Es bleibt ein fahler Nachgeschmack

Es bleibt ein fahler Nachgeschmack

In ihrem gestri­gen Newslet­ter veröf­fentlicht­en die Vat­i­can News zwei Doku­mente, die der Welt beweisen sollen, dass der emer­i­tierte Papst Benedikt XVI. ein Schuld­be­wusst­sein hat, im Sinne der an ihn gerichteten Vor­würfe aber unschuldig sei. Es geht um das The­ma Miss­brauchs­fälle in der ehe­ma­li­gen Diözese Papst Benedik­ts, dem Erzbis­tum München und Freis­ing. In einem Brief an die Gläu­bi­gen des Erzbis­tums, die er als «liebe Schwest­ern und Brüder» anspricht und als «liebe Fre­unde» am Ende seines Schreibens seg­net, beken­nt er immer­hin, dass während sein­er Amt­szeit in München-Freis­ing, 1977 bis 1982, Fälle von sex­uellen Über­grif­f­en stattge­fun­den haben. Reue über sein Ver­sagen als Vorge­set­zter und Leitungsper­son kann man seinen Äusserun­gen besten­falls indi­rekt ent­nehmen: «Ich habe in der katholis­chen Kirche grosse Ver­ant­wor­tung getra­gen. Umso gröss­er ist mein Schmerz über die Verge­hen und Fehler, die in meinen Amt­szeit­en und an den betr­e­f­fend­en Orten geschehen sind.» Ele­gant weit­et er die Sicht auf die Miss­brauch­s­the­matik in der Kirche generell, und auf Grund viel­er Gespräche mit Betrof­fe­nen rund um den Globus «kann ich nur noch ein­mal meine tiefe Scham, meinen grossen Schmerz und meine aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sex­uellen Miss­brauchs zum Aus­druck brin­gen».

Gestützt durch den eben­falls auf Vat­i­can News veröf­fentlicht­en Fak­tencheck der Mitar­beit­er von Papst emer. Benedikt XVI., betont dieser, dass er in sein­er Stel­lung­nahme zum unab­hängi­gen Gutacht­en zu den Miss­brauchs­fällen im Erzbis­tum München und Freis­ing nicht gel­o­gen und nichts ver­tuscht habe. Die Mitar­beit­er, die Benedikt XVI. in seinem Brief eben­falls als «Fre­unde» beze­ich­net und ver­dankt, sind drei Kirchen­rechtler und ein auf Äusserungsrecht spezial­isiert­er Recht­san­walt. Entsprechend liest sich das von diesen «Fre­un­den» veröf­fentlichte Doku­ment, das juris­tisch erhärtet, was der Brief des zurück­ge­trete­nen heili­gen Vaters, stilis­tisch geschickt for­muliert, nur zwis­chen den Zeilen erken­nen lässt: Hier wird keine Ver­ant­wor­tung über­nom­men, und Fehler haben, wenn über­haupt, andere gemacht. Dafür appel­liert Benedikt XVI. an das Mit­ge­fühl der Men­schen, einem alten Mann zu vergeben, der «bald vor dem endgülti­gen Richter» seines Lebens ste­he. Ein Ereig­nis, das er trotz «viel Grund zum Erschreck­en und zur Angst» auch «fro­hen Mutes» erwarte, «weil ich fest darauf ver­traue, dass der Herr nicht nur der gerechte Richter ist, son­dern zugle­ich der Fre­und und Brud­er».

Christian Breitschmid
mehr zum Autor
nach
soben