Wirbel um die Fastenkampagne
Die aktuelle FasÂtenkamÂpagne «Weniger für uns. Genug für alle» prangert den ZusamÂmenÂhang unseres FleisÂchkonÂsums mit dem weltweitÂen KliÂmawanÂdel an. Das stösst dem schweizÂerischen Fleisch-FachverÂband sauer auf. VerÂganÂgene Woche droÂhte er den kirchÂlichen HilÂfÂswerken FasÂtenopfer und Brot für alle mit einem SpendenÂboykott, wie die NZZ am SonÂntag berichtete. HorÂiÂzonte hat sich in einÂer MetÂzgerei erkundigt: Die KamÂpagne erreÂiche schlicht die falschen Leute, meint MetÂzgerin Denise ZimÂmerÂmann.In der BahnÂhofÂsÂtrasse 4 in WetÂtinÂgen war schon immer eine MetÂzgerei beheiÂmatet. Das 1906 erbaute Haus ist schon seit über 40 Jahren das Daheim des FamÂiÂlienÂbeÂtriebes Felder, verÂwurzelt im KlosterquartiÂer von WetÂtinÂgen. VerÂwurzelt fühlt sich Denise ZimÂmerÂmann-Felder auch in der PfarÂrei St. Anton WetÂtinÂgen. Die guten ErlebÂnisse von KindÂheit an, die GemeinÂschaft, all das war für sie der Grund sich in der FrauengeÂmeinÂschaft und für den Firmweg der PfarÂrei zu engagieren. «All das Gute welchÂes ich erfahren durfte, wollte ich auch anderen weitÂer geben. In der GemeinÂschaft etwas zu schafÂfen, ist für mich ein grossÂes Stück Glaube und hat mir immer Freude gemacht.», erkÂlärt die gelÂernte MetÂzgerin.
Kein DurchÂblick
Da sie zu den MenÂschen gehöre, welche ab und zu das PfarÂrblatt lesen, habe sie die letÂztjähriÂgen ökuÂmenisÂchen FasÂtenkamÂpagÂnen mitverÂfolÂgt, erzählt Denise ZimÂmerÂmann. Zum Spenden aniÂmierten die KamÂpagÂnen sie jedoch seit vieÂlen Jahren nicht mehr: «Ich blicke da nicht ganz durch, wie die Kirche mit diesen Geldern das jewÂeils angeÂsprochÂene ProbÂlem lösen will. Meine Spenden tätige ich mit dem BauchgeÂfühl, regionÂal wo ich etwas bewirken kann und nicht die nächÂste teure KamÂpagne mit finanziere.»
BevorÂmundung
In ihrer ökuÂmenisÂchen KamÂpagne zeigen die HilÂfÂswerke FasÂtenopfer, Brot für alle und PartÂner sein auf, dass unser hoher FleisÂchkonÂsum den FutÂterÂmitÂtelverÂbrauch ansteigen lässt, was dazu führt, dass beispielÂsweise in Brasilien RegenÂwald und Savanne zerÂstört werÂden. Dies wiederum treibe den KliÂmawanÂdel weitÂer voran, wie die HilÂfÂswerke erkÂlären. Wenig Freude an dieser KamÂpagne hatÂte laut NZZ am SonÂntag der SchweizÂer Fleisch-FachverÂband (SFF). «Ich verÂsteÂhe nicht, warum FasÂtenopfer und Brot für alle den Leuten vorschreiben wollen, was auf ihre Teller kommt», zitiert die Zeitung SFF-PräsiÂdent Rolf BütÂtikÂer. Das sei eine BevorÂmundung. «Mit Ihrer KamÂpagne wird die LebensÂmitÂtelkette Fleisch und damit die LebensÂgrundÂlage vielÂer Bauern und MetÂzger infrage gestellt, was wir nicht einÂfach so hinÂnehmen könÂnen», schreibt der SFF in einem Brief an die HilÂfÂswerke. Darin heisst es weitÂer, der VerÂband sehe sich allenÂfalls genötigt, seine Kreise zu einem SpendenÂverzicht für FasÂtenopfer und Brot für alle aufzuÂrufen.
ExisÂtenz und CreÂdo
Ob das Fleisch, dessen ProÂdukÂtion die Abholzung des RegenÂwaldes mitverurÂsacht, das gleÂiche Fleisch ist, das die KunÂden in der MetÂzgerei kaufen, wird aus der KamÂpagne nicht klar. Denise ZimÂmerÂmann als FachÂfrau meint: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass in den kleinen MetÂzgerei-Fachgeschäften solchÂes Fleisch verkauft wird, wir würÂden uns ja selÂber schaden.» Die HalÂtung und Ernährung der Tiere sei essenÂtiell für eine gute FleisÂchqualÂität. «Darauf sind wir angewiesen, das ist unsere ExisÂtenz und entspricht auch unserem CreÂdo.»
Geiz ist geil
Auch Denise ZimÂmerÂmann schütÂtelte zuerst über die diesjährige FasÂtenkamÂpagne den Kopf, sagt dann aber: «Wagt man einen zweitÂen Blick auf die Sache und schaut genau hin, so ist der Grundgedanke des SloÂgans schon gut und regt zum Denken an.» Das ProbÂlem sieht sie aber darin, dass jene MenÂschen, welche sich Gedanken über das TheÂma des FasÂtenopfers machen, nicht die HauptverurÂsachÂer der aufgezeigten ProbÂleme sind. Aus Erfahrung weiss sie: «KonÂsumenten welche sich Gedanken über dieses TheÂma machen, kaufen in der Regel im Fachgeschäft ein.» Dort also, wo eher Fleisch aus artÂgerechter TierÂhalÂtung aus der Region verkauft wird. Einem, der bilÂlige GeflügelÂproÂdukÂte von riesiÂgen MastÂbeÂtrieben im AusÂland bevorzuge, dem sei die FasÂtenkamÂpagne wahrscheinÂlich egal. Der KonÂsument, der nicht bereÂit sei, für gutes Fleisch und artÂgerechte TierÂhalÂtung etwas mehr zu bezahlen, besuche dann halt die grossen BilÂliÂganÂbiÂeter, welche unter dem MotÂto «Geiz ist geil» die Leute in ihre Läden holen. Diese böten vielfach das von der KamÂpagne angeprangerte Fleisch an, dieses stamme häuÂfig aus dem AusÂland. Denise ZimÂmerÂmann ist sich sichÂer: «Die KonÂsumenten, welche diese SitÂuÂaÂtion fördern, in dem sie bilÂlige Ware fordern, die interÂessiert der RegenÂwald kein bissÂchen.»
AbfallÂberg aus LebensÂmitÂteln
Weniger Fleisch zu essen hält Denise ZimÂmerÂmann nicht für die Lösung des KlimaprobÂlems. Zunehmend SorÂgen macht ihr als MetÂzgerin aber, wie die MenÂschen heute allÂgeÂmein mit LebensÂmitÂteln umgeÂhen. Die GrossverteilÂer proÂduzieren UnmenÂgen an LebensÂmitÂteln, der KonÂsument will auch fünf Minuten vor LadenÂschluss noch alles frisch einkaufen könÂnen. «Dass ein Artikel ausÂgeÂganÂgen ist, darf es nicht geben, das wird vom KonÂsument nicht akzepÂtiert — in diesen Laden geht er nicht mehr.» Der AbfallÂberg an noch geniessÂbaren LebensÂmitÂteln sei das grosse ProbÂlem: Was bis LadenÂschluss nicht verkauft wurde, entspricht nicht mehr den AnforderunÂgen der totalÂen Frische und kommt in den Abfall, obwohl das ProÂdukt noch einÂwandÂfrei ist. Was nicht gebraucht wird, wirft man weg. «Der ÜberÂfluss in dem viele Leute leben, macht mir SorÂgen, weil einÂfach das GleÂichgewicht und der norÂmale MenÂschenÂverÂstand fehlen. Der KonÂsument sollte sein EinkaufsverÂhalÂten generell ändern, saisonÂgerecht, aus der Region und von Allem nicht unsinÂnig viel einkaufen.» , findÂet Denise ZimÂmerÂmann. Das gelte genauÂso für den Umgang mit Fleisch.
KamÂpagne als Chance
Beim FasÂtenopfer reagiert man gelassen auf die DroÂhung des Fleisch-FachverÂbanÂdes, zum SpendenÂboykott aufzuÂrufen. Matthias DörÂnenÂburg, BereÂichÂsleitÂer MarÂketÂing beim katholisÂchen HilÂfÂswerk, hält diese für eine emoÂtionale ReakÂtion. «Der VerÂband könÂnte die KamÂpagne als Chance sehen, NachÂhaltigkeit statt QuanÂtität zu propagieren, um auch einen fairen Preis für das Fleisch zu erhalÂten», sagte er gegenüber der NZZ am SonÂntag. Auf den ersten Blick wirke die KamÂpagne eher ungünÂstig für die FleisÂchwirtschaft, meint Denise ZimÂmerÂmann. UnterÂscheiÂde man aber zwisÂchen den kleinen FachÂbeÂtrieben und den grossen AnbiÂetern, sei die aktuelle DiskusÂsion natürÂlich eine Chance für die MetÂzgereien: «Wir haben die Möglichkeit, die KonÂsumenten zu informieren, aufzukÂlären.» Nur häuÂfig wüssten eben die KonÂsumenten, die in der MetÂzgerei einkaufen, schon Bescheid, während die KamÂpagne jene, welche soja-gemästetes Geflügel aus Brasilien zu einem Spottpreis kaufen, nicht erreÂiche.
Auch posÂiÂtive StimÂmen
Am Sujet der KamÂpagne, welchÂes verÂpackÂte Poulets zeigt und dazu — unter einem VerÂgrösserungsÂglas — brenÂnende Wälder, fliehende MenÂschen und eingezäunte MonokulÂturen, hätÂten sich aussÂer dem Fleisch-FachverÂband auch der Geflügelzüchter-VerÂband und ein einzelÂner MetÂzger gestört und bei den HilÂfÂswerken reklamiert. Der SchweizÂer BauernÂverÂband hingeÂgen äusserte sich laut Zeitung posÂiÂtiv zur ökuÂmenisÂchen KamÂpagne der kirchÂlichen HilÂfÂswerke: «Wir findÂen es gut, dass sie die KonÂsumenten anreÂgen, den NahrungsmitÂtelverÂbrauch kriÂtisch zu betraÂchtÂen», sagt PräsiÂdent Markus RitÂter, denn auch der BauernÂverÂband störe sich am wachÂsenden Import von FutÂterÂmitÂteln aus EntwickÂlungslänÂdern für die FleisÂchÂproÂdukÂtion.
sys / mca