Mit dem «Lebensspiegel» etwas weitergeben
- Schauen MenÂschen am Lebensende zurück, könÂnen sie daraus Kraft schöpfen. Speziell ausÂgeÂbildete FachÂleute, darunter auch SeelÂsorÂgende, erarÂbeitÂen hierÂfür gemeinÂsam mit MenÂschen, die es wünÂschen, sogeÂnanÂnte «Lebensspiegel».
- HorÂiÂzonte durfte sich ein Bild davon machen, was es bedeutet, einen «Lebensspiegel, zu erstellen. SeelÂsorgÂer Andreas ZimÂmerÂmann lud ein, ihn bei dieser Arbeit zu begleitÂen.
Freudig erwartet Agnes TrenÂti in ihrer AlterÂswohÂnung in Muri SpiÂtalsseelÂsorgÂer Andreas ZimÂmerÂmann. Er wird mit ihr heute einen «Lebensspiegel» erstellen. Das heisst: MitÂtels FraÂgen bringt Andreas ZimÂmerÂmann die 81-Jährige dazu, aus ihrem Leben zu erzählen und sichÂer hierÂbei über Ereignisse und EntwickÂlunÂgen bewusst zu werÂden, die für sie wichtig waren und auf die sie stolz ist. Ziel ist es, mitÂtels eines Textes die eigene LebensleisÂtung zu würdiÂgen und wichtige ErkenÂntÂnisse nach eigenÂem Ermessen den NachkomÂmen weitÂerzugeben.
«Meine Töchter sollen ihren Männern nicht folgen»
«Ich will das meinen Kindern und Grosskindern weitÂergeben», erkÂlärt die gebürÂtige SüdtiroÂlerin gerÂade herÂaus und reicht CapÂpucÂciÂno. Dann setÂzt sie sich zu uns sagt: «Meine Töchter sollen so leben, wie ich es getan habe – Der HerÂrgott und die MutÂter Gottes sind das WichtigÂste im Leben». Und nach einÂer kurzen Pause ergänzt sie lachend: «Und ihren MänÂnern sollen sie nicht blindÂlinks folÂgen».Andreas ZimÂmerÂmann nimmt mit seinem SmartÂphone das Gespräch auf. Auf die Frage hin, was für sie am WichtigÂsten im Leben war, muss Agnes TrenÂti nicht lange überÂlegen: «Die Geburt meinÂer beiÂden Kinder. FamÂiÂlie, das ist für mich alles. Ich lebe für meine Kinder und Grosskinder». Und dann der Glaube: «Das hat mir immer geholfen», erkÂlärt die 81-Jährige. GerÂade in diesem Jahr, als sie fünf Wochen lang habe im SpiÂtal liegen müssen und vierÂmal operiert worÂden sei. Sie habe schon geglaubt, es sei vorÂbei. Auch wenn sie noch nicht sterÂben wolle, ist der aufgeweckÂten ItalÂienerÂin bewusst geworÂden, dass es plötÂzlich sehr schnell gehen kann. Und als sie dann von ihrem SeelÂsorgÂer Andreas ZimÂmerÂmann vom «Lebensspiegel» erfuhr, war für sie klar: «Das möchte ich machen».
Das verschriftlichte Gespräch wird vorgelesen
Eine Woche nach dem Gespräch trifft man sich wieder bei Agnes TrenÂti zuhause. Andreas ZimÂmerÂmann hat fünf SeitÂen Text dabei, die er seinÂer GesprächspartÂnerÂin vorÂliÂest. Diese hat dann die Möglichkeit, korÂrigierend anzuÂpassen, wenn sie das Gefühl hat, Inhalte seien nicht in ihrem Sinne verÂstanden worÂden. Die definÂiÂtive FasÂsung wird dann Agnes TrenÂti ausÂgeÂhändigt.Die 81-Jährige hört aufmerkÂsam zu, während Andreas ZimÂmerÂmann vorÂliÂest. Immer wieder nickt sie und sagt: «Ja, das stimmt». Ab und zu lächelt sie. Und zum Ende hin meint sie: «BraÂvo! Danke vielÂmals!» «Ist das in OrdÂnung, wenn da auch schwierige Sachen drin steÂhen?», fragt der SeelÂsorgÂer nach. Agnes TrenÂti überÂlegt kurz und meint, sie wolle eigentlich nicht, dass etwas NegÂaÂtives im Text steÂhe. «Mitunter könÂnen Kinder und Grosskinder aber mehr lerÂnen, wenn sie sehen, was im Leben schwierig war», gibt Andreas ZimÂmerÂmann zu bedenken und meint dann nach einÂer kurzen Pause:
«Zu dieser Arbeit gehört es, kritisch nachzufragen»
«Ich lasse den Text mal da und komme morÂgen wieder». So kann sich Agnes TrenÂti in Ruhe noch Gedanken machen, wie die EndÂfasÂsung ausseÂhen soll. EntscheiÂden darf am Ende sie. KriÂtisch nachÂfraÂgen und zur AuseinanÂderÂsetÂzung mit dem eigeÂnen Leben anreÂgen, gehöre aber zum Prozess, erkÂlärt Andreas ZimÂmerÂmann gegenüber HorÂiÂzonte. Das empfinde er auch als spanÂnend an der Lebensspiegel-Arbeit. Er werde das sichÂer weitÂer machen und habe auch schon zwei weitÂere InterÂessentinÂnen, mit denen er sich bald treÂfÂfen werde.