Schweizer Kinder singen für Kinder in anderen Ländern

Schweizer Kinder singen für Kinder in anderen Ländern

Schweizer Kinder singen für Kinder in anderen Ländern

Zu Besuch bei den Sternsingern der Pfarrei St. Anton

Rund um den Dreikönigstag sor­gen die Sternsinger für fröh­liche Gesichter – bei den Men­schen, für die sie sin­gen, und bei den Kindern, denen die einge­sun­genen Spenden zugutekom­men.«Die Men­schen freuen sich immer sehr, wenn wir kom­men», sagt der 11-jährige Johan mit einem strahlen­den Lächeln. Zusam­men mit sein­er 10-jähri­gen Schwest­er Änna ist er bere­its zum drit­ten Mal Teil der Sternsinger­gruppe der Pfar­rei St. Anton in Basel. In der 13-köp­fi­gen Gruppe gibt es keine klare Rol­len­verteilung, alle dür­fen mal Könige, Ster­nen­träger und Chor­mit­glieder sein. «Am lieb­sten bin ich Balthasar», sagt Änna. «Und ich Mel­chior», fügt Johan an. Änna und Johan haben die Freude am Sternsin­gen sozusagen geerbt. «Unsere Eltern haben das früher auch gemacht», sagt Johan, «und es macht ja auch viel Spass, das ist eine schöne Ferien­ak­tiv­ität.» Änna ergänzt: «Nach der Erstkom­mu­nion erhiel­ten wir einen Brief zum Sternsin­gen, und da bekam ich gle­ich Lust drauf.» Frages­tunde been­det, jet­zt noch schnell fürs Foto die Kostüme über­streifen. So viel Zeit muss schliesslich sein! Bib­lis­che Grund­la­genDie Gewän­der der Kinder machen es auch für Laien deut­lich: Das Sternsin­gen grün­det auf der bib­lis­chen Erzäh­lung über die Weisen aus dem Osten: «Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betle­hem in Judäa geboren wor­den war, siehe, da kamen Stern­deuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neuge­borene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufge­hen sehen und sind gekom­men, um ihm zu huldigen.» (Mt 2,1–2) Es fällt auf: Die Bibel spricht nicht von Köni­gen. Königlich wur­den die Stern­deuter erst im 6. Jahrhun­dert, ver­mut­lich um deut­lich zu machen, dass selb­st die grösste irdis­che Macht dem Göt­tlichen huldigt – und wegen der kost­baren Geschenke. Zu Namen kamen die drei Könige erst­mals im 6. Jahrhun­dert, als sie noch Thad­da­dia, Mel­chior und Baly­to­ra genan­nt wur­den. Cas­par, Mel­chior und Balthasar hiessen sie schliesslich ab dem 8. Jahrhun­dert. Sich­er ist immer­hin, dass die Könige nicht heilig sind, auch wenn sie oft so beze­ich­net wer­den. Eine offizielle Heiligsprechung fand näm­lich nie statt. Beliebter Heis­che­brauchDie Tra­di­tion des Sternsin­gens selb­st geht aller Wahrschein­lichkeit nach auf die Dreikönigsspiele zurück, bei denen schon im 10. Jahrhun­dert die Huldigung Jesu durch die drei Könige dra­matur­gisch dargestellt wur­den. Ver­brieft sind die ersten Sternsin­gen im 16. Jahrhun­dert in katholis­chen Regio­nen im öster­re­ichis­chen Raum. Die Aus­gestal­tung und das genaue Datum der Tra­di­tion vari­ierten schon damals von Land zu Land, von Gemeinde zu Gemeinde. Über­all jedoch war das Sternsin­gen ein Heis­che­brauch: Die Kinder san­gen und sagten Gedichte auf, um Gaben zu erheis­chen. Koor­diniert für Kinder­hil­f­spro­jek­teEinen neuen Schub erfuhr das Sternsin­gen im 20. Jahrhun­dert, als man begann, die Sternsinger organ­isiert auszusenden, um gezielt Spenden für Hil­f­spro­jek­te zu sam­meln. Bei der ersten «Aktion Dreikönigssin­gen» in Deutsch­land beteiligten sich 1959 100 Pfar­rge­mein­den, heute sin­gen und sam­meln die meis­ten der 12 500 deutschen Pfar­rge­mein­den zwis­chen Neu­jahr und dem Dreikönigs­fest für den guten Zweck. In der Schweiz wird das Sternsin­gen seit 1989 von den Päp­stlichen Mis­sion­swerken Mis­sio koor­diniert. 2023 waren schweizweit rund 700 Grup­pen unter­schiedlich­er Grösse unter­wegs, etwa 40 davon im Raum Basel; ins­ge­samt beteiligten sich rund 10 000 Kinder und Jugendliche. Sie sam­melten 2023 die enorme Summe von 1,5 Mil­lio­nen Franken! 2024 gehen die Spenden aus der Aktion Sternsin­gen schw­er­punk­t­mäs­sig an Kinder­hil­f­spro­jek­te in der Region Ama­zonien. Das The­ma dränge sich ger­adezu auf, find­et Erwin Tan­ner-Tiziani, Direk­tor von Mis­sio Schweiz. «Die Schöp­fung um uns herum lei­det und zer­fällt allmäh­lich», sagt er. «Das riesige Gebi­et von Ama­zonien mit den dort leben­den Men­schen, namentlich ihren Kindern, ste­ht dabei stel­lvertre­tend für die unzäh­li­gen Umweltkrisen und die damit ver­bun­de­nen Her­aus­forderun­gen für und Erwartun­gen an uns als Christin­nen und Chris­ten.» Es wird nicht ein­fach­erZurück zur Pfar­rei St. Anton in Basel, wo Pfar­reisekretärin Pia Don­gio­van­ni seit etwa sechs Jahren das Sternsin­gen leit­et. «Ich laufe aber bes­timmt schon seit dop­pelt so vie­len Jahren als Begleitung mit», sagt die 57-Jährige. Während dieser Zeit habe sich das Sternsin­gen sehr verän­dert. «Damals gin­gen wir mit bis zu drei Grup­pen von jew­eils acht bis zehn Kindern zu den Fam­i­lien nach Hause», erin­nert sie sich. Doch mit jedem Jahr melde­ten sich weniger Kinder für das Sternsin­gen an, sodass man sich irgend­wann dazu entschloss, nur noch in Alter­sheimen aus dem Gebi­et der Pfar­rei zu sin­gen. Auch immer her­aus­fordern­der wird es, neue Kinder für das Sternsin­gen zu gewin­nen. «Von unseren 13 Kindern dieses Jahr waren 11 schon let­ztes Mal dabei», sagt Pia Don­gio­van­ni. Und dies, obwohl die Pfar­reisekretärin in drei Pfar­reien «Wer­bung» machen kann, da sie in den Pfar­reien St. Anton, Aller­heili­gen und St. Marien in Basel für die Erstkom­mu­nion zuständig ist. Die meis­ten Sternsin­gerin­nen und Sternsinger sind denn auch Erstkom­mu­nikan­ten, ab und zu stösst jemand über Mund-zu-Mund-Pro­pa­gan­da zur Gruppe. Und wie lange dür­fen sie bleiben? «Solang sie möcht­en!», sagt die Pfar­reisekretärin, «die meis­ten sind aber max­i­mal vier Jahre dabei.» Nor­maler­weise sind die Kinder zwis­chen 9 und 13 Jahre alt. Von der Aussendung bis zum Emp­fangIm neuen Jahr gilt es dann ernst für die kleinen Könige und ihre Entourage. Dies­mal erfol­gt bere­its am 31. Dezem­ber  im Rah­men eines Gottes­di­en­sts die Aussendung, während der die Kinder sin­gen und einen Segen emp­fan­gen. Ab dem 2. Jan­u­ar besuchen die Sternsinger dann die ganze Woche lang jeden Nach­mit­tag Alter­sheime, ins­ge­samt rund ein Dutzend. «Die Kinder wer­den dort immer sehr lieb emp­fan­gen und ver­wöh­nt», sagt Pia Don­gio­van­ni, «sie bekom­men etwas zu trinken, etwas zu essen, manch­mal sog­ar ein kleines Bhaltis.» Und natür­lich die ganze Aufmerk­samkeit der Bewohner­in­nen und Bewohn­er, die sich immer sehr über die Auftritte der Sternsinger freuen. «Wenn die Kinder ‹Das isch dr Stärn vo Beth­le­hem› sin­gen, kullern auch schon mal ein paar Trä­nen», weiss die Pfar­reisekretärin. Natür­lich spenden die Sternsinger auch den Segen «20*C+M+B+24» – «Chris­tus Man­sionem Bened­i­cat», oder «Chris­tus seg­ne dieses Haus». Je nach Wun­sch wird er mit Krei­de oder als Kle­ber ange­bracht. «Und das Schöne ist: Kom­men wir im fol­gen­den Jahr wieder, ist der Segen immer noch an Ort und Stelle», freut sich Pia Don­gio­van­ni. Und wie viele Spenden kom­men im Lauf der Woche zusam­men? «Die Spenden aus den Alter­sheimen und aus der Kollek­te der bei­den Gottes­di­en­ste belaufen sich jew­eils auf um die 3000 bis 4000 Franken», sagt Pia Don­gio­van­ni. Das Geld geht an das jew­eils aktuelle Mis­sio­pro­jekt. Sin­gen im Fernse­hgottes­di­enstAm darauf­fol­gen­den Son­ntag, dem 7. Jan­u­ar, würde das Sternsin­gen nor­maler­weise mit dem Emp­fangs­gottes­di­enst abgeschlossen. Doch dies­mal kön­nen die Basler Sternsinger an diesem Tag an einem Fernse­hgottes­di­enst in der Kirche St. Mar­tin in Olten teil­nehmen, gemein­sam mit Sternsingern aus den Oltener Pfar­reien St. Marien und St. Mar­tin. «SRF stellte eine Anfrage an Sibylle Hard­eg­ger, die Radio- und Fernse­hbeauf­tragte der Katholis­chen Kirche», erzählt Anto­nia Hasler, Lei­t­erin des Pas­toral­raums Olten. Dass die Wahl dann auf ihre und die Basler Sternsinger als gemein­same Gesangs­gruppe fiel, freut sie sehr. Zumal der Gottes­di­enst unter der Leitung von Wei­h­bischof Josef Stübi etwas fes­tlich­er als gewöhn­lich aus­fall­en dürfte. Auch Pia Don­gio­van­ni freut sich auf den Auftritt, obwohl er einen ziem­lichen Mehraufwand für alle am Sternsin­gen Beteiligten bedeutet: «Es ist toll, dass wir diese Plat­tform bekom­men und so unseren schö­nen Sternsinger­brauch wieder ein­mal ins Ram­p­en­licht rück­en kön­nen.»Mar­ius Leuteneg­ger
Redaktion Lichtblick
mehr zum Autor
nach
soben