halb der Kirche tätig sind, schaf­fen Bezug, wie ein ehe­ma­liger Jung­wächtler sagt: «Der Pfar­rer, den ich schon seit Kind­heit kenne, ist für mich die Moti­va­tion, kirch­lich zu heirat­en.»Fes­tlich­es Ambi­ente Oft ist aber der Grund für eine kirch­liche Trau­ung ganz ein­fach, dass die Kirche noch immer den fes­tlich­sten Rah­men für eine solche Feier bietet. Von der Akustik über die Architek­tur und grosszügig Platz für die gelade­nen Gäste stimmt hier alles. Eine Trau­ung nur auf dem Standesamt ist manchem Paar für ihren grossen Tag schlicht zu nüchtern und zu rasch abgewick­elt. Wie viele Schweiz­er Paare sich jährlich in ein­er katholis­chen Kirche trauen lassen, wird bis jet­zt nicht sta­tis­tisch fest­ge­hal­ten. Laut Auskun­ft des Experten für Heirats­fra­gen im Bis­tum Basel, des Offizials Peter Schmid, wird aber das pas­toral­sozi­ol­o­gis­che Insti­tut in Zukun­ft ver­suchen, Angaben für eine Sta­tis­tik zu erheben.Mis­chehe und For­mdis­pens Auf Paare, die von ein­er «Märchen­hochzeit» träu­men und dafür die katholis­che Kirche und ihre Tra­di­tio­nen wohl oder übel in Kauf nehmen, wartet allerd­ings die eine oder andere Über­raschung. «Wir wollen eigentlich bloss heirat­en, dafür haben wir jet­zt schon drei volle Tage für Vor­bere­itun­gen investiert», wun­dert sich ein Bräutigam. Zum Beispiel im vom ital­ienis­chen Priester verord­neten Ehevor­bere­itungskurs. Aber auch das Trauge­spräch mit dem Seel­sorg­er kann Fra­gen aufw­er­fen. Im Unter­schied zur reformierten Feier ist die katholis­che Eheschlies­sung ein Sakra­ment. In den offiziellen katholis­chen Ehe­do­ku­menten ste­ht: «Ein katholisch getaufter Part­ner und ein nichtkatholisch getaufter Part­ner schliessen eine gemis­chtkon­fes­sionelle Ehe. Ist wenig­stens ein Teil katholisch, kommt die Ehe nur gültig zus­tande, wenn die katholis­che Eheschlies­sungs­form einge­hal­ten wird. Will das Paar sich durch einen reformierten Priester trauen lassen, braucht es eine For­mdis­pens, welche durch das Bis­chöfliche Offizialat in Solothurn aus­gestellt wird.Offizielle Forderung Jährlich heirat­en in der Schweiz etwa 42 500 Paare. Knapp 6000 davon sind Paare, bei denen ein katholis­ch­er und ein reformiert­er Teil zusam­menkom­men. Führt der Pfar­rer das Trauge­spräch mit einem solchen Paar, fordert das offizielle «Beiblatt für kon­fes­sionsver­schiedene Ehen» vom Seel­sorg­er, dass er dem heiratswilli­gen Paar fol­gen­des erk­lärt: «Dass der katholis­che Part­ner sich ern­sthaft bemühen muss, im Rah­men der gegebe­nen Umstände und Möglichkeit­en die Kinder katholisch taufen zu lassen und zu erziehen.» Die Erläuterun­gen hal­ten fest, dass «der katholis­che Part­ner nur dann ein­er Taufe und Erziehung sein­er Kinder in einem nichtkatholis­chen Beken­nt­nis zus­tim­men wird, wenn trotz ern­sten Bemühens die katholis­che Erziehung nicht ver­wirk­licht wer­den kann.»Prag­ma­tis­che Entschei­dung In der Prax­is wollen die meis­ten Seel­sorg­er das kün­ftige Ehep­aar nicht mit diesen ein wenig alt­modis­chen For­mulierun­gen erschreck­en. «Ich weise das Paar ganz ein­fach darauf hin, dass sie vor der Trau­ung über­legen und disku­tieren müssen, welche Kon­fes­sion allfäl­lige Kinder haben sollen. Das hat bis jet­zt noch bei keinem Paar zu Prob­le­men geführt.», sagt Urs Zim­mer­mann, Pfar­rer in Bad Zurzach, in Übere­in­stim­mung mit vie­len sein­er Amt­skol­le­gen. Meist entschei­den sich die Paare, die Kinder in der Kon­fes­sion desjeni­gen Part­ners zu taufen, der den stärk­eren Bezug zum Glauben hat.Ver­trauen auf Gott «Was erwartet ihr von diesem Gott?», pflegt Kurt Adler-Sach­er seine Paare im Kurs zu fra­gen. Und da offen­baren sich tiefer liegende Gründe, kirch­lich zu heirat­en: «Wir brauchen ja irgen­det­was, das uns beis­te­ht – ein göt­tliche Kraft.», «Es tut mir gut zu wis­sen, dass wir nicht alleine sind.» und «Gott schenkt mir Liebe, dass ich sie weit­er­schenken kann.» Viele, die sich trauen, ver­trauen auch auf Gott.Marie-Chris­tine Andres
Redaktion Lichtblick
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