Professionelle Hilfe anstelle von Almosen

Professionelle Hilfe anstelle von Almosen

Die Kirch­lichen Regionalen Sozial­dien­ste (KRSD) sind eine Erfol­gs­geschichte, an der im Kirchenaar­gau viele Freude haben: Die Römisch-Katholis­che Lan­deskirche, die Car­i­tas, die Kirchge­mein­den. Mit einem über zehn Jahre hin­aus reichen­den Entwick­lungs­plan und entsprechen­den finanziellen Mit­teln soll jene Erfol­gs­geschichte nun dauer­haft fort­geschrieben wer­den.Auch wenn Pfar­reisekretärin Rita Wil­di bestätigt, dass dur­chaus noch Men­schen aufs Pfar­reisekre­tari­at kom­men und bet­teln, nimmt das Pfar­rper­son­al kaum noch Auf­gaben in der direk­ten Armen­für­sorge wahr. Ins­beson­dere auf dem Land ist die Hemm­schwelle gross. Die Leute schä­men sich, wenn sie ihre Rech­nun­gen nicht mehr bezahlen kön­nen. Dabei waren in früheren Zeit­en die Kirchen nahe­liegend zuständig für Bil­dung, Erziehung oder Armen­für­sorge. Im Ver­laufe des 19. und 20. Jahrhun­derts über­nahm der Staat diese Auf­gaben. «Die Kirchen sind heutzu­tage primär zuständig für Trauer», for­muliert es Reg­u­la Kuhn von Car­i­tas Aar­gau etwas pro­voka­tiv. Nur wenige mit sozialen und finanziellen Nöten find­en den Weg in Pfar­rhaus. Dabei gebe es viele, die trotz staatlich­er Für­sorge punk­tuell oder auch dauer­haft zwis­chen Stuhl und Bank fall­en. Grund genug, dort Hand zu bieten, wo der Staat an seine Gren­zen kommt.Car­i­tas als pro­fes­sioneller Part­ner In einzel­nen Orten ent­standen noch vor der Jahrtausendwende Sozial­dien­ste im Rah­men des diakonis­chen Grun­dauf­trags der Kirche. Nach und nach entwick­elte sich die Idee eines möglichst flächen­deck­enden Ange­bots. Die Römisch-Katholis­che Lan­deskirche und Car­i­tas Aar­gau, die sich auf eine stärkere Unter­stützung der Pfar­reien in der Wahrnehmung ihres diakonis­chen Auf­trags fokussierte, evaluierten 2003 gang­bare Möglichkeit­en. Dies mit dem klaren Ziel ein­er Pro­fes­sion­al­isierung des Ange­bots für möglichst den ganzen Kan­ton und unter Ein­bezug entsprechen­der Dien­ste für Ander­ssprachige. 2006 ent­stand so im Dekanat Baden-Wet­tin­gen der erste Kirch­liche Regionale Sozial­dienst KRSD. «Gemäss diakonis­chem Auf­trag der Kirche, aber nach klas­sisch sozialar­bei­t­er­ischem Ansatz, wie ihn die Car­i­tas mit entsprechend pro­fes­sionell aus­ge­bilde­ten Fachkräften ver­fol­gt», erk­lärt Reg­u­la Kuhn.Ini­tia­tive aus den Kirchge­mein­den Die Pilot­phase ver­lief erfol­gre­ich. Es fol­gten ab 2009 Ange­bote für das obere Frick­tal, für den west­lichen Aar­gau sowie für die Regio­nen Mutschellen und Aarau. Bere­its befind­en sich weit­ere Dien­ste im Auf­bau. Am Mutschellen wird der Dienst auf das Reusstal erweit­ert, zudem entste­hen Ange­bote in Wohlen und Brugg, teilt Kurt Brand von Car­i­tas Aar­gau mit. Das Ziel sind dere­inst zehn regionale Dien­ste. «Nach­dem wir mit den ersten KRSD ges­tartet sind, wur­den in anderen Regio­nen die Eval­u­a­tions­berichte von Kirchenpfle­gen mit Inter­esse gele­sen», erin­nert sich Reg­u­la Kuhn. «Die Res­o­nanz war über­wiegend pos­i­tiv. Wir erhiel­ten Anfra­gen von weit­eren Regio­nen, die eben­falls einen KRSD auf­bauen woll­ten.»Lan­deskirche investiert 460 000 Franken in Diakonie 2014 beauf­tragte dann der Kirchen­rat der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche Aar­gau und der Vor­stand von Car­i­tas Aar­gau eine Pro­jek­t­gruppe mit der Ausar­beitung ein­er Strate­gie zur flächen­deck­enden Ein­führung Kirch­lich­er Sozialar­beit. Diese Strate­gie ist mit­tler­weile soweit gediehen, dass der Kirchen­rat der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche mit der Syn­ode im Novem­ber 2015 Nägel mit Köpfen machen will. Ver­ab­schiedet wer­den soll ein Grund­satzentscheid über den weit­eren Auf­bau und Unter­halt flächen­deck­ender Kirch­lich Regionaler Sozial­dien­ste. Dieses Pro­jekt rech­net mit Mehrkosten von schlussendlich rund 460 000 Franken pro Jahr ab 2021. Damit finanziert die Lan­deskirche die kan­tonale Führung ein­schliesslich der Fach­stelle Diakonie, den weit­eren Aus­bau der Kirch­lichen Regionalen Sozial­dien­ste, die Sich­er­stel­lung des Ange­bots von Kirch­lich­er Sozialar­beit für Ander­ssprachige sowie die Schaf­fung von Aus­bil­dungsplätzen und die Förderung des Beruf­s­nach­wuch­ses in Kirch­lich­er Sozialar­beit. «Die Syn­odalen wis­sen, dass so ein gross­er Teil der Kirchen­s­teuern wieder für Men­schen bere­it­gestellt wird, die Hil­fe brauchen», so Mar­cel Not­ter, Gen­er­alsekretär der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche Aar­gau. Hinzu komme, dass das Pro­jekt bre­it abgestützt und von unten gewach­sen sei. «Der kirch­lich Regionale Sozial­dienst KRSD ist ein gemein­sames Pro­jekt von örtlichen Pfar­reien und Kirchge­mein­den und der Car­i­tas Aar­gau. Es ist eine auf die Region angepasste struk­turelle Ver­ankerung der Diakonie», heisst es im Antrag des Kirchen­rats an die Syn­odalen. Mit dem finanziellen Engage­ment der Lan­deskirche wird nicht nur die pro­fes­sionelle Qual­ität des Ange­bots gesichert, vorge­se­hen sind auch Aus­bil­dungsplätze im Bere­ich Sozialar­beit.Auch eine Antwort auf die Zuwan­derung Grosse Bedeu­tung hat die Inte­gra­tion der Sozial­dien­ste für Ander­ssprachige. «Diese sind ursprünglich beim Auf­bau der Ander­ssprachi­gen­mis­sio­nen ent­standen», erk­lärt Mar­cel Not­ter. «Nun sollen sie als Teil der Kirch­lichen Regionalen Sozial­dien­ste KRSD nicht mehr nur auf einen Ort inner­halb des Kan­tons beschränkt sein», führt Reg­u­la Kuhn aus. «Ziel ist eine bre­it­ere Verteilung unter Berück­sich­ti­gung vorhan­den­er Nach­frage. Die Stel­len­prozente für Ander­sprachi­gen­sozial­dien­ste sind for­t­an Teil eines Pools, aus dem die Regio­nen für sich einen Anteil beantra­gen kön­nen, wenn dort bes­timmte Ander­ssprachi­gen­grup­pen leben.» Auf diese Art und Weise wollen die Lan­deskirche, die Car­i­tas und die Kirchge­mein­den gezielt ihr Ange­bot für Ander­ssprachige verbessern, die im Zuge der aktuellen Zuwan­derungswelle in die Schweiz kom­men. Das Schweiz­erischen Pas­toral­sozi­ol­o­gis­che Insti­tut SPI erk­lärte unlängst, dass 39 Prozent der Zuwan­der­er katholisch seien (gegenüber 14 Prozent Mus­li­men). Die Mis­sio­nen für Ander­ssprachige seien für diese katholis­chen Zuwan­der­er von gross­er Bedeu­tung und eine wichtige Unter­stützung beim Inte­gra­tionsprozess.Nicht nur ein Gutschein für den Car­i­tas-Markt In Baden, wo 2006 der erste Kirch­liche Regionale Sozial­dienst KRSD an den Start ging, funk­tion­iert die Zusam­me­nar­beit bere­its vor­bildlich, bestätigt Pfar­reisekretärin Rita Wil­di. Im Rah­men der soge­nan­nten «Pas­san­ten­hil­fe» wird, wer im Pfar­rhaus um materielle Hil­fe ersucht, nicht ein­fach mit einen Gutschein für den Car­i­tas-Markt abge­fun­den, son­dern wenn immer möglich auch mit dem Kirch­lichen Regionalen Sozial­dienst KRSD in Kon­takt gebracht. KRSD-InfoMo, 26.10. um 19.30 Uhr: Jojo Brem­gartenDi, 10.11. um 20 Uhr: Chap­pele­hof WohlenFr, 27.11. um 18.30 Uhr: Pfar­reizen­trum Brugg 
Andreas C. Müller
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