Seelsorge im Gesundheitswesen
Vorne: Felix Gmür (SBK-Präsident), Rita Famos (EKS-Präsidentin) und Roland Loos (RKZ-Präsident) zusammen mit Davide Pesenti (SBK-Generalsekretär), Catherine Berger (EKS-Vizepräsidentin) und Urs Brosi (RKZ-Generalsekretär)
Bild: © Sylvia Stam

Seelsorge im Gesundheitswesen

Vertrag über nationale ökumenische Seelsorgestelle im Gesundheitswesen unterzeichnet

Die Kirchen bauen ihr gesamtgesellschaftliches Engagement weiter aus. Vertretende der katholischen und reformierten Kirchen unterzeichneten in Engelberg den Vertrag zur Schaffung einer nationalen ökumenischen Stelle «Seelsorge im Gesundheitswesen».

Aktuell wird auf Bun­de­sebene die Ein­führung von Patient:innendossiers disku­tiert. Wird es darin die Möglichkeit geben, die Kon­fes­sion einzu­tra­gen? Wie kön­nen die Kirchen ihre Anliegen etwa in der nationalen Plat­tform für Demenz ein­brin­gen? Unter anderem für solche Prozesse, die oft auf nationaler Ebene stat­tfind­en, aber auf kan­tonaler Ebene umge­set­zt wer­den, soll es kün­ftig die nationale öku­menis­che Stelle «Seel­sorge im Gesund­heitswe­sen» geben. Dabei geht es um The­men wie Demenz, Pal­lia­tivver­sorgung, Spir­i­tu­al Care oder Daten­schutz. 

Spardruck in Kirchen und Gesundheitswesen

Am Mittwoch, (4.12.) haben die evan­ge­lisch-reformierte und die römisch-katholis­che Kirche der Schweiz im Alters- und Pflege­heim Erlen­haus in Engel­berg einen entsprechen­den Ver­trag unterze­ich­net. Die Stelle soll die Kirchen in ihrer Arbeit im Gesund­heitswe­sen bess­er ver­net­zen und unter­stützen.  

Ausser­dem soll sie als Inter­essen­vertre­tung gegenüber Bun­des­be­hör­den, Insti­tu­tio­nen und Bil­dung­sein­rich­tun­gen auftreten und sich dort für gute Rah­menbe­din­gun­gen in der Seel­sorge im Gesund­heitswe­sen ein­set­zen. Dies auch als Reak­tion auf den Spardruck in Kirchen und Gesund­heitswe­sen, wie an der Medi­enkon­ferenz deut­lich wurde. 

Erste Stelle nationaler kirchlicher Dachorganisationen

Die Koor­di­na­tion­sstelle wird als ein­fache Gesellschaft gegrün­det. Auf strate­gis­ch­er Ebene bein­hal­tet sie eine Kon­ferenz mit Vertreter:innen aller kan­ton­alkirch­lichen Organe – in erster Lin­ie Leitungsper­so­n­en der entsprechen­den Fach­bere­iche. Dazu gibt es einen Steuerungsauss­chuss aus je drei Per­so­n­en der bei­den Kirchen. 

Auf der oper­a­tiv­en Ebene wird eine 80 Prozent-Stelle aus­geschrieben. Die Per­son soll Erfahrung in Spi­talseesorge mit­brin­gen sowie Kom­pe­ten­zen in der Ver­net­zungsar­beit. «Ihre Auf­gabe wird es sein, ver­schiedene Play­er zusam­men­zubrin­gen und Lob­b­yarbeit gegenüber den poli­tis­chen Instanzen zu betreiben», erläutert RKZ-Gen­er­alsekretär Urs Brosi. Ziel ist es, die Stelle bis Früh­ling 2025 zu beset­zen. Langfristig ist eine Zusam­me­nar­beit auch mit Play­ern ander­er Reli­gion­s­ge­mein­schaften angedacht. 

Es han­delt sich um die erste kirch­liche Stelle, die von den nationalen Dachor­gan­i­sa­tio­nen der bei­den Kirchen errichtet wird, erläuterte RKZ-Präsi­dent Roland Loos an der Medi­enkon­ferenz. Entsprechend wurde der Ver­trag von den Prä­si­di­en und Gen­er­alsekretären der Bischof­skon­ferenz, der EKS  und der RKZ unterze­ich­net. Das vier­jährige Pilot­pro­jekt soll nach drei Jahren evaluiert wer­den, sagte Brosi im Nachk­lang der Medi­enkon­ferenz gegenüber dem «pfar­rblatt». 

Bei den Bischöfen gab es Diskussionen

Bere­its Anfang Novem­ber hat­te die Syn­ode der EKS 72’000 Franken gesprochen. Dem Entscheid ging «in gut reformiert­er Tra­di­tion», wie EKS-Präsi­dentin Rita Famos scherzhaft sagte, ein Debat­te darüber voraus, inwieweit die Autonomie der Kan­tone durch die nationale Stelle beschnit­ten werde. «Es wird keine zen­trale Har­mon­isierung geben. Die Zuständigkeit­en bleiben bei den Kan­to­nen», so Famos weit­er. 

Die katholis­che Kirche steuert jährlich 108’000 Franken bei. Die Verteilung von 40 zu 60 Prozent entspreche dem entsprechen­den Anteil an Kirchen­mit­gliedern in der Bevölkerung. Bei der RKZ-Ple­narver­samm­lung Ende Novem­ber war das Votum laut Brosi ein­stim­mig. 

«Bei der SBK ging der Entscheid nicht so glatt durch», sagte SBK-Präsi­dent Felix Gmür, ohne die Wider­stände konkret zu erläutern. Am Ende gehe es aber let­ztlich um die Frage, wie die christliche Botschaft in Zukun­ft im Gesund­heitswe­sen sichergestellt werde, so Gmür. Deshalb habe auch die SBK zuges­timmt.

Synergien nutzen

In Zeit­en von Mit­glieder­schwund und Säku­lar­isierung set­zen die Reli­gion­s­ge­mein­schaften in jüng­ster Zeit ver­mehrt auf Syn­ergien. So unterze­ich­neten die christlichen Kirchen Anfang Novem­ber zusam­men mit dem Ver­band Jüdis­ch­er Für­sor­gen und erst­mals auch mit dem mus­lim­is­chen Dachver­band FIDS neue Leitlin­ien für die Asylseel­sorge. Im Kan­ton Bern wird die katholis­che Lan­deskirche ab 2026 in die insti­tu­tionelle Heim­seel­sorge ein­steigen, die bish­er von der reformierten Kirche getra­gen wurde. Katholis­ch­er­seits wer­den 330 zusät­zliche Stel­len­prozente für einen Aus­bau der insti­tu­tionellen Seel­sorge geschaf­fen.

Der Text ist am 4. Dezem­ber 2024 im «pfar­rblatt» Bern erschienen.

Sylvia Stam
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