Grosse Verunsicherung unter kirchlichen Mitarbeitenden

Grosse Verunsicherung unter kirchlichen Mitarbeitenden

  • Rund 40 kirch­liche Mitar­bei­t­ende aus Pfar­reien, Pas­toral­räu­men und Fach­stellen haben an zwei Online-Meet­ings teilgenom­men.
  • Das The­ma: Pas­torale Begleitung zur Veröf­fentlichung der Pilot­studie «Aufar­beitung sex­uellen Miss­brauchs in der katholis­chen Kirche Schweiz»
  • Ver­anstal­tet wur­den die Meet­ings von der Abteilung Pas­toral des Bis­tums Basel.

Welch­es waren die grössten Sor­gen der Teil­nehmenden?

Bar­bara Kück­el­mann*: Die Verun­sicherung der Teil­nehmenden war gross. Das hat damit zu tun, dass wir nicht wis­sen, was in der Pilot­studie ste­ht. Viele fra­gen sich, wie sie mit dem The­ma Miss­brauch angemessen umge­hen kön­nen. Vor allem in Bezug auf Betrof­fene. Es gibt aber auch eine grosse Rat­losigkeit bei den Mitar­bei­t­en­den. Sie wis­sen nicht mehr, wie sie sich per­sön­lich in der Kirche engagieren kön­nen im Wis­sen um die Miss­bräuche. Schwierigkeit­en kön­nen sich auch ergeben, wenn nicht alle Mitar­bei­t­en­den eines Teams ein­er Mei­n­ung sind. Die einen wollen proak­tiv informieren, anderen ist das The­ma zu viel und sie wollen ihm lieber aus dem Weg gehen. Sie haben schon so oft darüber gere­det.

Was hat die Teil­nehmenden son­st noch beschäftigt?

Die Ungewis­sheit, ob durch die Studie auch Fälle aus der eige­nen Pfar­rei pub­lik wer­den, die in der Ver­gan­gen­heit geschehen sind. Für aktuelle Fälle gibt es ein Vorge­hen, das auf der Web­seite des Bis­tums Web­seite beschrieben ist. Da kann man sich an die vorgegebe­nen Schritte hal­ten. Wir haben darauf hingewiesen, dass es sin­nvoll ist, diese Infor­ma­tio­nen möglichst allen zugänglich zu machen.

Waren die Teil­nehmenden über die Dienst­wege bei einem Miss­brauchs-Fall im Bild?

Ja, schliesslich schulen wir die Mitar­bei­t­en­den dies­bezüglich seit Jahren.

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Welche Ideen und Impulse haben sie den Teil­nehmenden gegeben?

Wir haben vor allem pas­torale Impulse gegeben. Etwa zu Für­bit­ten, passenden Bibel­tex­ten mit Hin­weisen zur Ausle­gung, oder auch grund­sät­zlich zu Sprache. Wir wollen die Mitar­bei­t­en­den ani­mieren, in ein­er Grund­hal­tung zu agieren, in der wir uns für Gerechtigkeit und Unter­stützung für die Betrof­fe­nen ein­set­zen. Uns allen – ein­schliesslich des Bischofs – geht es um Trans­parenz in der Aufar­beitung der Miss­brauchs­fälle. Wir wollen Ver­ant­wor­tung übernehmen. Es geht darum, dass wir aus Fehlern ler­nen. Diese Grund­hal­tung soll­ten alle kirch­lichen Mitar­bei­t­en­den ein­nehmen. Zudem haben wir darauf ver­wiesen, wo weit­ere Infor­ma­tio­nen zu find­en sind.

Wie war die Befind­lichkeit der Teil­nehmenden nach dem Bekan­ntwer­den des vom «Beobachter» aufgedeck­ten Fall­es, indem Bischof Gmür Fehler zugeben musste?

Auch darüber haben wir gesprochen. Ich habe eine grosse Spannbre­ite an Reak­tio­nen wahrgenom­men. Von: «Das darf nicht wahr sein» bis zu einem gewis­sen Ver­ständ­nis, dass es sehr schwierig ist, in solch kom­plex­en Sit­u­a­tio­nen richtig zu han­deln.

Haben Sie Beispiele für die pas­toralen Impulse, die Sie gegeben haben?

Bei den Für­bit­ten etwa zün­den wir oft eine Kerze an. Vielle­icht gibt es im Zusam­men­hang mit der Miss­brauch­s­the­matik passendere Sym­bol­hand­lun­gen. Etwa ein Stein oder eine Scherbe, welche die Härte und Kälte der Sit­u­a­tion zum Aus­druck brin­gen. Grund­sät­zlich geht es darum, die Liturgie mit beson­ders viel Aufmerk­samkeit vorzu­bere­it­en und zu gestal­ten.

Was gibt es zur Sprache zu sagen?

Die Teil­nehmenden haben darüber disku­tiert, wie sie das The­ma Miss­brauch zur Sprache brin­gen kön­nen. Wir find­en es wichtig, dass das The­ma über­haupt zur Sprache kommt. Wir empfehlen sehr, dass am Woch­enende nach der Veröf­fentlichung der Pilot­studie das The­ma Miss­brauch auch in den Gottes­di­en­sten the­ma­tisiert wird. Die Men­schen sollen merken, dass sie auch mit diesen Fra­gen einen Platz in der Kirche haben.

Am Woch­enende nach der Veröf­fentlichung ist das Bet­tagswoch­enende, was bedeutet das?

In vie­len Pfar­reien wird dann der Gottes­di­enst öku­menisch gefeiert. Das müssen wir mitbe­denken. Wir empfehlen, das The­ma mit den öku­menis­chen Kol­legin­nen und Kol­le­gen zu besprechen. Ausser­dem war der Hin­weis ein­er Teil­nehmenden wichtig, dass wir uns auch um die Men­schen küm­mern müssen, die mit Liturgie nicht erre­icht wer­den kön­nen.

Und welche Ideen gibt es da?

Die Teil­nehmenden haben darüber disku­tiert, öffentliche Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen zu machen. Es gibt Pas­toral­räume, in denen solche Ver­anstal­tun­gen geplant sind. Wir Pas­toralver­ant­wortliche hat­ten anfänglich die Idee ein­er Art Klage­mauer. Wir haben die Idee ver­wor­fen, weil wir das Ange­bot zu anonym find­en. Wir wollen die Men­schen mit dem The­ma Miss­brauch nicht allein lassen und empfehlen darum Ange­bote, bei denen sie begleit­et wer­den. Dazu kön­nen auch Exper­tin­nen und Experten ein­ge­laden wer­den etwa von Opfer­hil­festellen oder Präven­tions­beauf­tragte. Von ihnen kön­nen sich Mitar­bei­t­ende der Pas­toral Unter­stützung holen.

Haben Sie Betrof­fene gefragt, was sie sich dies­bezüglich wün­schen? Haben Sie etwa die «Inter­es­sen­ge­mein­schaft für Miss­brauchs­be­trof­fene im kirch­lichen Umfeld» (IG-MikU) kon­tak­tiert?

Wir haben den Teil­nehmenden entsprechende Adressen zur Ver­fü­gung gestellt.

Haben die Teil­nehmenden Forderun­gen an das Bis­tum gestellt?

Unter­stützung in der Kom­mu­nika­tion wurde gewün­scht. Gle­ichzeit­ig wurde begrüsst, dass Infor­ma­tio­nen und Mate­ri­alien für die Pas­toral zum Down­load zur Ver­fü­gung gestellt wer­den.

Haben die Mitar­bei­t­en­den Angst vor den kom­menden Wochen?

Ich habe eine grosse Verun­sicherung darüber gespürt, sich angemessen zu ver­hal­ten. Wir haben dazu ermutigt, sich darüber in den Teams auszu­tauschen.

*Bar­bara Kück­el­mann ist seit 2016 Pas­toralver­ant­wortliche im Bis­tum Basel. Zuvor war sie an ver­schiede­nen Orten im Bis­tum Basel als Pfar­reiseel­sorg­erin, Gemein­delei­t­erin, in der kirch­lichen Erwach­se­nen­bil­dung und in der Dekanat­sleitung tätig.

Eva Meienberg
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