Schwimmen in der Kirche? Zeitenwende erreicht Schweizer Bischofskonferenz
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Schwimmen in der Kirche? Zeitenwende erreicht Schweizer Bischofskonferenz

Kirchen sind gross, teuer im Unterhalt und stehen zunehmend leer. Nun äussert sich die Schweizer Bischofskonferenz zu diesem Problem und veröffentlicht Leitlinien.

Die Hauptein­nah­me­quelle der Kirchge­mein­den in der Schweiz ist die Kirchen­s­teuer. Doch diese reicht vielerorts nicht mehr aus, um die Kirche zu finanzieren, berichtete SRF im Mai 2023. Anders sehe es mit sakralen Wahrze­ichen in urbanem Gebi­et aus. Wenn sie denkmalgeschützt und Touris­mus­mag­nete sind, «dann gibt es auch was vom Staat», so die SRF-Reli­gion­sredak­torin, Léa Burg­er. «Gemein­den auf dem Land aber ste­hen vor extremen Her­aus­forderun­gen. Zum Beispiel, wenn Sanierun­gen anste­hen.»

Problem lange bekannt

SRF hat das Prob­lem vor zwei Jahren nicht neu ent­deckt. Kirchge­mein­den ste­hen seit Langem vor der Frage, wie sie mit den im Unter­halt teuren Gebäu­den umge­hen, wenn sie fak­tisch nicht mehr genutzt wer­den. Die The­olo­gin Reg­u­la Grü­nen­felder ver­fasste 2023 im Auf­trag der Zürcher Kan­ton­alkirche  ein Diskus­sion­spa­pi­er zur Kirchenum­nutzung und zeigte darin Wege auf, wie es weit­erge­hen kann.

Dass dies nötig ist, zeigt ein Blick in die Sta­tis­tik. 1970 bekan­nten sich noch 94 Prozent der Bevölkerung des Kan­tons Zürich zu ein­er der grossen Kon­fes­sio­nen. Heute sind es knapp die Hälfte. 2045 wer­den es voraus­sichtlich nur noch zehn Prozent sein. 

Dies ist kein Zürcher Son­der­fall, son­dern eine europäis­che Ten­denz. Zurück bleiben leere Kirchen und aus­gestor­bene Klöster. Vorschläge, wie diese Nutzung ausse­hen kann, gibt es viele. Entsprechend wer­den in Europa Kirchen seit Jahren umfunk­tion­iert. Am Rande Lon­dons kann man heute schwim­men, in Man­ches­ter klet­tern, in Basel tanzen und in Luzern gibt es eine Mis­chnutzung von Gotte­shaus und Kun­st­ga­lerie. Dies sind nur einige Beispiele.

SBK veröffentlicht Leitlinien

Nun hat sich auch die Schweiz­er Bischof­skon­ferenz in einem Pas­toralschreiben zu dem The­ma posi­tion­iert. Darin erken­nt sie an, dass das Prob­lem nicht ver­schwinden wird, und ruft zu ein­er aktiv­en Mit­gestal­tung bei der Lösung auf. Die Schweiz­er Bis­chöfe fordern, wo möglich, Kirchen­räume als solche zu erhal­ten und war­nen davor, sich von «hohen Heizkosten und vie­len leeren Bänke zu kurzsichtigem Aktion­is­mus ver­leit­en zu lassen». 

Kirche, Kultur, Wohnraum

Ist eine Umnutzung unumgänglich, sollen zunächst öku­menis­che Nutzun­gen geprüft wer­den. Die Räume sollen «auf­grund ihrer sym­bol­is­chen Bedeu­tung nach Möglichkeit nicht anderen Reli­gio­nen oder neuen religiösen Gemein­schaften zur Ver­fü­gung gestellt wer­den». Also, kein «Yoga-Om» und kein Muezzin-Ruf.

Falls eine kirch­liche Nutzung aus­geschlossen ist, sollen kul­turelle Nutzun­gen bevorzugt wer­den — etwa als «Muse­um, Konz­er­traum, Bib­lio­thek». Die Elis­a­bethenkirche in Basel oder die katholis­che Mai­hofkirche in Luzern sind Schweiz­er Beispiele für eine Umnutzung, beziehungsweise mul­ti­funk­tionale Nutzung. Bei Kirchen­räu­men «mit geringem kun­sthis­torischem Wert sei auch eine Umnutzung für Wohnein­heit­en denkbar».

Mehrstufiges Vorgehen

Laut SBK sollen Kirchen­räume bevorzugt ver­mi­etet und nicht verkauft wer­den. Falls ein Verkauf unumgänglich ist, muss darauf geachtet wer­den, dass die spätere Nutzung mit den «ethis­chen Prinzip­i­en» der katholis­chen Kirche vere­in­bar ist. Anson­sten ver­bi­etet die SBK den Verkauf. 

Um sicherzustellen, dass eine kirch­lich vertret­bare Nutzung ehe­ma­liger Kirchen gewährleis­tet ist, fordert die SBK ein umsichtiges Vorge­hen. Ste­ht eine Umnutzung an, soll zunächst ein aktuelles und kün­ftiges Pas­toral­pro­fil erstellt wer­den, ein Nutzungskonzept unter Berück­sich­ti­gung des Raumpo­ten­tials ver­fasst und schliesslich eine Pro­jek­t­gruppe mit der Umset­zung beauf­tragt wer­den.

Ori­en­tieren kön­nen sich die Pro­jek­t­grup­pen an anderen Umnutzun­gen. Die Uni­ver­sität Bern hat eine Daten­bank erstellt. Darin sind Umnutzun­gen von Kirchen, Kapellen und Klöstern in der Schweiz der let­zten 25 Jahre erfasst. Im Kan­ton Bern sind es in diesem Zeitraum 20 Gebäude gewe­sen, drei davon römisch-katholisch.

Dieser Artikel erschien zuerst im «pfar­rblatt» Bern.


Einen Artikel zur Kirchenumnutzung im «Lichtblick»-Gebiet lesen Sie hier.

Auch im «Kirche heute» gab es bereits einen Artikel zum Thema, den Sie hier finden.

Annalena Müller
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