Ein Abste­cher ins Klo­ster Fahr

  • Manch­mal muss man im All­tag links abbie­gen, um zur Ruhe zu kommen.
  • Das Ange­bot «Im Rhyth­mus der Bene­dik­ti­ne­rin­nen» wen­det sich an Frau­en, die in die Stil­le des Klo­ster­le­bens ein­tau­chen möchten. 
  • Eine «Horizonte»-Redaktorin hat sich dar­auf eingelassen.

Der Frei­tag­abend­stau auf sämt­li­chen Stras­sen zwi­schen Gubrist- und Bar­egg­tun­nel läu­tet im Lim­mat­tal das Wochen­en­de ein. Ich ent­kom­me der Fahr­zeug­flut mit beherz­tem Links­abbiegen am Ost­rand von Die­ti­kon und rol­le auf der Land­stras­se der Lim­mat ent­lang. Der Stil­le ent­ge­gen. Im Klo­ster Fahr rufen die Glocken zur Ves­per. Mit dem Abend­lob beginnt an die­sem Abend auch das Ange­bot «Im Rhyth­mus der Bene­dik­ti­ne­rin­nen», das ein­mal im Monat im Klo­ster statt­fin­det. Laut Ein­la­dung erwar­ten mich in den kom­men­den 24 Stun­den Gebets­zei­ten mit der Schwe­stern­ge­mein­schaft, Impul­se zur bene­dik­t­i­ni­schen Spi­ri­tua­li­tät, Bibel­lek­tü­re sowie Zei­ten der Stil­le. Der Schritt in die Klo­ster­kir­che ist für mich der Schritt hin­aus aus dem All­tag, hin­ein ins Schwei­gen, ins Gebet. Die ande­ren Frau­en, die den «Rhyth­mus­tag» mit­ma­chen, haben schon auf den Bän­ken Platz genom­men. [esf_wordpressimage id=44963 width=half float=left][/esf_wordpressimage]

Schlicht und eindringlich

Jea­ni­ne Kosch reicht mir hei­ter zuerst die Hand und dann das Sing­buch. Die Theo­lo­gin hat zusam­men mit Prio­rin Ire­ne Gas­smann das Ange­bot für Frau­en ins Leben geru­fen. Als Obla­tin des Klo­sters Fahr ist sie eng mit der Gemein­schaft ver­bun­den. Eine Obla­tin, so erklärt sie mir spä­ter, lebt ein welt­li­ches Leben, folgt jedoch dabei, soweit mög­lich, der Regel des hei­li­gen Benedikt.

Die Schwe­stern sit­zen im vor­de­ren Teil der Kir­che und sin­gen die Psal­men im Wech­sel mit der Vor­sän­ge­rin. Schlicht und unspek­ta­ku­lär, aber ein­dring­lich. «Wir kön­nen das Ange­bot nur durch­füh­ren, weil die Schwe­stern­ge­mein­schaft es mit­trägt», wer­den Prio­rin Ire­ne und Jea­ni­ne Kosch spä­ter beto­nen. Es ist spür­bar: Die Lebens­wei­se und Spi­ri­tua­li­tät der Schwe­stern tra­gen die Besucherinnen.

Ange­bot «Im Rhyth­mus der Benediktinerinnen»

Ein­tau­chen in die Stil­le des Klo­sters und der Sehn­sucht nach einem Leben, das in die Tie­fe führt, Raum geben. Ein Ange­bot für Frauen. 

Ter­mi­ne und The­men bis Ende 2023

1./2. Sep­tem­ber: Offen­heit gegen­über der Schwe­ster, dem Bruder

6./7. Okto­ber: Stu­fen auf dem Weg zu Gott — Die Demut als Werk­zeug der Gottsuche

3./4. Novem­ber: Nicht auf­hö­ren Gott zu Loben — Treue und Ver­bind­lich­keit auf dem Weg zu Gott

1./2. Dezem­ber: Beten — Das Gespräch  mit einem Freund/Freundin

Beginn jeweils am Frei­tag um 17.45 Uhr mit der Ves­per, Ende jeweils am Sams­tag, 18.15 Uhr, nach der Vesper. 

Ele­men­te: Stun­den­ge­bet mit der Schwe­stern­ge­mein­schaft, Impul­se zur bene­dik­t­i­ni­schen Spi­ri­tua­li­tät, Bibel­lek­tü­re, allein und in der Grup­pe, Zei­ten der Stille.

Lei­tung: Prio­rin Ire­ne Gas­smann OSB und Jea­ni­ne Kosch, Theo­lo­gin und Obla­tin vom Klo­ster Fahr.

Kosten: pau­schal 165.- Fran­ken, inklu­siv Ver­pfle­gung und Unterkunft.

Alle wei­te­ren Infos, das Pro­gramm und die Anmel­de­mög­lich­keit fin­den Sie hier.

Gäste­zim­mer unter dem Dach

Nach der Ves­per begrüs­sen uns Jea­ni­ne Kosch und Prio­rin Ire­ne und ver­tei­len die Zim­mer­schlüs­sel. Unter dem Dach war­ten Gäste­zim­mer mit Bett, Schreib­tisch und Aus­sicht auf Klo­ster­gar­ten und Lim­mat. Ich füh­le mich will­kom­men und auf­ge­ho­ben. Zum Znacht trifft sich die Grup­pe mit Prio­rin Ire­ne und Jea­ni­ne Kosch im ersten Stock. Die Schwe­stern essen im geschlos­se­nen Bereich, in der Klau­sur. Beim Abend­essen haben wir Gele­gen­heit, mit­ein­an­der zu spre­chen, ab dem näch­sten Mor­gen wer­den wir die Mahl­zei­ten schwei­gend einnehmen.[esf_wordpressimage id=44956 width=half float=right][/esf_wordpressimage]

Klar­heit hilft dem Frieden

Es ist Prio­rin Ire­ne und Jea­ni­ne Kosch ein Anlie­gen, den Besu­che­rin­nen der «Rhyth­mus­ta­ge» die bene­dik­t­i­ni­sche Lebens­wei­se näher­zu­brin­gen. Seit Anfang 2022 lei­ten die bei­den Frau­en das Ange­bot. Wich­tig ist ihnen: «Wir wol­len die Erfah­rung des bene­dik­t­i­ni­schen Rhyth­mus ver­mit­teln.» Nach dem Abend­essen zeigt sich, dass die­ser Rhyth­mus nicht zum Her­um­hän­gen geeig­net ist, denn schon beginnt um 20.30 Uhr die Kom­plet, das letz­te Gebet des Tages. Spä­ter ent­lässt uns Prio­rin Ire­ne mit einem Gebet von Sil­ja Wal­ter in die Nacht.

Schwei­gend essen

Beim Betre­ten des Früh­stück­raums fällt es mir nicht leicht, zum Mor­gen­gruss ledig­lich zu nicken und kein Gespräch mit der Tisch­nach­ba­rin anzu­fan­gen. Doch weil die Regeln klar sind und nie­mand spricht, ent­fällt der Druck, etwas sagen zu müs­sen. Kla­re Regeln erleich­tern das Zusam­men­le­ben und bewah­ren den Frie­den im Klo­ster. Für Prio­rin Ire­ne ist die­se Klar­heit essen­ti­ell: «In unse­rer Gemein­schaft ist klar, wer lei­tet. Es ist klar, wer die Stell­ver­tre­tung hat. Es ist klar, wer wel­ches Ämt­li ver­rich­tet», sagt sie. Eben­so klar ist die Sitz­ord­nung beim Essen: Die Schwe­stern sit­zen in der Rei­hen­fol­ge ihres Ein­tritts­zeit­punkts ins Klo­ster. Immer gleich. Man wählt den Platz nicht nach Sym­pa­thie und es kann nicht pas­sie­ren, dass jemand allein sitzt. [esf_wordpressimage id=44961 width=half float=right][/esf_wordpressimage]

Wie die Schwalben

Die Zahl der Besu­che­rin­nen der «Rhyth­mus­ta­ge» im Klo­ster Fahr habe sich auf sie­ben bis 15 ein­ge­pen­delt. Vie­le kämen immer wie­der, aber es habe jedes Mal auch neue Frau­en dabei, sagt Jea­ni­ne Kosch. «Hier fin­de ich Frie­den in mir selbst. Das ist der Schlüs­sel für Frie­den in mei­nem Umfeld», sagt eine der Frau­en beim Abschluss. Und eine ande­re erzählt: «Einen fried­li­chen Moment erleb­te ich heu­te im Kuh­stall. Ich beob­ach­te­te die Schwal­ben. Sie flie­gen vie­le tau­send Kilo­me­ter weit weg und fin­den doch jedes Jahr zurück ins Klo­ster Fahr. Fast so wie ich.»

Marie-Christine Andres Schürch
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